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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)
Autoren: Marcus Imbsweiler
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ich mich allerdings, ob Sie nicht so eine Art fleischgewordene
Übertreibung sind. Wie auch immer, ohne Ihren dicken … ohne Ihren beleibten Freund
hätten Sie den Fall nie gelöst. Wie heißt er noch?«
    »Fatty. In seinem Pass steht Friedhelm Sawatzki.«
    »Richtig. Fatty und der Zufall.«
    »Es war kein Zufall«, widersprach ich. Sich durch das dichte Fell des
Rottweilers zu wühlen, war noch viel anstrengender als bei Fischers schütterem Haupthaar.
»Es war das Ergebnis umfassender, konsequenter Ermittlungsarbeit mit modernsten
Methoden.«
    Der Kampfhund zog die Brauen zusammen. »Umfassend?«
    »Er meint die vielen Feuerwürstchen, die er verdrückt hat«, erklärte
Greiner.
    »Und falls Sie unter modernen Methoden das Springen von einer Eisenbahnbrücke
verstehen«, hakte ihr Chef ein, »so muss ich Sie enttäuschen. Das lernt jeder unserer
Polizeianwärter in der Grundausbildung.«
    »Mit einer blonden Schönheit über der rechten Schulter«, präzisierte
Greiner.
    »Und einer MP in der Linken«, schloss Sorgwitz. »Damit er im Fallen
die Gangster drei Zugdächer weiter vorn ausschalten kann. Lauter alte Hüte, Herr
Koller!«
    »Im Ernst«, donnerte jetzt Fischer und erhob sich. »Wie konnten Sie
nur so dämlich sein und auf das Zugdach hüpfen wollen? Man muss ja um Ihren letzten
Rest Verstand fürchten!«
    Weil Kommissar Greiner so heftig nickte, sah ich mich gezwungen, die
Massage für einen Moment auszusetzen.
    »Ich bin doch gar nicht gesprungen«, maulte ich.
    »Ja, diesem Bungert sei Dank! Aber Sie wollten. Nur weil es Ihnen ein
durchgedrehter 14-Jähriger vorgemacht hat!«
    »Ich hätte es überlebt. Genau wie Fikret.«
    »So, hätten Sie? Mit der Haut eines knusprigen Hähnchens, ja!« Wütend
schob der Kommissar seinen Drehstuhl gegen den Schreibtisch. »Tut mir leid für diese
Wortwahl, der Junge ist die ärmste Sau, die mir seit Langem untergekommen ist. Aber
für seine Harakiriaktion fehlt mir jedes Verständnis.«
    »Sie kennen die Türken nicht«, sagte Kommissar Greiner. Im nächsten
Moment jaulte er auf.
    »Pardon!«, rief ich. Da hatte ich ihm doch tatsächlich beide Daumen
in den Nacken gerammt! »Ein Reflex, Herr Kommissar! Immer, wenn ich das Wort Türken
höre.«
    Der Rottweiler fuhr sich verärgert über die schmerzende Stelle. »Spielen
Sie hier bloß nicht den politisch Korrekten, Koller. Ist doch voll psycho, diese
Familie Ak s ehir, oder?«
    »Ein Hauptschüler hätte es nicht besser ausdrücken können«, flötete
ich.
    »Sehen Sie?« Fischer lachte knarrend. »Das war jetzt auch politisch
unkorrekt. Aber lassen wir das. Ich frage mich, warum der junge Mann diese Art des
Suizidversuchs gewählt hat. Normalerweise wirft man sich vor den Zug und nicht auf
ihn drauf. Oder wie sehen Sie das?«
    Kommissar Sorgwitz legte das Manuskript beiseite und meldete sich wie
ein Schuljunge. »Wenn es nicht so zynisch wäre, könnte man behaupten, er habe den
Zug verpasst.« Keiner lachte, auch Sorgwitz nicht.
    »Es war kein Selbstmordversuch«, sagte ich und wechselte die Massageposition.
»Fikret wollte türmen.«
    »Und die Hochspannungsleitung? Sie meinen, er hätte nicht gewusst,
was ihm blüht?« Kommissar Fischer schüttelte den Kopf. »Unwahrscheinlich.«
    »War Ihnen vorher klar, dass man auch ohne direkten Kontakt mit der
Leitung einen Stromschlag erhält? Mir nicht.«
    »Aber selbstverständlich.« Sorgwitz schaute tadelnd
drein. »Bei 15.000 Volt, überlegen Sie mal! Welchen Sinn hätten sonst die Warnschilder
überall? Sie haben doch den Lichtbogen gesehen. Der überträgt die Spannung. Wenn
Sie dem nicht mehr als Bruchteile von Sekunden ausgesetzt sind, haben Sie eine kleine
Überlebenschance. Aber nur dann.«
    Ich schwieg. Natürlich hatte ich den Lichtbogen gesehen. Und er war
wunderschön gewesen. Später hatte ich auch Fikret gesehen. Im Krankenhaus, in einem
Spezialbett liegend. Gegen diese Erinnerung half nicht einmal Whisky.
    »Alles klar mit Ihnen, Herr Koller?«, ließ sich Fischer hören.
    »Haut«, sagte ich, Greiners Kopf unter meinen Fingern, »ist was Besonderes.
Wir haben nur die eine, und wenn sie weg ist, verbrannt, verschmort, verätzt, verbrüht
– dann sind wir auch weg.«
    »Sie meinen, dieser Fall ist Ihnen unter die Haut gegangen?«
    »Auf die Haut, Herr Fischer. Auf die Haut.«
    »Massieren können Sie jedenfalls ganz hervorragend«, sagte der Rottweiler
und zeigte nach oben.
    »Danke«, sagte ich müde. »Ist Fikret mittlerweile in der Lage, eine
Aussage zu
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