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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre
Autoren: F Schmöe
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Detektive heute freundlich gesonnen war. Während sie auf ihrem Fahrrad Richtung Sandstraße fuhr, den Schal gegen den scharfen Wind über Mund und Nase gebunden, bemerkte sie, dass ein Wetterwechsel in der Luft lag. Zum Regnen war es zu kalt geworden, und schwere Wolken drückten auf die Dächer. Schneewolken, dachte Katinka und klingelte einen Fußgänger vom Radweg. Trotz der Handschuhe waren ihre Finger steifgefroren.
    Sie überquerte die Untere Brücke und radelte dann ganz nach Gewohnheit gegen die Einbahnstraßenrichtung in die Dominikanerstraße, stellte ihr Rad an der Ecke zum Katzenberg ab und ging zu Fuß zum Rio-Club weiter. Sie warf einen kurzen Blick hinein. Pawlowicz war noch nicht da. Katinka lief die Sandstraße ein Stück hinunter und dann wieder zurück, studierte im Schein der Straßenlampen ein letztes Mal das Foto von einem Farmerhut auf einem verschwommenen Kopf. Schräg gegenüber der Kneipe blieb sie stehen und wartete, stampfte mit den Füßen, um sich warm zu halten. Es roch nach Schnee, die Feuchte in der Luft gefror auf ihrem Gesicht.
    Ihre Zielperson traf kurz vor halb elf ein. Ganz pünktlich, dachte Katinka grinsend. Erleichtert ging sie ihm nach. Er trug denselben Hut wie auf dem Foto, ein paar braune Haarsträhnen lugten darunter hervor, dazu hatte er eine getönte Brille auf und einen Dreitagebart im Gesicht. Er bestellte eine Cola.
    Katinka suchte sich ein günstiges Plätzchen und verlangte ein Spezi. Sie sah den Hut wackeln, ahnte, dass er in ihre Richtung schaute, und richtete sich aufs Warten ein. Das Gewühl und die laute Musik gaben ihr das Gefühl von Sicherheit. Langsam ließ sie den Blick über die Menge schweifen. Alles Leute, die aus öden Jobs in ihr Wochenende flüchteten, in die Euphorie einer Nacht aus Musik, Alkohol, Tanzen und Sex. Katinka sah keinen einzigen Bekannten, ungewöhnlich genug für eine Stadt wie Bamberg, wo man immer irgendwo jemanden kannte. Sie griff sich einen zerlesenen Fränkischen Tag . Nachlässig blätterte sie die Seiten um, aus den Augenwinkeln Henryks Hut betrachtend.
    Bis er plötzlich vor ihr stand, seine Cola in der Faust.
    »Ich weiß, dass meine Frau Sie geschickt hat«, sagte er. Katinka stöhnte im Stillen. Hier lief schon der Anfang nicht rund. Sein markantes Kinn fiel ihr ins Auge, breit, ausgeprägt, mit einem länglichen Grübchen ganz unten.
    »So eine Anmache funktioniert bei mir nicht«, gab sie zurück. Sie blickte zur Tür, zwei Pärchen kamen rein, lachend und schäkernd.
    »Nicht?«, fragte er. Das düstere Licht spiegelte sich in seinen Brillengläsern. Seine Kiefer pressten sich zusammen, das Kinn trat noch deutlicher hervor. Der Bart sah räudig aus und stand ihm nicht. Ein fruchtiger Geruch ging von ihm aus, er war parfümiert wie ein Räuchermännchen vom Weihnachtsmarkt.
    Katinka sah zu den Pärchen hinüber. Sie wechselten Geld für den Flipper draußen und verdrückten sich wieder. Pawlowicz setzte sich an Katinkas Tisch. Sie mochte nicht, wenn Typen wie er sich einen feuchten Kehricht um den Höflichkeitsabstand scherten und fragte:
    »Und Sie? Gehören Sie zu den Männern, die immer auf der Suche sind?«
    Sie trank ihr Spezi in großen Schlucken. Von draußen hörte sie den Flipper jaulen.
    Er schnaubte.
    »Ich gehe nicht fremd. Sagen Sie ihr das.«
    »Ich glaube nicht, dass ich auf Kommandos von Ihnen reagiere!«
    Etwas lief hier fürchterlich schief. Ihre Kehle fühlte sich trocken an.
    »Privatdetektivin«, sagte er anzüglich. »Nützlicher Job. Soviel Böses in der Welt.«
    Sie hörte seine Stimme noch eine Weile, hörte Münzen auf die Tischplatte klickern, hörte …
    Sie wurde auf ihre Füße gestellt. Spürte einen Arm um ihre Schultern. Raste dahin über ein schwarzes Meer, in den Armen eines Menschen mit einem unangenehmen Geruch und versank in den dunklen, eisigen Wellen eines launenhaften Ozeans.
     

3. Filmriss
    Sonntag, 9. 1. 2005, 2:30 Uhr
     
    Feuchtigkeit klebte an ihrer Haut wie Dreck. Katinka riss die Augen auf und beobachtete halb erstaunt, halb verängstigt, wie sich der Himmel um sie drehte. Sie musste sich übergeben. Kämpfte sich auf die Knie und beugte sich vornüber, aber da hatte der Reflex sich schon verflüchtigt. Ihr Magen hob und senkte sich, der Schwindel wirbelte sie um die eigene Achse. Sie hatte Durst. Und ihr war schlecht.
    Zuerst tastete sie nach der Uhr. Einige Sekunden musste sie auf das Zifferblatt starren, bis sie verstand, was sie da sah. Es war halb 3 Uhr. Schwarze
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