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Schlüsselherz (German Edition)

Schlüsselherz (German Edition)

Titel: Schlüsselherz (German Edition)
Autoren: Liv Abigail
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entschuldigen. Ich wurde vorgestern Abend ein wenig bedrängt. Sie waren meinem Verfolger ganz ähnlich g e kleidet. Ich habe Sie zu meinem größten Bedauern mit ihm verwec h selt.“
    Während sie sprach, trat er um die Theke herum und kam auf sie zu. Auf halbem Weg drehte er eine Gaslampe, die von der Decke hing, an einem Regler heller. Bleiches Licht weichte die Düsternis zwischen den schweren Holzregalen auf. Zum ersten Mal sah sie den Buchhändler im Hellen. Er war jung, vielleicht Mitte zwanzig, was man seiner rauen, vollklingenden Stimme nicht anhörte. Mit der bre i ten Stirn und der eckigen Kinnpartie sah er nicht aus wie ein Buc h händler. Eher wie ein Arbeiter, und zwar einer von denen, die von Frauen zu deren Vergnügen bei der Arbeit beobachtet wurden. Er kniff die Augen zusammen und musterte sie erst skeptisch, dann erstaunt und schließlich mit jenem Hauch von Unbehagen in den Augen, den sie zu ignorieren gelernt hatte.
    „ Du bist … eine Puppe.“
    Sie überspielte seine Bestürzung eilig. „Mein Name ist Cera, Sir. Ich bin Tänzerin im Keyman Theatre in Chelsea.“
    „ Und was zum Teufel willst du von mir?“
    Sie lächelte. Es war das Einzige , was ihr zu tun blieb, wenn Me n schen derart auf sie reagierten. „Wie ich bereits sagte, Sir …“
    „ Entschuldigen willst du dich. Ja, das sagtest du. Schickt dich dein … dein Meister, oder wie diese Leute sich nennen? Der Mann, der dich“, er ließ den Zeigefinger vor seinem Gesicht kreisen, „au f zieht?“
    „ Mr Richard J. Keyman nennt er sich. Aber die Antwort ist Nein, Sir. Ich habe Sie selbstständig niedergeschlagen, da sollte ich auch in der Lage sein, selbstständig für mein Missgeschick um Verzeihung zu bitten.“
    „ Soso.“ Der Buchhändler fuhr sich übers Gesicht. Er wirkte schwer gestresst, mit den Ringen unter den Augen und dem Bar t schatten im Gesicht. Cera bezweifelte, dass sie an seiner Unruhe Schuld trug, er musste vorher schon nervös gewesen sein. Intere s sant war, dass er nicht zu jenen Menschen zählte, die durch Erschö p fungsanzeichen an Attraktivität verloren. Den meisten Frauen würde er wohl gefallen.
    „ Ich muss mich selbstredend auch bedanken“, fuhr sie fort. „Es hatte den Anschein, dass Sie mir helfen wollten.“
    Er senkte den Blick. „Es war dunkel. Ich wusste ja nicht, dass du … dass du …“
    Erneut spannte sie die Wangen an, um ihre Mundwinkel anzuh e ben. Er hatte ihr geholfen, weil er nicht gewusst hatte, dass sie eine Puppe war. Nur darum. „Auch unsereins braucht dann und wann mutige Hilfe.“
    Darauf erwiderte er nichts, was alles sagte.
    „ Was ist mit Ihrer Hose passiert, Sir?“, fragte sie, weil es den A n schein hatte, dass Schweigen alles nur schlimmer machte.
    Er blickte sie einen Moment an, als wisse er nicht, wovon sie red e te. Dann sah er an sich hinab, schüttelte den Kopf und strich sich mit beiden Händen das Haar aus der Stirn, das ihm in Strähnen von der Farbe nassen Sandes bis zu den Ohrläppchen reichte. „Ich mus s te ein Feuer löschen.“
    „ Mit Tee?“
    „ Nein, mit Earl Grey.“ Er hob eine Augenbraue. Vielleicht, weil er selbst nicht wusste, warum er ihr das erzählte.
    „ Verstehe“, sagte sie, und da er nichts erwiderte, fügte sie hinzu: „Eine gute Wahl. Zumindest, wenn es darum geht, Feuer zu l ö schen.“
    Einen Moment standen sie einander gegenüber. Wieder wartete Cera auf eine Reaktion, die nicht kam. Der Buchhändler wirkte, als wäre er lieber sehr weit fort. Lag es an ihr, oder mochte er die G e sellschaft all seiner vielen Bücher nicht? Wenn dem so war, dann hatte sie ein Problem, denn sie brachte ihm noch mehr davon. Doch darauf musste sie es nun ankommen lassen, denn er machte nicht den Anschein, als wolle er sich heute noch vom Fleck rühren. Er starrte sie nur an. Das war sie selbstredend gewohnt – wenn sie tan z te, starrten H underte von Menschen sie an. Aber dieser Mann hier betrachtete sie mit einer Art halb verdeckter Abscheu und unverho h lener Skepsis. Und all das nur, weil sie ihn niedergeschlagen hatte? Wie nachtragend er war! Und warum tangierte es sie so stark? Viele Menschen waren konservativ und straften Ihresgleichen mit Verac h tung. Selten machte es ihr etwas aus. Bei diesem Mann hatte sie sich allerdings der Hoffnung hingegeben, er könne anders sein. Schlie ß lich hatte er versucht, sie zu retten.
    Cera beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken und stur ihr Vorhaben durchzuziehen.
    „ Ich bin aus einem
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