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Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)

Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Oliver Becker
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auf dem Kopfsteinpflaster
der Fußgängerzone. Die Geschäftsstelle der Zeitung lag nicht weit entfernt von seinem
Büro, und er überlegte kurz, dorthin zurückzugehen. Aber Papagei Elvis hatte noch
genügend Wasser und Futter, und John verspürte einfach kein Verlangen danach, die
leeren Wände anzustarren und auf das Klingeln seines Festanschlusses zu warten.
Sein Handy war wieder seit Stunden still geblieben. Eine florierende Privatdetektei
sah wahrlich anders aus. Und heute würde er sich bei Laura melden müssen. Ohne zu
wissen, was er ihr berichten sollte. Dem Augenblick, wenn er ihr eröffnen würde,
nichts Neues zu haben, sah er mit einem dumpfen Grollen entgegen. Allein schon deshalb,
weil Laura genau damit rechnete. Das war ihm leider nur allzu klar und machte die
Sache ja erst recht so unerfreulich.
    Etwas ziellos
schlenderte John die Kaiser-Joseph-Straße entlang. Die Sonne wölbte sich als glimmender
Lichtschirm über die Altstadt. Er folgte einem der Bächle, die von der Dreisam gespeist
wurden und die Innenstadtstraßen durchzogen, längst ein Wahrzeichen der Stadt, und
wich Touristen, Studenten, Hausfrauen und Nachmittagsunterricht schwänzenden Schülern
aus, dem üblichen Freiburger Leutegemisch. Ein schöner Tag war es, weiterhin warm,
und bisweilen hatte der Herbst in dieser Region etwas wunderbar Frühlingshaftes.
Jedenfalls wenn man nicht Neu-Privatdetektiv John Dietz war und keine Ahnung hatte,
wie es weitergehen sollte.
    Grübelnd
nahm er Kurs auf das Krügle, eine Kneipe, die sich in einer der Gassen beim Schlossberg
versteckte und einen Geheimtreff für ein ziemlich buntes Publikum darstellte. Vom
Alt-68er-Kampftrinker über den scheuen, stets lesenden Philosophie-Studenten bis
zum feuchtfröhlichen Damenkegelverein konnte man hier praktisch jeden antreffen.
Als sich John an den um diese Zeit fast leeren Tresen auf einen Barhocker schob,
war er immer noch in Grübeleien versunken. Die Universität, das Studentenwohnheim
… Wo sollte er noch ansetzen? Was würde ein richtiger Detektiv machen? Nun ja. Das
bedeutete wohl, dass er doch kein ›richtiger‹ Detektiv war. Tante Ju war ja schon
so etwas wie seine letzte Chance gewesen, fast ein Akt der Verzweiflung. Ihr waren
unzählige Menschen vertraut, aus jeder Schicht der Bevölkerung, und ihr Gedächtnis
war, selbst wenn sie ziemlich zerstreut wirkte, keinesfalls zu unterschätzen. Aber
dass ausgerechnet der Anblick von Felicitas Winter eine Erinnerung in ihr ausgelöst
hätte, wäre John wie ein Sechser im Lotto vorgekommen. Und war es nicht mal wieder
Zeit für einen Glückstreffer?
    Ein wenig
wurde Johns Laune dann doch aufgehellt. Der Grund dafür war Blanca, eine neue Bedienung
im Krügle, die auf seine Sprüche mit überaus aufgeschlossenem Lachen reagierte.
Später, als er sich zu Hause in einen etwas in die Jahre gekommenen Sessel drückte,
hatte sich seine Stimmung bereits wieder getrübt. Er starrte auf das Handy, und
pünktlicher als die Tagesschau kam der Anruf. Er nahm ihn entgegen und hörte zunächst
Musik und Stimmengewirr. Laura Winter rief ihn also aus einem Restaurant, eher einer
Bar an. Ob das vielleicht auf ihre durchaus frostige Art eine positive Auswirkung
haben mochte?
    Nein. Sie
klang so sachlich und beherrscht wie bei ihrem Besuch im Büro. »John«, eröffnete
sie die Unterhaltung ohne Gruß. »Ich habe zwar gesagt, ich melde mich bei dir, aber
im Moment passt es mir nicht so richtig.«
    »Aha«, sagte
er nur. Keine Frage nach Felicitas?
    »Oder gibt
es etwas«, fuhr sie fort, »das sehr wichtig wäre? Hast du irgendetwas, das nicht
bis morgen warten kann?«
    »Nun ja,
ähm«, murmelte er. »Eigentlich …«
    »Nichts,
oder?«, fiel sie ihm ins Wort, und er wusste endgültig, dass sie sowieso nichts
von ihm erwartete. Bevor er etwas anfügen konnte, sprach sie weiter: »Also, ich
habe mich mit alten Freundinnen aus der Schulzeit getroffen. Und morgen um elf noch
eine Verabredung auf einen Cappuccino. Um zwölf werde ich in deinem Büro vorbeischauen.
Vielleicht hast du dann ja mehr für mich. Und damit wir außerdem …« Sie überlegte
kurz, das Gelächter um sie herum schien lauter zu werden. »Damit wir das mit deiner
Bezahlung regeln können. Wir sehen uns. Um exakt 12 Uhr.«
    Punkt, aus,
das war’s schon. Die Uhrzeit hatte sie ausgesprochen wie eine Richterin ihr Urteil.
John sah aufs Display und schüttelte den Kopf. ›Deine Bezahlung.‹ Es hatte sich
angehört, als ginge es um ein Trinkgeld. Und für
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