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Schmutzengel

Titel: Schmutzengel
Autoren: dtv
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Post entgegennimmt, einem eventuell
     zwischendurch angesetzten Termin ist Folge zu leisten, sonst gibt es kein Geld.«
    Mein Einwand, dass ich aber noch gar nicht arbeitslos sei, weil ich eine Kündigungsfrist von zwei Monaten hatte, rührte sie
     nicht. »Sobald Sie im System erfasst sind, müssen Sie zur Verfügung stehen.«
    Ich fühlte mich zwangsverwaltet, wie ein altes, staubiges Blatt Papier, das man in einen Ordner heftet und dann in ein Regal
     stellt. In das Regal mit der Aufschrift »Hoffnungslose Fälle«.
    »Sie können gleich unten im Computer nach Stellenangeboten suchen, wir erwarten von Ihnen Nachweise, dass Sie sich bewerben.«
    »Sind denn so viele Stellen da, auf die ich mich bewerben kann?«, fragte ich mit einem kleinen Funken Hoffnung.
    »Glaube ich nicht.« Der Funke erstarb. »Bewerben müssen Sie sich aber auf jeden Fall.«
    Gut zu wissen.
    Es gab zwei Stellenangebote für Werbekauffrauen, die Namen der Agenturen waren mir bekannt. Ich druckte die Anzeigen aus,
     kaufte auf dem Rückweg Qualitätspapier, Umschläge, Bewerbungsmappen und Briefmarken und verzog mich in mein Arbeitszimmer.
     Der Rest der Wohnung war leer, die Turteltäubchen waren ausgeflogen.

2
    Ich arbeitete an der Erstellung meines Lebenslaufes, als es klingelte.
    Ich erwartete niemanden. Wenn es Besuch für Greg war, wollte ich nichts damit zu tun haben. Wenn es Sue war, die schon mal
     in eins von Gregs Hemden gehüllt das Bett vorwärmen wollte, wollte ich erst recht nichts damit zu tun haben. Ich tat so, als
     hörte ich nichts.
    Es klingelte wieder. Und noch mal.
    Ich war einsam und neugierig, also öffnete ich.
    Vor mir stand ein Troll.
    »Hi«, sagte das Wesen. »Du hast etwas im Büro vergessen.«
    Ich starrte die Figur an. Sie kam mir bekannt vor. Knapp einen Meter sechzig groß, extrem breit gebaut, in eine schlabbernde
     Jeans und eine gefütterte Cordjacke gekleidet und mit einer knallroten Fellmütze auf dem Kopf.
    Nein, keine Mütze. Knallrote Haare, die gestern noch gelb gewesen waren. Natürlich, Troll!
    »Hi«, stammelte ich. »Mit dir habe ich ja nun überhaupt nicht gerechnet.«
    Ich trat von der Tür zurück und ließ das Wesen eintreten. Es entledigte sich seiner Cordjacke und war eindeutig weiblich.Es strich sich die Haare aus dem Gesicht und grinste mich an.
    »Schöne Bude.«
    »Gregs Bude«, zischte ich.
    »Hab schon gehört, dass der Latino-Chico eine Neue hat«, sagte das Wesen, während es in einer der zahlreichen Taschen der
     Jeans kramte. »Hier.«
    Sie hielt mir meine Muschel entgegen. Genauer gesagt das Haus einer Wellhornschnecke, graublau und vollkommen unversehrt.
     Ich hatte es vor einigen Jahren an der Nordsee gefunden und es, um beiden Seiten eine Freude zu machen, in den Topf mit dem
     Salzwiesengras gelegt.
    »Danke«, sagte ich. »Woher wusstest du, dass das mir gehört?«
    Tabea Trollinger, die aus offensichtlichen Gründen Troll genannt wurde, grinste, wie sie es immer tat. Ein bisschen schief.
     Ihr rechter Mundwinkel zog weiter und höher hinauf als der linke, was ihr Grinsen etwas spöttisch wirken ließ. Tabea Trollinger
     war damals Praktikantin bei AIQ im Bereich Text und gehörte somit zu den Kreativen, zu denen ich wenig Kontakt pflegte. Immerhin
     wusste ich, dass das Praktikum bei AIQ bereits ihr siebzehntes oder achtzehntes war, dass sie zwei Studienabschlüsse hatte,
     davon einen in irgendeinem Designbereich. Sie war so alt wie ich, tingelte aber als ewige Praktikantin durchs Leben. Ob gewollt
     oder ungewollt, wusste ich nicht. Jedenfalls hielten die Kollegen viel von ihrem geradezu enzyklopädischen Wissen, aber wenig
     von ihrer kratzigen Art. Die ehemaligen Kollegen, sollte ich wohl sagen.
    »Ich wollte die Muschel klauen«, antwortete Troll auf meine Frage, »da hat Susanne sie verteidigt – mit Zähnen und   …?«
    Nun grinste ich auch. »Klauen.«
    Die Fingernägel meiner Kollegin Susanne sind legendär.
    »Yep.« Sie nickte dazu und blickte neugierig an mir vorbei in die Wohnung.
    »Danke.«
    »Schon ok.«
    Ich zögerte nur einen Moment. »Willst du reinkommen? Ich mache uns einen sauteuren Espresso mit Gregs sauteurer Espressomaschine.«
    »Teuersten Dank«, entgegnete sie.
    »Brauchst du was?«, fragte Troll beim Espresso, den sie mit vier Löffeln Zucker in einen dampfenden Sirup verwandelte. Wir
     hockten in meinem Zimmer, ich auf dem Schreibtischstuhl, Troll im Ledersessel, den Greg immer zum Nachdenken genutzt hatte.
     Behauptete er
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