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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
Autoren: Karl Olsberg
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Implikationen seiner Entdeckung allmählich in ihrem ganzen Ausmaß klar.

    Stephen Jay Gould wies in »Illusion Fortschritt« nach, dass die Evolution nicht zielgerichtet verläuft, dass intelligente Wesen nicht etwa weniger intelligenten »überlegen« sind, dass der menschliche Intellekt lediglich das Ergebnis eines zwangsläufigen statistischen Effekts ist.

    Der britische Zoologe Richard Dawkins zeigt in seinem Buch »Das egoistische Gen«, dass Menschen, Tiere und Pflanzen nichts als Reproduktionsmaschinen sind, die von den Genen benutzt werden, um sich zu vervielfältigen. Er wies auch darauf hin, dass wir nicht nur Gene vervielfältigen, sondern auch Informationseinheiten, die er Meme nannte - zum Beispiel Gedichte, wissenschaftliche Theorien oder handwerkliche Fähigkeiten. Damit schuf er ein neues, noch nicht sehr weit verbreitetes und von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtetes Forschungsgebiet: die Memetik.

    Die Bedeutung der Evolutionstheorie geht weit über die Erklärung der Entstehung des Lebens auf der Erde hinaus. Sie entschlüsselt wirtschaftliche Zusammenhänge, liefert praktische Erkenntnisse über unser tägliches Leben und gibt uns Hinweise darauf, was uns in der Zukunft bevorsteht. Vor allem aber definiert sie unsere Rolle in der Schöpfung neu.

    Mit dem Begriff »Schöpfung« ist hier nicht ein bewusster Akt eines höheren Wesens gemeint, wie die Religion ihn voraussetzt. »Schöpfung« bezieht sich vielmehr allgemein auf den Prozess, der die Vielfalt des Lebens auf der Erde hervorgebracht hat, unabhängig davon, ob dabei ein höheres Wesen eingreift oder nicht.

    Es ist an der Zeit, dass wir uns von einer weiteren Illusion verabschieden. Nicht wir sind es, die die Natur beherrschen. Die Natur beherrscht uns. Mehr noch: Sie benutzt uns. Wir sind nichts anderes als ihre Helfershelfer, die den natürlichen Prozess der permanenten Umgestaltung und Anpassung, den wir Evolution nennen, dramatisch beschleunigen. Unsere Kultur und Technik sind, ebenso wie wir selbst, Ergebnisse dieses seit Jahrmilliarden andauernden Prozesses, der auf einem simplen mathematischen Gesetz beruht.

    Wir mögen glauben, dass wir diesen Schöpfungsprozess kontrollieren können, doch in Wahrheit kontrolliert er uns. Wir tun gut daran, das zu begreifen und unsere eigentliche Rolle in diesem Prozess zu akzeptieren. Dann haben wir die Chance, aus der Erde wieder einen Garten Eden zu machen - nicht als »Krone der Schöpfung« allerdings, sondern als Gärtner.

Darwins Algorithmus
1.1. Geradewegs ins Chaos

    Im Jahr 1981 kaufte ich mir meinen ersten Computer -einen Texas Instruments 99/4a mit 16 Kilobyte Hauptspeicher und einem mit ca. 1 Megahertz getakteten 16-Bit-Mikroprozessor, inklusive Diskettenlaufwerk für insgesamt ca. 2500 D-Mark. Damals war ich einer der wenigen in Deutschland, die so ein Gerät für private Zwecke besaßen.

    Ende 2006 erwarb ich für 1000 Euro - also einen vergleichbaren Betrag - einen Computer mit Intel-Dual-Core-Prozessor, 3,2 Gigahertz Taktfrequenz und 2 Gigabyte Hauptspeicher. In 25 Jahren hatte sich allein die Taktfrequenz, die man für einen bestimmten Geldbetrag bekommt, um den Faktor 3200 erhöht. Beim Hauptspeicher betrug der Faktor 131000. Die Rechenleistung dürfte je nach Anwendung insgesamt mehr als 100000-mal so groß sein.

    Hinter dieser rasanten Entwicklung steckt ein Zusammenhang, der nach einem der Gründer des Mikroprozessor-Herstellers Intel »Mooresches Gesetz« genannt wird. Gordon Moore stellte schon Ende der sechziger Jahre die These auf, dass sich die Dichte der Halbleiterelemente in einem Mikrochip alle 2 bis 3 Jahre verdoppele, was in der Praxis über Jahrzehnte bestätigt wurde. Da die Dichte der Speicherelemente inzwischen an ihre physikalischen Grenzen stößt, wurde das Mooresche Gesetz so weit verallgemeinert, dass sich die Rechenleistung pro Dollar etwa alle 2 Jahre verdoppelt. Beim Vergleich eines modernen PC mit meinem alten TI 99/4a ist die durchschnittliche Verdoppelungszeit sogar noch kürzer.

    Entwicklung der Rechenleistung des jeweils schnellsten Computers der Welt in Rechenoperationen pro Sekunde

    Betrachtet man die Entwicklung der Rechenleistung der jeweils schnellsten Computer ihrer Zeit, so stellt man erstaunt fest, dass Moores Erkenntnis offenbar schon viel länger gilt, und zwar mit verblüffender Genauigkeit. Seit immerhin etwa hundert Jahren folgt die Steigerung der Rechenleistung einer exponentiellen Entwicklung.

    Das obige Bild zeigt die
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