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Schmetterlingsschatten

Schmetterlingsschatten

Titel: Schmetterlingsschatten
Autoren: Veronika Bicker
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Elena nicht.
    Zu trinken gab es kaum etwas außer Alkohol, aber das war Elena heute gerade recht. Ich werde jetzt feiern und lustig sein, egal, was meine Mutter sagt.Sie fing mit Bier an, das immer noch genauso widerlich schmeckte, wie sie es in Erinnerung hatte, aber nach der ersten Flasche merkte sie es gar nicht mehr. Die zweite schmeckte schon fast gut und die dritte war tatsächlich lecker, zumindest redete sie sich das ein. Ihr war klar, dass sie Unsinn machte, dass sie jetzt sofort zur Polizei gehen sollte, dass sie irgendwas unternehmen musste. Aber sie fühlte sich so unendlich erschöpft, dass sie nicht die Kraft dafür aufbringen konnte. Wenn sie nur noch etwas hierbleiben konnte, um Mut zu sammeln.
    Da kam einer der älteren Typen vorbei und drückte ihr eine weiße Literflasche in die Hand.
    »Da, Kleine, siehst so aus, als könntest du es brauchen.«
    Elena starrte die Flasche an, ohne zu verstehen, was darauf stand. »Was ist das?«
    »Pina Colada. Ist lecker, probier mal!«
    Sie sah ihn zweifelnd an. Das war ein anderes Kaliber als Bier. Aber was sollte das – jetzt hatte sie schon angefangen, sich zu betrinken, was machte da schon ein bisschen Pina Colada mehr oder weniger? Sie sah sich nach einem Glas um, konnte aber keines entdecken. Also nahm sie kurzerhand einen tiefen Schluck direkt aus der Flasche. Die Flüssigkeit war zuckersüß und ölig, aber sie wärmte schön den Bauch. »Lecker«, sagte sie und wollte dem Jungen die Flasche zurückgeben.
    »Kannst du behalten!«, sagte der nur und verschwand in dem Gewühl der anderen Gäste. Elena ließ sich auf einen Stuhl fallen und nahm abwechselnd einen Schluck aus der Bierflasche und aus der weißen. Nach und nach wurde ihr immer wärmer und ihr Kopf fühlte sich wunderbar leicht an. Wenn sie ihn von einer Seite zur anderen drehte, war es, als bliebe das Bild, das sie sah, gerade immer ein bisschen hinter ihrer Kopfbewegung zurück. Sie fand das lustig und fuhr fort, immer von links nach rechts und zurück zu sehen.
    Bin ich jetzt betrunken?,fragte sie sich. Wahrscheinlich. Sie hatte keine Erfahrung damit. Sie hatte immer gedacht, dass sich die Leute besser fühlen würden, wenn sie tranken. Aber gerade das Gegenteil war der Fall. Je mehr sie trank, desto unglücklicher fühlte sie sich. Warum hatte Tristan sich nicht gemeldet? Warum hatte Laura sie verlassen müssen? Warum war ihre Mutter so jämmerlich? Elena fühlte sich, als müsse sie gleich losheulen. Sie fühlte sich furchtbar alleine, trotz all der Menschen auf der Party.
    Sie beschloss zu gehen. Wahrscheinlich würde sie sowieso niemand vermissen. Kurz entschlossen stand sie auf.
    Das war eine schlechte Idee gewesen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie viel sie getrunken hatte. Der ganze Raum schien zu schwanken. Auf einmal bemerkte sie, wie stickig es in dem Keller war. Die Luft war zum Schneiden dick. Ich brauche nur etwas frische Luft, dann ist bestimmt alles wieder in Ordnung, dachte sie. Sie biss die Zähne zusammen und sah sich nach dem Ausgang um. Es war eine enge, hohe Treppe, die so dunkel war, dass sie scheinbar ins Nichts führte. Elena versuchte, sich nur auf die Stufen zu konzentrierten, und bewegte sich Schritt für Schritt darauf zu.
    Als sie die unterste Stufe erreicht hatte, hatte der Raum immer noch nicht aufgehört zu schwanken und Elena war so übel wie nie zuvor in ihrem Leben. Selbst, wenn sie die Augen schloss, konnte sie das Zimmer wanken sehen. Ich werde hier nicht umfallen! Entschlossen klammerte sie sich an den Handlauf und arbeitete sich Stufe um Stufe empor, weg aus dem verdammten Keller.
    Glücklicherweise lag die Kellertreppe direkt neben der Eingangstür des Hauses. Elena schaffte es noch, sie aufzuziehen und ein paar Schritte die Straße hinunterzugehen. Dann verlor sie die Kontrolle, krümmte sich über einen Gulli und erbrach sich krampfhaft.
    Immer wieder rebellierte ihr Magen und würgte noch, als schon gar nichts mehr darin war. Ihre Kehle brannte und ihr Kopf schwirrte noch immer. Das habe ich nun davon.
    Endlich ließen die Krämpfe nach und Elena richtete sich wackelig auf. Es war inzwischen dunkel geworden und niemand war auf der Straße, der sie hätte sehen können. Ihr war noch immer schwindelig und übel, aber die klare Nachtluft half ein bisschen. Nur in ihrem Mund lag ein widerlicher Geschmack und ihre Kleider stanken nach Rauch und Alkohol.
    Ich muss nach Hause,war das Einzige, was sie noch denken konnte. Sie dachte nicht mehr an ihre Mutter
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