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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)
Autoren: Marcus Imbsweiler
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machen?«
    »Wir konnten mit ihm sprechen, ja«, erwiderte Fischer und sah aus dem
Fenster. »Was im Frisörladen geschah, wissen wir. Bevor der Junge von den beiden
Collegeschülern vermöbelt wurde, hatte er noch Gelegenheit, seine Freunde per SMS
zu Hilfe zu rufen. Und als Tarek und Ömer ihn so sahen, nahmen sie sich Daniel vor.
Was dieses Bleichmittel auf der Haut anrichtet, war ihnen angeblich nicht klar.
Sie ärgerten sich darüber, dass er schon nach dem ersten Schwinger k.o. ging, und
wollten ihn durch die Spezialbehandlung ein wenig demütigen.«
    »Na ja. Wer’s glaubt.«
    »Zum Glück waren Sie schnell vor Ort und konnten das Schlimmste verhindern.
Sehr lange scheint das Zeug nicht eingewirkt zu haben. Nach einer gewissen Zeit
werden Daniels Haare wohl nachwachsen.«
    »Hmm«, brummte der Rottweiler wohlig. Irgendwie fand ich sein Gebrumme
unpassend.
    »Apropos nachwachsen«, sagte ich daher. »Sie wissen, dass Sie hier
eine kahle Stelle haben, Herr Greiner?«
    »Was?«
    »Da wird mit Sicherheit nichts mehr nachwachsen. Tja, jeder hat so
seine Problemzonen.«
    »Unmöglich!« Greiner setzte sich aufrecht und suchte mit beiden Händen
auf seinem Kopf herum. »Hier oben gibt es nichts Kahles!«
    »Der Nächste, bitte!«, rief ich. »Bringen wir’s hinter uns, Herr Sorgwitz!«
    »Das war’s schon?« Greiner wirkte aufrichtig enttäuscht. Immer noch
am Hinterkopf herumtastend, trollte er sich zu seinem Stuhl.
    Seinen Platz nahm Kamerad Sorgwitz ein. »Ich kann’s kaum erwarten,
lieber Herr Koller«, sagte er mit gebleckten Zähnen.
    »Ja, ja.« Interessant, welche unterschiedlichen Kopfformen es gab.
Der Kampfhund hatte einen eher hohen, schmalen Schädel, nicht so einen gedrungen
quadratischen wie sein Kollege. »Was ich noch fragen wollte«, sagte ich nach einer
Weile. »Wie kamen Sie eigentlich darauf, dass sich die Türken in den Schuppen am
Bahnhof versteckten?«
    »Angeborene Genialität«, antwortete Greiner. »Was dachten Sie?«
    »Handyortung«, schnarrte Fischer. »Geht bei Gefahr im Verzug manchmal
ganz fix. Gizem gab uns die Nummer ihres Bruders.«
    »Hätten Sie nicht etwas dezenter anrücken können?«
    »Dezenter? Und das aus Ihrem Mund!«
    »Aus Ihrem Mund«, echote Sorgwitz.
    »Aus meinem, genau«, sagte ich und strich meinem Kunden über den blonden
Schädel. »Hoppla, was haben wir denn da?«
    »Kommen Sie mir nicht mit angeblichen Kahlstellen«, knurrte Sorgwitz.
»Ich weiß, dass ich keine habe.«
    »Ja, stattdessen aber eine Art Auswuchs. So ein Knubbel, ein richtiger
Wulst. Das kommt von Ihren sporadischen Denkattacken, Herr Sorgwitz. Lassen Sie
das lieber, Ihr Schädel ist das nicht gewohnt.«
    »Massieren Sie einfach so lange, bis der Knubbel verschwunden ist.«
    »Bei Ihrem sensiblen Köpfchen? Lieber nicht. Wo doch schon Ihr Naturblond
anfängt abzufärben …«
    Sorgwitz grinste nur. Er hatte ja recht. Mit solchem Geplänkel würde
es mir nie gelingen, ihm und seinen Kollegen den Spaß an der Situation zu verderben.
Sie standen auf der Seite des Rechts, ich dagegen hatte bloß einen Mörder überführt.
    Als ich auf Letzteres wieder einmal in einem Nebensatz hinwies – okay,
es könnte auch ein Hauptsatz gewesen sein –, wischte Kommissar Fischer meine Anmerkung
rüde beiseite: »Sie hatten Glück, Herr Koller. Dieser Fall war nur mit einer Portion
Glück zu lösen.«
    »Falsch!«, widersprach ich heftig. »Kein Glück, Herr Kommissar, ganz
im Gegenteil. Manchmal braucht es halt Leute wie mich. Leute, die alternative Möglichkeiten
ausloten, anstatt sich innerhalb der Zwänge von Mord und Motiv bewegen.«
    »Von welchen Zwängen reden Sie?«
    »Dass jeder Mord auch ein Motiv braucht. So denken
alle Polizisten, so müssen sie denken.« Für diese Behauptung hätte mich Tischfußball-Kurt
abgeknutscht. Einmal von Backe zu Backe. »Ursache und Wirkung, das sind Ihre persönlichen
Scylla und Charybdis. Das eine geht nicht ohne das andere, Lektion eins auf der
Polizeischule, und deshalb konnten Sie diesen Fall nicht lösen. Sie konnten nicht,
Herr Fischer, weil Sie ein guter Polizist sind. So einfach ist das.«
    »Wie bitte?« Die Miene des Kommissars schwankte
zwischen Verblüffung und Unverständnis. Von Greiner kam ein belustigtes »Hört, hört!«,
und sogar Kollege Sorgwitz verrenkte den Hals, um mir einen spöttischen Blick zuzuwerfen.
    »Kommen Sie mir bloß nicht mit griechischer Mythologie,
Sie Bildungslurch!«, polterte Fischer. »Scylla und Charybdis, dass ich nicht
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