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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre
Autoren: F Schmöe
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sicher, dass jemand in seinem Zimmer gewesen war, mitten in der Nacht, und dafür gab es nur eine Schlussfolgerung. Aber die wollte sie nicht ziehen. Tom war nicht der Typ Mann, der locker flockig einen Seitensprung beging. Wenn er es getan haben sollte, dann aus der Situation heraus, überrumpelt von den Emotionen. Sie wäre die letzte, die dazu eine Meinung haben dürfte.
    »Tom, gestern, in deiner Pension. Da war doch jemand bei dir, oder?«
    Er zog sie zu sich, sodass sie auf seinem Bauch zu liegen kam und ihm direkt in seine blauen Augen sehen konnte.
    »Ja. Aber nicht, was du denkst.«
    »Was denke ich denn?«
    »Dass ich was mit einer Frau hatte. Aber das stimmt nicht. Meine neue Auftraggeberin hat mich zu der Pension gelotst. Ich kenne mich in Hof doch gar nicht aus. Wir haben dann noch bis weit nach Mitternacht besprochen, wie ich ihre Software umgestalten kann. Sie hat eine Zeitarbeitsfirma. Deren Programm ist überhaupt nicht für ihre Bedürfnisse ausgelegt. Ich musste mir erstmal einen Überblick verschaffen.«
    »Warum hast du mir das am Telefon nicht gesagt?«
    Er atmete tief ein und hob Katinka so ein Stückchen in die Luft.
    »Ich wusste nicht, wie. Ich war völlig von den Socken, als du mir das mit Hardo erzählt hast. Du selbst hast dich angehört wie neben der Spur. Außerdem kriegte ich die Panik, nachträglich. Die Kugel hättest ja auch du abkriegen können. Du hättest tot sein können!«
    Katinka legte ihren Kopf auf seine Brust. Sie glaubte ihm. Sie glaubte ihm wirklich. Er schien das zu merken. Dann fragte er, und sie spürte, wie er sich dazu überwinden musste:
    »Und du und Hardo? Was ist da los?«
    Sie wusste nichts zu sagen.
    »Ihr seid euch so nahe.« Tom fuhr zärtlich durch Katinkas Haar. »Außerdem, wo du ihm das Leben gerettet hast …«
    »Ich habe nicht überlegt, Tom«, sagte Katinka. »Es geschah mit mir. Ich hätte jeden anderen auch da rausgeholt.«
    Schweigen.
    »Ich habe nicht mit ihm geschlafen.«
    Wieder Schweigen. Schließlich sagte Tom:
    »Er hat dich sehr gern. Du bist sein Familienersatz.«
    Katinka dachte an die Nacht in Lehmanns Hütte.
    »Wir sind das, Tom. Wir sind seine Familie.«
    Er sagte nichts mehr dazu, aber sie war sich im Klaren, dass es nicht stimmte. Nicht ganz und gar.
     
    Am Samstag gingen Katinka und Tom in die Stadt und kauften für Hardo ein neues Hemd. Schäkernd und lachend wählten sie das mit den buntesten Karos, suchten einen Pullover dazu aus und einen Pyjama mit den Gesichtern von Ernie und Bert drauf.
    »Der wird ihn von dem widerlichen Krankenhausnachthemd befreien«, sagte Tom. »Diese Klamotte würde mich ja umbringen.«
    »Kommst du mit ins Krankenhaus?«
    »Ich dachte, ich sehe mal nach dem eingeschneiten Käfer.«
     
    Hardo freute sich wie ein Kind.
    »Wo haben Sie denn Ihren Tom gelassen?«, fragte er. Die Haut spannte über seinen Schädelknochen. Katinka erschrak ein wenig, zwang sich aber zu einem Lächeln.
    »Er schaufelt mein Auto frei.«
    Hardo zog die Augenbrauen hoch.
    »Wie gut, dass es Männer gibt«, fiel ihm dazu ein.
    »Eben. Deswegen seid ihr ja so unwiderstehlich. Gehen wir in die Cafeteria? Sie haben keine Schläuche mehr in Ihren Venen.«
    Er seufzte.
    »Das stellen Sie sich so leicht vor, Schäfchen. Ich weiß nicht, ob meine Beine mich tragen.«
    »Ich besorge Ihnen einen Rollstuhl, wenn Sie mögen.«
    »Kommt nicht in die Tüte. Verkrümeln Sie sich mal kurz. Ich ziehe mich um, und dann komme ich mit.«
    Wenige Minuten später trat er auf den Gang hinaus. Katinka sah ihm an, wie geschwächt er war. Jeder Schritt kostete ihn Kraft, und sein Gesicht schimmerte blass und eingefallen. Sie tranken einen Kaffee und gingen dann langsam zurück zu seinem Zimmer.
    »Ich bin müde«, sagte er, »und Sie sollten was aus Ihrem Tag machen, anstatt einem alten Mann beim Sterben zuzusehen.«
    Er nahm sie in die Arme und drückte sie mit erstaunlicher Kraft an sich.
    »Wir kommen heute Abend wieder«, versprach Ka-tinka. »Auf ein kühles Blondes.«
     
    Am Sonntag sah Hardo schon besser aus. Seine Wangen hatten Farbe bekommen, seine Stimme klang kräftiger.
    »Da sieht man mal, was ein paar Bierchen bewirken«, erklärte Tom.
    Während Tom mit Hardo Richtung Cafeteria abschwirrte, hängte sich Katinka ans Telefon und erreichte endlich ihre Freundin Britta.
    »Katinka!«, schrie Britta. »Wie hast du mir gefehlt!«
    »Ich hätte da wieder eine Geschichte für dich«, sagte Katinka, nachdem das Begrüßungsprotokoll absolviert
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