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Schmetterlingsschatten

Schmetterlingsschatten

Titel: Schmetterlingsschatten
Autoren: Veronika Bicker
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Nachmittagssonnenlicht hinaus.

Kapitel 10
    Freitag, 25. März 2005
    Lieber Papa, wie geht es Dir? Mir geht es heute ganz fantastisch. Ich habe mich auf einen Praktikumsplatz für angehende Journalisten beworben. Das Praktikum findet in Wales statt, Kost und Unterkunft werden gestellt. Nun muss ich nur noch eine Beispielreportage schreiben, die ich der Bewerbung beilegen kann. Ich habe da auch schon eine gute Idee, was ich machen möchte. Mama habe ich nichts davon gesagt. Du weißt doch, dass sie sich immer so viele Sorgen macht. Am besten gebe ich ihr erst Bescheid, wenn ich den Platz bekommen habe, oder? Verzeih den nur kurzen Brief, ich muss jetzt los, ich wollte Malin treffen. Ihr geht es nicht gut, weil ihre Eltern sich getrennt haben. Das verstehst du doch, oder?
Liebe Grüße, Deine Laura
    Ziellos wanderte Elena durch die sonnendurchfluteten Straßen von Frankenach. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte oder was sie jetzt tun wollte. Sie wusste nur, dass sie es nicht eine Minute länger zu Hause ausgehalten hätte, mit ihrer selbstmitleidigen Mutter und der Erinnerung an Laura, die das ganze Haus beherrschte. Ich möchte einfach nur fort,dachte sie wieder und wieder.
    Inzwischen hatte sie das Vorhaben, zur Polizei zu gehen, wieder verworfen. Es erschien ihr nicht mehr wichtig. Nichts war mehr wichtig, nicht einmal, wie Laura nun wirklich gestorben war. Es war Mama. Vielleicht nicht direkt, aber trotzdem. Außerdem wusste sie noch immer nicht, wer Laura Drohbriefe geschrieben hatte und wo sie waren. Und wie sollte die Polizei das nun noch herausfinden?
    Elena lief bis zur Bushaltestelle und studierte den Fahrplan. Wenn sie jetzt noch einen Bus in die Stadt bekam, konnte sie zum Bahnhof und dort einen Zug nehmen. Egal, wohin.
    Doch dann stellte sie fest, dass sie überhaupt kein Geld mitgenommen hatte. So würde sie nicht weit kommen.
    Zutiefst erschöpft ließ sie sich auf die Bank an der Haltestelle fallen, streckte die Beine von sich und schloss die Augen. Sie fühlte sich seltsam leer, ausgetrocknet, beinahe tot. Das habe ich nun davon, dass ich unbedingt rausfinden wollte, was es mit Lauras Tod auf sich hat, ging es ihr durch den Kopf. Sie wünschte sich, dass sie weinen könnte, aber es kamen keine Tränen.
    »Hey, Elena.« Die geradezu aufdringlich fröhliche Stimme kam Elena entfernt bekannt vor, aber momentan konnte sie diese keiner Person zuordnen. Obwohl sie sich viel zu müde und schlapp dazu fühlte, schlug sie die Augen auf. Vor ihr stand Mella, völlig aufgedonnert in einem hautengen glitzernden Top und einer schwarzen, eng anliegenden Jeans. Sie hatte so viel Make-up aufgetragen, dass man Angst haben musste, es könnte abplatzen, wenn sie ihr Gesicht verzog.
    Elena war zu müde, eine bissige Bemerkung zu machen. »Hallo, Mella«, erwiderte sie nur erschöpft.
    Mella legte den Kopf etwas schief und sah sie neugierig an, beschloss dann aber offensichtlich, nichts zu fragen. »Du, ich bin unterwegs zu einer Party, die Angies großer Bruder schmeißt. Wir sind da eingeladen. Hast du Lust, auch mitzukommen?«
    Beinahe hätte Elena den Kopf geschüttelt. Sie konnte sich bessere Gesellschaft vorstellen als Mella und ihre eingebildete Freundin Angie und wahrscheinlich einem Haufen älterer Jungs, die verzweifelt versuchten, cool zu sein. Aber dann kam ihr in den Sinn, dass sie sowieso nicht wusste, wo sie hinwollte. Außerdem würde es Mama wahnsinnig machen, wenn sie davon erführe, ging ihr durch den Kopf. Der Gedanke brachte eine gewisse Befriedigung mit sich. So nickte sie. »Okay, ich komm mit.«
    Mella strahlte, zog sie von der Bank hoch und hakte sie unter. »Na, dann mal los ins Vergnügen.«
    Die Party war ungefähr so langweilig, wie Elena sich das vorgestellt hatte. Sie kannte kaum die Hälfte der Typen, die in den Ecken des versifften Hobbykellers von Angies Eltern herumhingen. Die meisten waren viel älter als sie und nicht im Mindesten interessant. Keiner von ihnen ist so cool wie Tristan, ging ihr durch den Kopf und sie fragte sich, was er wohl gerade tat. Wenn er versuchte, sie zu Hause zu erreichen, würde er vermutlich ihre Mutter noch mehr aufregen. Aber was, wenn ihre Mutter mit ihren Befürchtungen nicht falschlag und Tristan der Schuldige war? Elena bemerkte überrascht, dass ihr das jetzt auch egal war. Das Herzklopfen und Kribbeln, wenn sie an Tristan dachte, war verschwunden. Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte.
    Die Musik war zu laut und außerdem gefiel sie
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