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Schleier der Traeume

Schleier der Traeume

Titel: Schleier der Traeume
Autoren: Lynn Viehl
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Mund und der eigensinnigen Kinnpartie.
    »Bernard«, sagte er scharf, um seinen Souschef zu stoppen, der auf Französisch – ihrer beider Muttersprache – unflätige Beschimpfungen ausstieß.
    Seine Stimme erregte für einen Moment die Aufmerksamkeit der jungen Frau, und er bemerkte, dass ihre Wimpern so waren wie ihre Haare: schwarz, dick und geschwungen. Und dass sie Augen rahmten, die eigentlich zu dunkel waren, um so leuchten zu können. Sie straffte sich, als erwartete sie noch mehr Ärger, und sah ihm dann ins Gesicht. Was immer sie darin auch erblicken mochte: Es veränderte ihre Körpersprache, und sie bewegte unwillkürlich die Beine, als wollte sie zu ihm kommen.
    Dansant begriff; die Gefühle, die in ihm aufstiegen, ließen nichts wichtiger erscheinen, als sofort zu ihr zu gehen. »Haben Sie sie umgefahren?«, fragte er Bernard, ohne ihn anzusehen.
    »Nein. Sie ist in meinen Wagen gekracht.« Er zeigte mit dem Finger auf das Motorrad. »Sehen Sie sich mal Stoßstange und Kühler an – die sind hinüber.« Dann wies er auf das Mädchen. »Das bezahlen Sie mir.«
    Bernard musste seine Forderung zweimal wiederholen, ehe das Mädchen reagierte und sich ihm zuwandte. »Den Teufel werde ich tun. Sie dürfen hier im Dunkeln gar nicht parken. Das ist verboten und gefährlich.«
    Sie reden zu hören verschlimmerte Dansants Lage noch. Ihre leise Stimme klang etwas rau, berührte seine Ohren aber wie eine Seidenschnur. Seide, ja, die stünde ihr besser als das jungenhafte Leder. Er stellte sich vor, sie meterweise in scharlachrote und goldene Stoffe zu hüllen, ihr die Bahnen um Leib und Glieder zu schlingen und sie so zu verknoten, dass seine und ihre Hände verbunden wären, und überall, wo er sie berührte, würde sie es doppelt spüren, am Leib und an den schmalen Fingern …
    Bei keiner Frau hatte er je solche Fantasien gehabt, stellte Dansant erschrocken fest. Nicht einmal bei den Frauen, die er verführen wollte.
    Wie brachte dieses Mädchen es fertig, dass er so etwas dachte? Sie hatte ihn kaum eines raschen Blicks gewürdigt, und doch war er drauf und dran, sie zu packen, ins Haus zu ziehen und auf der erstbesten Unterlage über sie herzufallen.
    Er holte tief Luft und hoffte, der Gestank in der Gasse würde ihn ernüchtern, atmete aber ein vertrautes Kupferaroma ein. Nun endlich nahm er mehr wahr als bloß Augen und Gesicht. Ihre Handschuhe waren zerfetzt, und durch Risse in ihrer Hose waren zerkratzte, blutige Knie zu sehen.
    Da lag sie verletzt und unter Schmerzen auf der Straße, und er hatte einzig daran gedacht, welche Lust sie ihm bereiten konnte. Er war nicht besser als der Dummkopf, der auf sie einschimpfte.
    »Ich arbeite hier«, rief Bernard jetzt. »Und ich parke hier jeden Abend. Pah!« Er zog seine Brieftasche und gab ihr eine Versicherungskarte. »Geben Sie mir Ihre.«
    »Ich bin nicht schuld. Jemand ist mir hinten draufgefahren.« Das Mädchen kümmerte sich nicht um die Karte, sondern humpelte zu ihrem Motorrad, das neben dem Auto lag, ging in die Hocke und fuhr mit der Hand erst über den einen Reifen, dann über den anderen. »Verdammt, beide geplatzt.«
    »Miss.
Miss
.« Weil sie nicht reagierte, stolzierte Bernard zu ihr. »Wir rufen bei der Versicherung an; sollen die entscheiden, wer zahlt.«
    Sie beugte sich zum Boden, um unter den Wagen zu schauen. »Ich hab keine.«
    Bernard tat es ihr nach. »Was sagen Sie da?«
    »Für das Motorrad.« Sie erhob sich und stützte sich mit einer Hand auf die Motorhaube des Volvos, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. »Ich hab keine Versicherung dafür.«
    »Dann muss
ich
also alles bezahlen? Wie bequem für Sie!« Auch Bernard erhob sich und zog sein Handy aus der Tasche. »Ich rufe jetzt die Polizei.«
    »Moment.« Nun konzentrierte sie sich ganz auf Bernard. »Das ist nicht nötig. Wir können das unter uns regeln.«
    Sie versuchte, freundlicher zu klingen, doch Dansant bemerkte zum ersten Mal ein wenig Angst in ihren Augen und ging rasch zu ihr.
    »Ich bin Franzose«, teilte Bernard ihr mit, ehe Dansant auch nur ein Wort sagen konnte. »Und ich bin nicht blöd. Ich durchschaue Ihr Spiel. Sie sind mit Absicht in meinen Wagen gerauscht, um mich zu zwingen, Ihnen Geld zu geben.«
    »Nein, Bernard«, sagte Dansant. »Es war offensichtlich ein Unfall.« Und wenn der Mann nicht bald die Klappe hielt, würde er ihn bewusstlos schlagen.
    Sein Souschef verschränkte die Arme. »Die zockt mich ab.«
    »Abzocken?«, fragte das Mädchen. »Von
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