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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt
Autoren: Marcus Imbsweiler
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ihr sogar die Safekombination verraten.«
    »Idiotisch, ich weiß. Wobei ich ihr sagte, die Geige sei nur
ein paar 1000 Euro wert.«
    »Das hat sie geglaubt?«
    Achselzucken.
    »Ein anderer hat es nicht geglaubt. Derselbe, dem der Stern -Artikel
in die Hände fiel, der Annettes Tattoo erkannte und den Hinweis im Text richtig
interpretierte: ›Der in Heidelberg lebende, aus München stammende Besitzer der
Guarneri …‹«
    »Ich habe mich beim Stern über die Autoren beschwert.
Aber da war es natürlich zu spät.«
    »Von wem reden Sie?«, mischte sich Greiner ein. »Wer hat den
Artikel gelesen?«
    »Ein Liebhaber von Annette Nierzwa«, antwortete ich. »Der sie
nach der Lektüre bedrängt: ob Herr Nagel tatsächlich diese Geige besitzt, wo er
sie untergebracht hat, wie viel sie wert ist. Zumindest stelle ich mir das so
vor. Annette lässt ihn abblitzen. Aber dann ändert sich die Situation: Sie,
Herr Nagel, trennen sich von ihr. Annette wird nicht entgangen sein, dass Sie
nun mit einem Mann zusammen sind. Sie fragt sich, was die Zeit mit Ihnen wert war.
Jetzt sinkt die Hemmschwelle, ihrem Liebhaber von der Geige zu erzählen. Sie
verrät ihm, wo das Instrument versteckt ist und dass sie die Safekombination
kennt. Notiert auf einem Kalenderblatt. Mehr sagt sie nicht, denn sie kennt
ihren Liebhaber.«
    »Warum verrät sie es ihm überhaupt?«, fragte Covet.
    »Das werden wir nie erfahren. Vielleicht um sich wichtig zu
machen. Oder um ihn zu ärgern, zu provozieren. Das Verhältnis der beiden war
mit Sicherheit schwankend. Genau wie das Verhältnis zu Ihnen, Herr Nagel. Sie
sagen ja selbst, dass Sie letztes Wochenende über Ihre privaten Beziehungen
nachdenken mussten. Auch über die Beziehung zu Annette Nierzwa. Und dann kommt
es zu der spontanen Annäherung während der Figaro -Premiere.«
    »Annäherung«, hörte ich Sorgwitz murmeln. Sein Siegelring
blitzte.
    »Danach stellt der Liebhaber sie zur Rede. Er will wissen:
der da oder ich? Und er will die Safekombination. ›Njet‹, sagt Annette.
Vielleicht hoffte sie wieder auf eine gemeinsame Zukunft mit Ihnen, Herr
Nagel.«
    »Sie schon«, sagte Nagel leise.
    »Den Rest kennen wir. Der Mann dreht durch, Annette ist tot,
und er hat bloß die Information: Kalenderblatt. Das er sich auch besorgt. Aber
darauf steht keine Ziffernkombination, sondern eine Art Eselsbrücke, die für
ihn unverständlich ist. Ein vergeblicher Mord.«
    »Aber wer?«, zischte Sorgwitz. »Wer war es?«
    Fischer tätschelte ihm beruhigend das Knie. Der Herr Papa und
seine beiden Knaben. »Sprechen Sie weiter, Herr Koller«, sagte er. »Es ist ein
Vergnügen, Ihren Erzählungen zu lauschen.«
    »Ich weiß nicht, was in einem vorgeht, der zum Mörder
geworden ist. Da wird eine Art Grenze überschritten sein, hinter die man nicht
mehr zurück kann. Der Blick geht nur noch nach vorne. Er weiß, dass er keine
Chance hat, ungeschoren davonzukommen, es sei denn, er bemächtigt sich der
Geige, macht sie zu Geld und haut ab. Aber an Sie kommt er nicht ran, Herr
Nagel. Am Sonntag lassen Sie sich kaum zu Hause blicken, treffen sich mit
anderen Leuten, übernachten bei Marc. Die Zeit läuft unserem Mann davon. Er
legt sich eine Alternative zurecht. Da gibt es einen, mit dem er eine Rechnung
offen hat: Enoch Barth-Hufelang. Nach dem ersten Mord fällt der zweite
leichter. Vor allem, wenn man sich mit Aufputschmitteln zudröhnt. Besuch in
Handschuhsheim, eine letzte Demütigung, vielleicht ein Streit, schon ist es
passiert. Unser Mann sucht in der Wohnung des Dirigenten nach einer
Finanzspritze für die Flucht, findet aber nichts. Es ist Montagnachmittag. Als
Nächstes …«
    »Aufputschmittel?«, unterbrach mich Sorgwitz. »Was soll das?
Hier hat nur einer Aufputschmittel genommen, und der ist tot.«
    Ich warf ihm Wolls Tabletten zu. »Sie meinen die hier. Aus
irgendeiner russischen Hexenküche.«
    »Wo haben Sie die her?«, schnaubte Fischer.
    »Aus Wolls Hosentasche. Genau wie diesen Schlüssel hier.« Der
Wagenschlüssel des Toten flog hinterher. »Es tut mir leid, ich habe wohl
vergessen zu erwähnen, dass ich sie fand.«
    »Verdammt noch mal, so geht das nicht, Koller!«, schimpfte
Fischer. Er wirkte ernstlich verärgert. »Dafür können wir Sie drankriegen. Sie
behindern unsere Arbeit.«
    »Wie gesagt, ich muss im Eifer des Gefechts übersehen haben
…«
    »Sparen Sie sich diesen Quatsch!« Er stand auf, machte ein
paar Schritte durchs Zimmer und zog
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