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Schlangenhaus - Thriller

Schlangenhaus - Thriller

Titel: Schlangenhaus - Thriller
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Dachs, verletze ihn absichtlich, damit er sich nicht so schnell bewegen kann, und sperre ihn zusammen mit ein paar Hunden in einen geschlossenen Kampfring. Dann wettet man, wie lange der Dachs durchhält.
    Früher fanden diese Kämpfe normalerweise in den unterirdischen Bauen der Dachse statt, heutzutage jedoch werden die Tiere meistens mit Terriern aus dem Bau getrieben und heimlich zu speziell zu diesem Zweck ausgehobenen Gruben geschafft. Ländliche Gegenden sind als Austragungsort sehr beliebt, besonders wenn dort alte Bauernhöfe Zuflucht bieten, aber auch in der Nähe von Städten hat man Höhlen dieser
Art gefunden, auf Industriebrachen oder in verlassenen Lagerhäusern.
    Sollte der Dachs einmal gewinnen, wird er totgeschlagen. Drei Überlebende auf einmal vorzufinden, war äußerst ungewöhnlich, und ich konnte es mir nur damit erklären, dass der Kampf gestört worden war und die Übeltäter das Weite hatten suchen müssen.
    Unser Dachs befand sich bereits in einem stabilen, engmaschigen Käfig, so dass ich ihn nicht festhalten musste. Dachse sind ungeheuer stark, vollkommen unberechenbar und häufig sehr aggressiv. Außerdem haben sie einen außergewöhnlich kräftigen Kiefer. Man sollte sich nie – niemals – von einem Dachs beißen lassen. Im Verlauf der nächsten Stunde würde ich versuchen, seine Verletzungen zu verarzten, und ihn anschließend mit Schmerzmitteln vollpumpen. Danach war alles Weitere an ihm.
    »Haben die irgendwelche Hoffnungen, die Kerle zu kriegen?« , erkundigte ich mich, als das Tier auf dem Operationstisch lag und ich die Wunden an der Schnauze zu reinigen begann. Erleichtert stellte ich fest, dass die Verletzungen doch nicht so schlimm waren.
    »Nicht viel.« Craigs Stimme wurde durch den Mundschutz gedämpft. Rindertuberkulose ist im Südwesten Englands ziemlich verbreitet. Nicht alle Dachse sind infiziert, doch wenn wir sie behandeln, müssen wir sicherheitshalber einen Mundschutz tragen. »Sie haben das Kennzeichen von einem Lieferwagen und haben ihn bis nach Exeter zurückverfolgen können, aber die Autos von denen sind doch fast immer geklaut, nicht wahr?«
    Ich nickte. Wir hatten es hier mit organisierten Banden zu tun, die mit diesen illegalen Veranstaltungen einen Haufen Geld verdienten. Die waren mit allen Wassern gewaschen.
    Die Risswunden am Bauch des Tieres waren nicht so tief, wie ich anfangs befürchtet hatte, doch im späten Frühling können Fliegen, die sich auf offene Wunden setzen, zu einem ernsten
Problem werden. Ich spülte den Bauchbereich mit Desinfektions- und Insektenmittel. Waren die Wunden erst sauber, würde ich sie schnell nähen können.
    »Die Polizei hat einen toten Hund in der Grube gefunden«, berichtete Craig. »Einen Staffordshire-Terrier. Irgendjemandes kleiner Liebling.«
    Dieses Zittern hatte ich schon öfter in Craigs Stimme gehört. Er kam ohne Weiteres mit schwerkranken, grauenvoll verletzten Tieren zurecht, Tierquälerei jedoch war etwas anderes. »Wie machen Sie das, Clara? Wie schaffen Sie es, so ruhig zu bleiben?«, hatte er mich einmal unter Tränen gefragt, als wir ein Rehkitz einschläferten, dem eine Bande Teenager die Augen ausgestochen hatte. Er und die anderen Mitarbeiter hielten mich für kalt. Doch wie konnte ich ihnen beibringen, dass menschliche Gemeinheiten mich niemals überraschten? Seit ich denken konnte, hatte ich jeden Tag damit zu tun gehabt.
    Die Tür ging auf, und Harriet erschien. Ich sah ihren Gesichtsausdruck und machte mich innerlich darauf gefasst, zu hören, dass der andere Dachs tot war.
    »Clara, Sie müssen ans Telefon kommen«, sagte sie und verharrte in der Tür.
    Ich schüttelte den Kopf und hielt meine behandschuhten Hände hoch, die voller Blut und Borsten waren. »Ich bin in einer Stunde fertig«, erwiderte ich und wandte mich wieder meinem Patienten zu.
    »Clara, es ist Ihr Vater. Sie müssen wirklich rangehen.«
    Wieder sah ich sie an und begriff, was ihre feuchten Augen und der ängstliche Gesichtsausdruck tatsächlich zu bedeuten hatten. Also kein Dachs. Es war nicht der Dachs, der gestorben war.
    Ich löste den Mundschutz und zog einen Handschuh aus. Dann drückte ich den Hörer ans Ohr, hörte mir an, was mein Vater zu sagen hatte, und antwortete ihm, dass ich ihn später zurückrufen würde. Er redete immer noch, als ich auf den
kleinen Knopf drückte, der ihn abwürgte. Ich gab Harriet das Telefon zurück.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass der rechte Oberarmknochen gebrochen ist«, sagte
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