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Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)

Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Oliver Becker
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Sicht ein gutes Stück menschlicher. Außerdem
musste er sich eingestehen, eine fast boshafte Genugtuung zu verspüren: Laura Winters
Panzer schien ein paar Kratzer abbekommen zu haben. Und allein angesichts ihrer
hochnäsigen Art bei dem Anruf vom Vorabend hatte sie das vielleicht sogar verdient.
Gleichzeitig jedoch tat sie ihm leid. Jedenfalls bemühte er sich, Mitgefühl aufkommen
zu lassen. Wie sie da so vor ihm saß, die Arme voller Wut vor der Brust gekreuzt.
Nein, es ging Laura nicht gut, überhaupt nicht gut.
    »Dieser
…« Sie schien nach einem deftigen Schimpfwort für den Unbekannten zu suchen, presste
jedoch die Lippen wieder aufeinander.
    »Was war
es für ein Auto?«, erkundigte sich John, um sie ein wenig darin zu unterstützen,
ihre übliche Konzentration wiederzuerlangen.
    »Alles ging
so unglaublich schnell. Eine Limousine, wahrscheinlich ein Mercedes. Oder ein Audi.
Schwarz oder nachtblau. Die Scheiben waren extrem stark getönt, das ist mir aufgefallen.
Ich war ja schon zwei Schritte auf dem Fußgängerüberweg, achtete auf das Display
meines Handys …« Immer noch voller Ungläubigkeit schüttelte sie ihren Kopf. »Eine
ganz normale Situation, wie sie hundertmal am Tag passiert.« Sie nahm John ins Visier,
als hätte er gewagt, zu widersprechen. »Das Auto hatte ja längst angehalten. Es
stand. Der Motor brummte leise.« Sie betonte jede Silbe exakt. »Und dann auf einmal
– rast dieser blöde …«
    »Idiot«,
schlug John vor.
    »Nein, ganz
und gar nicht.« Wütend schnalzte sie mit der Zunge, wie eine Lehrerin, die einem
begriffsstutzigen Schüler etwas beizubringen versuchte.
    »Also kein
Idiot.« John runzelte die Stirn.
    »Du hast
mir nicht richtig zugehört. Das Auto stand …« Erneut dieses Betonte in der Stimme.
»Und dann raste es los.«
    »Und du
…«
    »Und ich«,
fiel sie ihm ins Wort, »habe mit einem Hechtsprung mein Leben gerettet. Zumindest
meine Knochen. Der rechte vordere Kotflügel hätte mich fast erwischt. Ich landete
mit voller Wucht auf dem Trottoir. Du siehst ja, wie ich …« Sie ließ den Satz offen
und wies auf ihre Schrammen.
    »Und die
Limousine fuhr einfach weiter?«
    Sie nickte.
    »Jetzt verstehe
ich langsam, worauf du hinauswillst.«
    »Wird auch
Zeit«, merkte Laura scharf an.
    Selbst unter
Schock funktionierte ihre spitze Zunge wie geölt. Doch er zwang sich, einfach nicht
darauf einzugehen. »Du denkst, dass das kein Unfall war.«
    »Genau das,
Mr. Sherlock Holmes.«
    Noch einer
dieser Sherlock-Sprüche. Wie viele hatte er sich schon anhören müssen? Aber wieder
gelang es ihm, über ihre Bemerkung hinwegzusehen. »Wenn es kein Unfall war, also
kein rücksichtsloser oder blinder oder betrunkener Autofahrer, dann war es der Versuch
…«
    »… mich
zu töten«, schnitt sie ihm abermals das Wort ab. »Oder wenigstens mich ins Krankenhaus
zu befördern.« Die Worte polterten inzwischen weitaus zorniger aus ihr heraus.
    »Hältst
du das tatsächlich für …?« Diesmal brachte ihn nicht ihre Zunge zum Schweigen –
sondern ihr Blick. Das Funkeln ihrer klaren blauen Augen hatte eine neue Intensität
erreicht.
    »Tu nicht
so überheblich, John!«
    »Ich?«,
entfuhr es ihm verdattert.
    »Und ob.
Du!« Jetzt sprach sie sehr leise, was beinahe alarmierender wirkte. »Ich bin kein
Dummchen, John. Ich bin keine blöde Gans.«
    »Bestimmt
nicht, aber du …«
    »Unterbrich
mich nicht!«
    »Ich dich?«
    »Ich kann
sehr wohl unterscheiden, ob ein Auto absichtlich oder unabsichtlich auf mich zurast.«
    Er hielt
es für besser, ein paar Sekunden den Mund zu halten. Erst ein Krächzen des Papageis
beendete die irgendwie unangenehme Stille, die zwischen ihnen entstanden war.
    »Wenigstens
Elvis geht es gut«, meinte Laura mit verkniffenem Grinsen.
    »Dafür scheint
es dich ganz schön mitgenommen zu haben.«
    »Ich möchte
dich sehen …«, brauste sie erneut auf, stoppte sich aber. »Nun ja, den Vormittag
hatte ich mir jedenfalls anders vorgestellt.«
    »Ich nehme
an, du bist gleich in die Klinik gegangen.«
    »Du hast
ein Talent dafür, immer das Falsche anzunehmen, stimmt’s? Nicht gerade sehr hilfreich
für einen Privatdetektiv möchte ich meinen.« Nicht nur aufbrausend und überheblich,
auch ziemlich sarkastisch konnte sie sein. Ob sie verheiratet ist?, fragte sich
John. Hieß sie überhaupt noch Winter? Er hatte sich nicht danach erkundigt.
    »Demnach
warst du also nicht bei einem Arzt«, murmelte er dann, sich ergebend.
    »Na, bestimmt
nicht.« Sie holte tief Luft.
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