Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
schneewittchen in drei Akten

schneewittchen in drei Akten

Titel: schneewittchen in drei Akten
Autoren: Sissi Kaipurgay
Vom Netzwerk:
streichelte seinen Bart.
    Sieben Paar Augen waren auf Isidor gerichtet, als dieser von dem Hengst glitt und sich zu voller Größe aufrichtete.
    „Wo ist die Prinzessin?“
    Schweigen.
    „HALLO? Wo – ist – Schneewittchen?“, fragte Isidor und begann, mit dem Fuß auf den Boden zu tippeln.
    „Da oben“, brummte schließlich Klaus und winkte in Richtung des Waldes.
    „Was ist passiert?“, flüsterte Jockel neugierig.
    „Da war so eine Bäuerin – die hat Schneewittchen einen Apfel verkauft und das dumme Lud… - die Süße beißt auch noch rein! Mann, haben wir uns erschrocken und zu essen gab es auch nichts“, brummte Klaus.
    „Verflixt! Haben wir sie nicht immer gewarnt? Die Prophezeiung ist also eingetroffen.“ Jockel stampfte empört mit dem Fuß auf und beobachtete dabei Isidor, der sich in die angegebene Richtung entfernte.
    „Weiber“, knurrte Klaus und setzte sich in Bewegung.
     
    Kurz nach Isidor kamen auch alle Zwerge auf der Lichtung an, auf der der gläserne Sarg von Schneewittchen stand. Die Sonne spiegelte sich in dem Kunstwerk und ließ die roten Lippen der Scheintoten noch röter erscheinen. Im Tode war sie wirklich eine Schönheit, zahm, der Worte beraubt. Die Zwerge knieten um den Sarg nieder und der eine oder andere sprach ein stilles Gebet. Ob es darum ging, dass sie so bleiben oder wieder zum Leben erwachen sollte, war nicht hörbar, doch die frohen Mienen der Zwerge ließen zu Ersterem tendieren.
    „Tja, dann muss ich wohl“, sprach Isidor, streckte sich und mühte sich ab, den gläsernen Deckel zu heben.
    Jockel half ihm und endlich schwang das Ding mit einem seufzenden Knarren hoch. Schneewittchen lag da, eine Blume in den leblosen Fingern, mit leicht geöffneten Lippen, wunderschön.
    „Bäh! Ist schon eklig, aber ich mach das jetzt mal“, murmelte Isidor und beugte sich über die Schlafende.
    Mit gemischten Gefühlen beobachtete Jockel, wie Isidor mit Todesverachtung seine Lippen auf Schneewittchens legte und diese zu atmen begann. Sie holte tief Luft und gleich darauf, nachdem sie Isidor rigoros weggeschubst hatte, erbrach sie sich neben den Sarg. Der Zwerg würgte auch und kotzte auf seine Füße. Was für ein Desaster!
    „Wo ist der versprochene Prinz?“, fragte Schneewittchen und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
    Schweigen trat ein und blieb eine Weile auf der Lichtung bestehen. Ihr Blick fiel auf Isidor. Ein Mundwinkel zuckte, dann der zweite. Schneewittchen brach in schallendes Gelächter aus, musste sich den Bauch halten und wäre fast aus dem Sarg gekippt, so sehr schüttelte es sie.
    „Der da?“, wimmerte sie unter Lachtränen. „Das kann nicht euer Ernst sein. Beschafft mir einen richtigen Prinzen. Her mit dem Apfel.“
    Wieso Klaus das Corpus Delicti in seiner Tasche trug, danach fragte keiner der Zwerge, auch Schneewittchen nicht. Der Apfel war inzwischen etwas weich geworden, hatte aber von seiner appetitlichen Farbe nichts verloren. Beherzt biss die holde Maid hinein, um sogleich zurück aufs Kopfkissen zu sinken.
    „Klappe zu, Affe tot“, murmelte einer der Zwerge.
    Es wurde nie herausgefunden, wer von den Sieben das gesagt hatte.
     
    „Was mach ich denn nun?“, jammerte Isidor auf dem Rückweg zur Hütte.
    „Deine Schuhe sauber?“, schlug Jockel vor.
    „Die Idee ist gut“, stimmte Klaus mit gerümpfter Nase zu.
    „Was seid ihr denn für Spinner?“, fragte Isidor und schüttelte affektiert sein schwarzes Haar zurück.
    Jockel seufzte leise, denn der Zwerg gefiel ihm ausnehmend gut, nur sein Verhalten war unerträglich. Doch vielleicht besaß Isidor einen weichen Kern, den man nur entdecken musste. Jockel würde sich gern auf Entdeckungsreise begeben und nahm sich vor, das so bald wie möglich auch zu tun.
    „Du kannst in Schneewittchens Zimmer nächtigen“, schlug Klaus vor, „Das steht jetzt ja leer.“
    „Danke“, murmelte Isidor und für einen Moment wirkte er wie ein normaler Zwerg.
     
    „Was mach ich jetzt nur?“, jammerte er während des Abendessens und alle Zwerge hielten wohlweislich den Mund.
    Dass Isidor keine Antwort auf seine Frage erwartete, war ihnen klar. Was hätten sie auch sagen sollen? In der Mine gab es genug Arbeit für einen weiteren Zwerg, doch bisher hatte es den Anschein, als wäre Isidor mit dem goldenen Löffel im Mund geboren. Konnte der Wicht überhaupt arbeiten? Seine Schuhe hatte er zumindest selbst sauber gemacht, ein Pluspunkt.
    Jockel beobachtete Isidor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher