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Schmetterlinge im Gepaeck

Schmetterlinge im Gepaeck

Titel: Schmetterlinge im Gepaeck
Autoren: Stephanie Perkins
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»Ich hab ein Clowngesicht und meine Haare sehen aus wie die von einer bösen Märchenhexe.«
    Cricket macht ein amüsiertes Gesicht. »Ich lüge nicht. Aber wir sollten dich ein bisschen … in Ordnung bringen«, fügt er hinzu.
    Er umfasst meine Arme und hilft mir aufzustehen. Nathan macht einen Schritt auf uns zu, aber Andy hält ihn an der Schulter fest. Meine Eltern sehen zu, wie Cricket den Rock meines Kleids zurechtrückt, damit ich sicher auf die Beine komme. Er führt mich in das Bad, das zu meinem Zimmer gehört. Nathan und Andy folgen in bedächtigem Abstand. Cricket dreht den Wasserhahn auf und geht alle Fläschchen und Tuben auf meiner Ablage durch, bis er findet, was er gesucht hat. »Aha!«
    Es ist Make-up-Entferner.
    Â»Calliope benutzt so einen ähnlichen«, erklärt er. »Den braucht sie immer nach besonders furchtbaren Vorführungen. Aus den, äh«, er deutet auf mein Gesicht im Ganzen, »gleichen Gründen.«
    Â»Ach herrje.« Ich gucke erschrocken in den Spiegel. »Ich sehe aus, als hätte mir jemand ein Tintenfass ins Gesicht gekippt.«
    Cricket grinst. »Ein bisschen schon. Komm her, das Wasser ist warm.«
    Wir bewegen uns verlegen umeinander herum, bis ich genau vor dem Waschbecken stehe. Cricket legt mir ein Handtuch über das Kleid und ich beuge mich mühsam vor. Er fährt mir mit den Fingern durchs Haar und hält es nach hinten, während ich mich wasche. Seine körperliche Nähe tröstet mich. Puder, Mascara, falsche Wimpern und Rouge verschwinden. Ich trockne mich ab und unsere Blicke treffen sich im Spiegel. Meine Haut ist ungeschminkt und gerötet.
    Er sieht mich mit unverhohlenem Verlangen an.
    Nathan räuspert sich in der Tür und wir zucken zusammen. »Was machen wir jetzt mit deinen Haaren?«, fragt er.
    Mein Mut sinkt. »Ich muss wohl einfach eine andere Perücke anziehen. Irgendwas Schlichtes.«
    Â»Vielleicht … Vielleicht kann ich helfen«, bietet Cricket an. »Ich kenne mich ein bisschen aus. Mit Haaren.«
    Ich runzle die Stirn. »Cricket. Du hast schon dein ganzes Leben dieselbe Frisur. Erzähl mir bloß nicht, dass du deine Haare selbst so stylst.«
    Â»Nein, aber …« Er reibt sich den Nacken. »Manchmal helfe ich Cal vor den Wettbewerben.«
    Ich sehe ihn überrascht an.
    Â»Hättest du mich gestern danach gefragt, hätte ich gesagt, dass das eine echt peinliche Begabung für jemanden ist, der nicht schwul ist.«
    Â»Du bist der Beste«, sage ich.
    Â»Das meinst aber auch nur du.« Aber er sieht aus, als würde er sich freuen.
    Erst in diesem Moment merke ich, was er anhat: einen schicken schwarzen Anzug, der edel glänzt. Die Hose ist zu kurz – mit Absicht natürlich –, damit man seine üblichen spitzen Schuhe und die heute hellblauen Socken sehen kann, die genau zu meinem Kleid passen.
    Am liebsten würde ich über ihn herfallen.
    Â»Ticktack«, sagt Nathan.
    Ich husche an Cricket vorbei in mein Zimmer. Er zeigt auf meinen Schreibtischstuhl, also hebe ich meine Röcke hintenherum hoch und finde irgendwie eine Möglichkeit, mich hinzusetzen. Cricket kämmt mir die Haare mit den Fingern. Seine Hände sind sanft und die Bewegungen schnell, aber geschmeidig und sicher. Ich schließe die Augen. Es ist still im Zimmer, während er mit den Fingerspitzen die einzelnen Strähnen von den Wurzeln zu den Spitzen entwirrt und mir locker durchs Haar streicht. Ich lehne mich zurück, ihm entgegen. Mein ganzer Körper scheint aufzublühen.
    Cricket beugt sich vor und flüstert mir ins Ohr: »Sie sind weg.«
    Ich blicke auf und natürlich haben meine Eltern die Tür nur angelehnt. Aber sie sind weg. Wir lächeln uns an. Cricket kämmt mir weiter die Haare und ich schmiege mich an seine Hände. Wieder schließe ich die Augen. Nach einer Weile räuspert er sich. »Ich, ähm, muss dir was erzählen.«
    Ich lasse die Augen geschlossen, runzle aber neugierig die Stirn. »Was denn?«
    Â»Eine Geschichte«, antwortet er.
    Seine Worte werden verträumt, fast einschläfernd, so als hätte er sie sich selbst schon hundertmal erzählt. »Es war einmal ein Mädchen, das redete mit dem Mond. Sie war geheimnisvoll und perfekt, auf die Art, wie es Mädchen sind, die mit dem Mond reden. Im Haus nebenan wohnte ein Junge. Und der Junge sah zu, wie das Mädchen mit
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