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Schmusemord

Schmusemord

Titel: Schmusemord
Autoren: Gisbert Haefs
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ich.«
    »Glauben ist eine Form des Nichtwissens, und ...«
    Ehe Baltasar weitersprechen konnte, beugte sich Daniela vor und hielt ihm den Mund zu. »Mich interessiert viel mehr, was du da in der Bretagne getrieben hast. Ein Labyrinth? Wie hat das ausgesehen? Hecken? Pappe? Ziegel?«
    »Bllpp«, machte Matzbach.
    »Genauer.« Daniela nahm die Hand von seinem Mund.
    »Das eben war die präziseste Auskunft, die ich nach all den Jahren noch geben kann.«
    »HIV«, sagte Yü. »Hab Ich Vergessen, wie? Na gut. Und jetzt? Willst du mich rekrutieren?«
    »Uns«, sagte Daniela.
    »Tz tz.« Matzbach kniff ein Auge zu und starrte mit dem anderen in seinen Kaffeebecher. »Euch beide? Hinterher liegt ihr tot in der Gegend herum, und wer paßt aufs Geschäft auf?«
    »Jüssen, Elias.« Yü hatte die Augen geschlossen und schien sein Inneres zu belauschen. »Taucht immer wieder mal in der Lokalpresse auf. Expreß, Rundschau, Stadt-Anzeiger.«
    »Erhelle mich. Ich, als Nichtkölner, bin auf die mangelhaften Nachrichten der FAZ und anderer unwesentlicher Papiere zurückgeworfen. Wo taucht er in den Gazetten auf? Klatschkolumne? Skandalseite? Sportfeuilleton? Mit oder ohne Bild, mit oder ohne Gespielin?«
    »Du hast einen Hang zum Niedrigen, wie?« Yü rieb sich die Augen, goß Kaffee nach und schüttelte den Kopf. »Meistens im Wirtschaftsteil. Den ich hin und wieder lese, um zu wissen, welche interessanten Möglichkeiten, Geld zu verlieren, sich gerade auftun.«
    »Was macht er im Wirtschaftsteil?«
    »Man befragt ihn zur Lage der Nation. Manchmal wird über die Einweihung eines neuen Gebäudes berichtet, an dem er beteiligt ist. So etwas.«
    »Hm.« Matzbach knurrte leise. »Altes Geld?«
    »Puh.« Yü blähte die Wangen. »Du willst ganz schön viel wissen. Aber ... nee, ich glaube, das hat er alles selbst hingekriegt. Dany?«
    Sie setzte den Becher auf den Nebentisch (eine runde Kupferplatte mit arabischen Zeichen, auf einem Dreifuß) und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Da stand was, neulich, in einer Zeitung«, sagte sie langsam. »Irgend so eine Tellerwäschergeschichte, wenn ich mich nicht irre. Wie alt wird der? Sechzig? War das Mitte der Fünfziger, als es mit ihm losging? Über seine Anfänge war nicht viel zu lesen, nur so was wie ›kleine Arbeiten, die bald in Selbständigkeit mündeten‹, oder wie die Jungs das immer so fein formulieren.«
    »Aha.« Matzbach wackelte mit den Ohren. »Die übliche Karriere in den wilden Wirtschaftswunderjahren. Nix zum Vorzeigen, wahrscheinlich. Nun ja.« Er legte den Zeigefinger an die Nase. »Fragt man sich nun jedoch, was tun.«
    »Willst du dich da ernsthaft reinhängen?« sagte Yü.
    »Man hat mir mit Geld gedroht und sentimentale Erinnerungen aufgeboten. Ich könnte es wenigstens versuchen. Seid ihr dabei?«
    Daniela seufzte. Yü zögerte, bevor er anscheinend widerwillig nickte.
    »Okay, du Finsterling. Aber nur, wenn es die Geschäfte hier nicht behindert.«
    Baltasar schaute auf seine zerkratzte Armbanduhr. »Ich bin jetzt mindestens schon eine ganze Weile hier«, sagte er, »und kein einziger Kunde. Ist das immer so?«
    »Vormittags, ja.« Daniela lächelte spöttisch. »Haben wir dir doch gesagt, oder? Als du eigentlich nen Laden in Nippes aufmachen wolltest.«
    »Ich weiß, ich weiß. Da ist mehr los; aber im richtigen Leben, das Arbeiter, Ausländer und Studenten bestreiten, kauft niemand Bücher, außer selten.«
    »Und die Lehrer, die Köln-Süd unbewohnbar machen, sind morgens beschäftigt. Hin und wieder kommt mal jemand, aber eigentlich ...« Yü blickte Daniela an. »Wir könnten später aufmachen und länger im Bett bleiben, was?«
    »Lieber beizeiten spät zu früh als übereiltes Versäumen am Ende.« Matzbach nahm das Zigarrenetui aus der Jackentasche und zündete eine leichte Vormittags-Sumatra an. »Heute ist was? Donnerstag? Was halten wir denn davon, wenn wir bis zum Wochenende die Ohren und Augen öffnen, Bekannte fragen, hemmungslos rumtelefonieren und am Samstag bei sechs bis sieben Flaschen Wein die Ergebnisse zusammentragen? In der Hoffnung, daß es ein schönes Dossier gibt?«
    »Nur, wenn du uns mehr von deinem Labyrinth erzählst«, sagte Daniela.
    »Mal sehen. – Andere Frage, ihr Vertreiber unlesbarer Bücher. Wann schafft ihr hier endlich Platz für große Mengen Philosophie? Ich will den Kram loswerden. Es beginnt mich zu beengen, versteht ihr? All die kreißenden Gedanken, die nicht einmal Mäuse gebären, nehmen Platz weg, den man
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