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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre
Autoren: F Schmöe
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noch alles ins Lot bringen können, er war ja nicht ernsthaft verletzt, aber da war es zu spät, der Damm war gebrochen, und in ihrer Verwirrung hat sie ihn erschossen. Aus nächster Nähe. Sie muss unendlich verzweifelt gewesen sein.«
    Schilling räusperte sich.
    »Ich weiß«, Katinka hob die Hände. »Ich habe ihr eine geknallt. Ist ihr was passiert?«
    »Ein dicker Bluterguss, sonst nichts.«
    »Ich nehme das auf mich«, sagte Katinka. »Ich will nicht, dass da etwas vertuscht wird.«
    »Sie steckten in einer Ausnahmesituation«, tröstete Carolin Metze, aber Katinka schüttelte den Kopf:
    »Nein. Sie war wehrlos. Sie stellte keine Gefahr mehr dar.«
    Ihr Körper begann zu zittern. Zuerst nur ein feines, leichtes Vibrieren, das schließlich stärker und stärker wurde.
    »Ruhen Sie sich erstmal aus«, schlug die Hauptkommissarin vor. »Haben Sie Hunger? Darf ich Ihnen etwas zu essen zurechtmachen?«
    »Ja«, sagte Katinka, und zu ihrem eigenen Erstaunen kam ein Seufzer der Erleichterung aus ihrem Mund. »Ja. Bitte. Irgendwas.«
    Carolin Metze ging in die Küche und kam wenig später mit einem Teller Kartoffelsuppe und zwei Salamibroten zurück.
    »Es gibt fantasievollere Gerichte«, entschuldigte sie sich mit einem Zwinkern. »Die Suppe ist ein Rest von gestern. Sie kennen ja unsere Arbeitszeiten.«
    Entgeistert über ihren eigenen Appetit futterte Ka-tinka alles binnen Minuten auf. Carolin Metze machte ihr ein Bett auf dem Sofa zurecht. Katinka schlief ein, kaum dass die beiden Polizisten das Licht gelöscht und ins Nebenzimmer gegangen waren.
     

21. Details
     
    Sie wurde gegen sieben geweckt. Die Hauptkommissare machten sich auf den Weg zur Arbeit.
    Katinka stellte sich unter die Dusche. Das heiße Wasser mobilisierte ihre Kräfte. Sie versuchte nicht an das zu denken, was sie im Krankenhaus erwarten könnte. Er überlebt das, redete sie sich im Stillen zu. Er überlebt, weil er stark ist und Reserven hat. Als ihre Haut krebsrot leuchtete, kletterte sie aus der Dusche, trocknete sich ab und benutzte Schillings Mandel-Lotion für trockene Haut zum Eincremen. Was Hardo jetzt dazu sagen würde, wenn ich die Kosmetika des Kollegen klaue, fragte sie sich und spürte die Tränen in ihren Augenwinkeln kitzeln.
    »Daraus wird nichts«, sagte sie laut. »Hier wird nicht geheult.«
    Sie ging in die Küche. Carolin Metze hatte ihr einen Zettel hinterlassen:
    Es ist noch Kaffee in der Kanne, bedienen Sie sich.
    Sie goss sich den heißen Kaffee in eine Tasse und suchte vergeblich nach Milch. Im Kühlschrank fand sie eine Palette Joghurt mit Cornflakes und Fruchtgeschmack. Sie aß zwei, starrte dabei aus dem Fenster und sah das Tageslicht den Himmel fluten, eisgrau zunächst, in ein düsteres Violett übergehend, schließlich türkis und dann blau schimmernd.
    Sie wartete im Pullover auf ihr Taxi, frierend in der eisigen Luft. Ich muss mir eine Winterjacke besorgen, überlegte sie. Später.
    Im Klinikum klingelte sie beim Eingang zur Intensivstation, gab ihren Namen an und bat, zu Hauptkommissar Harduin Uttenreuther vorgelassen zu werden.
    »Augenblick«, kam es schnarrend zurück. Katinka wartete. In ihrem Magen drehte sich eine Schiffsschraube.
    »Frau Palfy?«
    »Ja?«
    »Er ist nicht mehr bei uns.«
    Katinka schluckte und schrie in die Sprechmuschel: »Was heißt das! Er ist nicht mehr bei uns?«
    »Wir haben ihn verlegt.«
    Der Pfleger gab die Nummer der Station und des Zimmers an, und sie musste dreimal nachfragen, bis sie sich die wenigen Ziffern merken konnte. Auf dem Weg dorthin verlief sie sich einige Male und wurde schließlich von einer fürsorglichen Putzfrau hingeführt.
    Sie klopfte an die Tür. Nichts.
    Geh rein!, kommandierte sie. Geh rein.
    Sie betrat ein Zwei-Mann-Zimmer. Hardo lag gleich an der Tür. Er hielt die Augen geschlossen. So leise wie möglich zog Katinka sich einen Stuhl heran und wartete ab. Wieder war das eigenartige Gurgeln zu hören.
    »Morgen, Marlowe!«
    Sie fuhr zusammen und starrte ihn an.
    »Schlafen Sie eigentlich?«, fragte sie.
    Er öffnete die Augen. Ihr gleißendes Grau traf Ka-tinka wie ein eiskalter Blitz.
    »Ein bisschen. Wie geht’s Ihnen?«
    Katinka kriegte den Mund nicht mehr zu.
    »Wie geht’s Ihnen? Das interessiert mich viel mehr.« Sie berührte behutsam seine Hand und betrachtete die Verweilkanüle in seiner Vene.
    Er verzog das Gesicht. Obwohl er zu juxen versuchte, klang seine Stimme heiser und matt.
    »Das ist nicht mein stärkster Tag heute.«
    »Sagen Sie
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