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Schleier der Traeume

Schleier der Traeume

Titel: Schleier der Traeume
Autoren: Lynn Viehl
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wegen. Hören Sie, das war ein Unfall, mehr nicht. Warum lassen wir die Sache nicht einfach auf sich beruhen und trennen uns friedlich?«
    »Sie haben mein Auto ruiniert. Sie haben keine Versicherung! So kommen Sie mir nicht davon!« Bernard begann zu tippen.
    »Schluss jetzt.« Dansant zückte sein Portemonnaie, musterte kurz den Wagen und drückte seinem Souschef ein Bündel Hunderter in die Hand. »Für den Schaden. Und dazu ein halber Monatslohn.«
    »Chef«, erwiderte Bernard und sah stirnrunzelnd auf das Geld, »heute ist kein Zahltag.«
    »Und ob. Sie sind gefeuert.
Adieu
, Bernard.« Dansant wandte sich dem Mädchen zu, das ihn sichtlich ungläubig ansah. Unbeeindruckt von Bernards Gemecker sagte er: »Sie sind verletzt, doch ich kann Ihnen helfen. Kommen Sie mit.«
    »Das wird schon wieder, danke.« Ihre Verletzungen schienen ihr keinerlei Sorgen zu bereiten. »Wer sind Sie?«
    »Jean-Marc Dansant. Mir gehört das Restaurant. Kommen Sie, Mademoiselle.« Er nahm sie am Arm, und als sie sich sträubte, wies er auf ihre Knie. »Schauen Sie doch – Sie bluten. Drinnen ist ein Verbandskasten.«
    »Ich bin Rowan.« Sie wandte den Kopf. »Mein Motorrad –«
    »Das klaut schon niemand, nicht in diesem Zustand«, versicherte er ihr.
    Rowan betrachtete die Hand auf ihrem Arm und sah ihm dann in die Augen. »Warum tun Sie das? Sie kennen mich doch gar nicht.«
    Sie hat Angst. Vor mir etwa?
    »
Oui
.« Ihm fehlten die Worte, ihr das zu erklären. Noch jedenfalls. Solange er nicht verstanden hatte, was ihn zu ihr zog. Egal, was es war – er konnte sie nicht in die Nacht verschwinden lassen. Er ließ sie los und überlegte, was er sagen sollte. »Aber das gebietet die Gastfreundschaft.«
    »Auf die ich normalerweise nicht angewiesen bin.« Sie blickte seufzend an sich herab. »Aber ich muss mich wirklich herrichten.«
    Er biss die Zähne zusammen, weil er sich unwillkürlich vorstellte, sie auszuziehen und zu waschen. »Dann kommen Sie bitte mit rein.« Diesmal bot er ihr die Hand, und nach einem langen, wortlosen Moment griff Rowan zu.
    »
Jamais dans ma vie
«, schimpfte Bernard ihnen nach, während Dansant das Mädchen durch die Küchentür ins Haus führte. »Das wird Ihnen noch leidtun. Ich bin der beste Souschef in –«
    Zum Glück fiel die schwere Stahltür ins Schloss, und Bernards Keifen war nicht länger zu hören.
    »Einen Moment, bitte.« Dansant ließ sie vor der langen Anrichte warten und holte den Verbandskasten aus dem Vorratsraum. Als er zurückkam, hatte sie ihre Jacke und die zerfetzten Handschuhe ausgezogen und wusch sich die Hände im Becken neben der Geschirrspülmaschine. Unter einem schwarzen T-Shirt trug sie ein langärmeliges weißes Thermohemd mit blutbefleckten Ärmelrändern.
    Zum ersten Mal fiel ihm auf, wie groß sie war – nur circa vier, fünf Zentimeter kleiner als er. Und dass ihr langer Leib bestens zu ihm passen würde. Er hatte noch nie mit einer Frau seiner Größe geschlafen. Und daraus würde auch nichts werden, wenn er sie hier weiter blutend in der Küche stehen ließ und sich seinen Fantasien hingab.
    »Lassen Sie mal sehen«, sagte er und stellte den Kasten auf die Anrichte.
    »Ist nicht weiter wild. Meine Handschuhe haben das Schlimmste verhindert.« Sie zeigte ihm ihre aufgeschürften Handflächen und sah dann an sich hinab. »Meine Knie haben allerdings ziemlich was abbekommen.«
    Dansant zog eine leere Kiste an den Tisch. »Setzen Sie sich.«
    Sie rührte sich nicht vom Fleck. »Danke, aber das schaff ich allein.«
    Er nahm ein paar Mullkompressen und ein Fläschchen Desinfektionslösung aus dem Verbandskasten. »Sie stehen noch unter Schock,
ma mûre

    Sie humpelte zur Kiste und setzte sich. »Sind Sie immer so nett zu Fremden?« Bevor er antworten konnte, fügte sie hinzu: »Ich verklage Sie schon nicht, falls Sie sich deshalb Sorgen machen.«
    Dass sie sich mit Blick auf ihn als Fremde empfand, verblüffte ihn. Kaum hatte er ihr Gesicht gesehen, hatte er sie erkannt – nicht, wer sie war oder warum sie jetzt zu ihm gekommen war, sondern alles, worauf es zwischen Mann und Frau ankam. Er brauchte bloß geduldig zu sein und zu warten, bis sie sich ihm hingeben würde. Dann würde er ihr zeigen, dass sie füreinander bestimmt waren.
    Spürt sie das denn nicht?
    »Das bereitet mir keine Sorgen«, erwiderte er, kauerte sich nieder und inspizierte ihre Knieverletzungen. »In den Wunden ist Schmutz. Vom Boden.« Er brauchte eine Schere, um die Hosenbeine abzuschneiden.
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