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Schloß der verlorenen Seelen

Schloß der verlorenen Seelen

Titel: Schloß der verlorenen Seelen
Autoren: Anne Alexander
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primitives Kreuz. Mit einem Stück Schnur band er das Kreuz an Jason Powell fest. “Das hindert hoffentlich seinen Geist daran, wieder in diesen Körper zurückzufahren”, sagte er.
    “Aber kann es Laura retten?”
    Roger nahm die junge Frau kurz in den Arm. “Für Laura ist es noch nicht zu spät”, versicherte er. “Die anderen Mädchen starben erst nach wochenlangem Koma.” Er umschloß ihre Hand. “Kommen Sie, bieten wir diesem Herrn die Stirn. Höchste Zeit, daß seinem Treiben ein Ende gesetzt wird.”
    21. Kapitel
    Im Schloß herrschte tiefste Stille, als Camilla und Roger vom Haus des Stallmeisters zurückkehrten. Noch immer schienen die Bewohner zu schlafen. Die beiden jungen Leute zuckten heftig zusammen, als die Uhr, die auf der Galerie im ersten Stock stand, zwei schlug. Erst jetzt wurde es Camilla bewußt, wie lange sie fort gewesen war.
    Hintereinander stiegen sie die Treppe hinauf. Die junge Frau war froh, Roger Gordon bei sich zu haben. Sie fühlte, daß ihn die gleiche Angst erfüllte wie sie, aber sie waren zu zweit. Sie war fest davon überzeugt, daß sie es schaffen würden, Laura zu retten.
    Geräuschlos betraten sie den kleinen Salon, der die beiden Schlafzimmer miteinander verband. Aus Lauras Zimmer drang der milde Schein des Nachtlichts. Auf Zehenspitzen schlichen sie sich zur Tür, spähten hindurch.
    Camilla hielt den Atem an. Miß Cook, die Nachtschwester, saß neben Lauras Bett. Aber sie schien fest zu schlafen.
    “Moment”, raunte Roger ihr zu. Er nahm die Kette mit dem Kreuz ab, die ihm seine Mutter kurz vor ihrem Tod geschenkt hatte, und hielt sie fest in der Hand.
    Sie betraten Lauras Zimmer. Das kleine Mädchen lag noch immer bewegungslos im Bett. Sein Mund stand weit offen. Sie bemerkten, daß Lauras rechtes Handgelenk quasi in der Luft hing. Irgend etwas schien es festzuhalten, aber was es war, konnten sie nicht sehen. Ein schmaler Blutstreifen rann ihren Arm entlang. Neben ihrem Bett stand ein Landschaftsbild, auf dem sich noch undeutlich ihre Gestalt abzeichnete.
    Roger schob Camilla beiseite. Blitzschnell beugte er sich über Laura, schloß ihren Mund und legte auf ihre Lippen die Kreuzkette.
    Ein schrilles, unheimliches Wutgeheul erklang. Es schien das ganze Schloß zu erfüllen. Die Pflegerin schreckte aus ihrem Schlaf. Sekundenlang sahen die drei Menschen, wie sich der Geist des Stallmeisters manifestierte und durch das offene Fenster floh.
    “Sieht aus, als hätten wir es geschafft”, sagte Roger, ohne die Pflegerin weiter zu beachten.
    Camilla beugte sich über ihre Schwester. “Es wird alles wieder gut, Lovely”, flüsterte sie dem Kind zu. “Es…”
    Ein weiteres Wutgeheul ertönte. Der ganze Park schien zu vibrieren. Den drei Menschen jagte ein kalter Schauer über den Rücken. Das Geheul wurde lauter und lauter, hüllte alles in sich ein.
    “Um Himmels willen, was ist denn hier los?” stieß Miß Cook mit schreckgeweiteten Augen hervor. Sie wandte sich Miß Thorn zu, die in diesem Augenblick ins Zimmer stürzte.
    Aber bevor Camilla oder Roger antworten konnten, schien die Erde zu erbeben. Sie sahen, wie eine gewaltige Stichflamme aus Richtung der Stallgebäude in den Himmel jagte.
    Laura wimmerte leise.
    “Laura.” Camilla setzte sich auf das Bett ihrer Schwester, achtete nicht auf die Menschen, die sich ins Zimmer drängten. Sie nahm die Hand ihrer Schwester. “Es wird alles wieder gut”, versicherte sie erneut. “Wach auf, Lovely, wach auf.”
    Laura schlug die Augen auf. Im selben Moment verblaßte ihre Gestalt auf dem Landschaftsbild. “Wo bin ich?” fragte sie und sah verwirrt um sich. “Cathy!”
    Für einen kurzen Augenblick sahen sie ein etwa acht Jahre altes Mädchen in einem rosafarbenen Musselinkleid, das vor etwa hundert Jahren modern gewesen sein mochte. Es hielt eine Puppe im Arm. “Danke”, sagte es laut und deutlich, legte die Puppe in Lauras Arme und löste sich in einem weißen Nebel auf.
    “Sie wird niemals wiederkommen”, flüsterte Laura. “Cathy und die anderen Mädchen sind jetzt erlöst.” Sie blickte zum Fenster. “Der Hexenmeister ist verbrannt”, fügte sie hinzu. “Nie wieder wird er einem Menschen ein Leid zufügen können, nie…” Erschöpft schlief sie ein.
    Roger nahm Camillas Hand. Er wandte sich an den Earl von Danemore. “Wir haben Ihnen eine Menge zu erzählen”, sagte er, “aber…”
    “Die Stallungen!” Mit zwei Schritten war der Earl am Fenster. Erst jetzt drang richtig in sein Bewußtsein
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