Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall
Bauches immer ein
paar Nummern zu klein geraten aussah, wirkte er ein wenig deplatziert.
»Ja, wir haben, genau wie du, ein bisschen
gearbeitet.«
»Ich weiß«, winkte der Spurensicherer ab. »Verdächtigen
gefunden, Verdächtigen verloren. Das alte Spiel.« Er nahm einen tiefen Zug von
seiner Zigarette und schnippte den Stummel in einen Gully.
»Was gibt’s bei euch da drin? Schon irgendwas Interessantes
gefunden?«
Kostkamp schüttelte den Kopf. »Mehr Fingerabdrücke
als auf einem alten Pokerspiel. Und viel Material, das für einen DNA-Test
interessant sein dürfte, vor allem Haare. Aber was ganz Heißes war bis jetzt
nicht dabei, zumindest nicht der Volltreffer, auf den ihr Eierdiebe immer
wartet.«
»Also hat der Täter seinen Personalausweis nirgendwo
deponiert?«, schlussfolgerte Hain
»Blödmann«, beschied Kostkamp dem Oberkommissar lapidar und
drehte sich zu Lenz um. »Nur einen ziemlich merkwürdigen Brief, aber das wisst
ihr ja schon länger als ich, weil ihr ihn aufgerissen habt.«
Hain und Lenz warfen sich einen verstohlenen Blick zu,
schwiegen jedoch.
»Wie auch immer. Fahrt nach Hause und schlaft noch ein paar
Stunden, meinen Bericht kriegt ihr sowieso nicht vor heute Nachmittag. Und die
Kriminaltechnik braucht länger, darauf solltet ihr euch schon mal einstellen.
Die wissen zurzeit nämlich nicht, wo ihnen der Kopf steht, so viel Arbeit haben
sie.« Damit verschwand er im Hausflur.
»Recht hast du«, murmelte Lenz ihm hinterher, drehte sich um
und registrierte mit großer Zufriedenheit, dass Rolf-Werner Gecks, altgedienter
Hauptkommissar, gute Seele der Kasseler Mordkommission und von allen nur RW
genannt, zusammen mit Rüdiger Ponelies, einem jungen Oberkommissar, auf ihn
zukam.
»Euch schickt der Himmel, RW.«
»Wie immer«, feixte Gecks.
»Ich bin zum Sterben müde«, erklärte Lenz seinen Kollegen,
»und will noch für ein paar Stunden ins Bett.«
»Mach das. Gib mir nur vorher einen kurzen Abriss, was hier
eigentlich genau passiert ist. Und, was ihr schon unternommen habt.«
Der Hauptkommissar schilderte seinem Kollegen die Ereignisse
um den Mord an Dieter Bauer. Dann bat er ihn, noch einmal die Nachbarn wegen
eventueller Beobachtungen zu befragen, weil er genau wusste, dass in dieser
Beziehung niemand Gecks das Wasser reichen konnte.
»Dann machen Thilo und ich uns jetzt los. Ich denke, wir
sehen uns spätestens um elf oder zwölf im Präsidium. Sollte vorher was
Wichtiges sein, ruf mich mobil an.«
»Geht klar.«
Eine knappe halbe Stunde schlüpfte Lenz in sein Bett, das zum
ersten Mal seit sehr vielen Jahren vorgewärmt war. Maria schlief tief und fest
und zuckte nur kurz, als Lenz seinen Arm unter ihren Kopf schob.
5
»Sie wird ihn verlassen«, eröffnete der
Hauptkommissar seinem Freund Uwe Wagner, dem Pressesprecher der Kasseler
Polizei, während er gähnend und mit einer Tasse Kaffee in der Hand in dessen
Büro saß.
»Deine Maria unseren Schoppen-Erich?«, kam die prompte
Gegenfrage.
»Meine Maria unseren Schoppen-Erich.«
Wagner hob zweifelnd eine Augenbraue. »Das glaube ich erst,
wenn ich es unter der Rubrik Buntes in unserer Klatschpostille gelesen hab.«
»Wie du willst. Im Augenblick sitzt sie bei mir zu Hause in
der Badewanne und singt mit sich selbst um die Wette, weil sie diesen Mistkerl
endlich los ist.«
»Wenn das so ist, muss es wirklich ernst sein«, stellte
Wagner nüchtern fest.
»Und du Nörgler hör auf, den Pessimisten zu geben. Sie hat
ihm gestern Abend gesagt, dass sie einen anderen hat und sich von ihm trennen
wird. Basta.«
»Dann freue ich mich schon jetzt auf den Moment, wenn der
gute Herr Zeislinger herausbekommt, wer der neue Beschäler seiner zukünftigen
Exfrau ist.«
»Das weiß er schon«, erwiderte Lenz mit zerknirschter Miene.
»Red keinen Scheiß. Das hat sie ihm unmöglich auf die Nase
gebunden.«
Lenz’ Gesichtsausdruck verdunkelte sich um eine Nuance.
»Doch, hat sie. Ich fand es auch nicht so prickelnd, aber sie sagt, sie hat es
so gebraucht.«
»Heilige Madonna, dann solltest du dich auf ein paar raue
Monate einstellen. Schoppen-Erich ist zwar ein Idiot, aber er verfügt über
beste Kontakte und wird nichts unversucht lassen, seine Frau zurückzugewinnen.
Und dem Kerl, den sie sich ausgesucht hat, das Leben so schwer wie möglich zu
machen.«
Lenz nickte. »Darüber sind wir uns im …«
Weiter kam er nicht, weil sein Telefon klingelte. Er nahm den
Anruf an
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