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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia
Autoren: Stephen King
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auf den Mann hatte, und selbst der war mehr als dürftig. »Nur durcheinander wegen des Unfalls. Er braucht ein paar Sekunden, bis er sich beruhigt hat …«
    »Frag ihn, was er da unter der Plane hat!«, schrie Ed plötzlich und deutete über Ralphs Schulter. Blitze zuckten, und einen Augenblick zeichneten sich die tiefen Narben von Eds Pubertätsakne als deutliches Relief ab wie eine seltsame organische Schatzkarte. Donner grollte. »Hey, hey, Susan Day!«, sang er mit einer hohen kindlichen Stimme,
bei der Ralph Gänsehaut auf den Unterarmen bekam. »How many kids did you kill today?«
    »Der ist nicht durcheinander«, sagte der Schwergewichtige. »Er ist verrückt. Und wenn die Polizei hier ist, werde ich dafür sorgen, dass er eingesperrt wird.«
    Ralph sah sich um, sein Blick fiel auf die blaue Segeltuchplane, die über die Ladefläche des Pick-ups gespannt war. Sie war mit hellgelben Schnüren festgebunden. Runde Formen zeichneten sich darunter ab.
    »Ralph?«, fragte eine zaghafte Stimme.
    Er sah nach links und erblickte Dorrance Marstellar - mit über neunzig locker der älteste der Harris Avenue Altsemester -, der unmittelbar hinter dem Pick-up des Schwergewichtigen stand. In seinen wächsernen, leberfleckigen Händen hielt Dorrance ein Taschenbuch, das er nervös knetete und dem Buchrücken so eine Spezialmassage verpasste. Ralph vermutete, dass es sich um einen Gedichtband handelte, denn etwas anderes hatte er den alten Dorrance nie lesen sehen. Vielleicht las er auch gar nicht; vielleicht hielt er die Bücher nur gern in Händen und betrachtete die kunstvoll aneinandergereihten Worte.
    »Ralph, was ist denn los? Was geht hier vor?«
    Über ihnen flammten weitere Blitze auf, ein purpur-weißes Fauchen von Elektrizität. Dorrance sah auf, als wüsste er nicht genau, wo er war, wer er war oder was er sah. Ralph stöhnte innerlich.
    »Dorrance …«, begann er, aber dann duckte sich Ed unter ihm durch wie ein wildes Tier, das nur stillgehalten hat, um wieder zu Kräften zu kommen. Ralph taumelte, dann stieß er Ed gegen die eingedrückte Haube seines Datsun zurück. Er verspürte Panik - wusste nicht, was
er als Nächstes tun sollte oder wie er es tun sollte. Zu viel spielte sich gleichzeitig ab. Er konnte spüren, wie die Muskeln in Eds Armen unter seinem Griff heftig vibrierten; es war fast, als hätte der Mann einen der Blitze verschluckt, die gerade über den Himmel zuckten.
    »Ralph?«, fragte Dorrance mit derselben ruhigen, aber besorgten Stimme. »Ich an deiner Stelle würde ihn nicht mehr anfassen. Ich kann deine Hände nicht sehen.«
    Na großartig. Noch ein Irrer, um den er sich kümmern musste. Das hatte ihm gerade noch gefehlt.
    Ralph betrachtete seine Hände, dann den alten Mann. »Wovon redest du, Dorrance?«
    »Deine Hände«, sagte Dorrance geduldig. »Ich kann deine Hände nicht …«
    »Das hier ist kein Ort für dich, Dor - warum haust du nicht ab?«
    Daraufhin erhellte sich die Miene des alten Mannes etwas. »Ja!«, sagte er im Tonfall von jemand, der gerade eine große Erleuchtung gehabt hat. »Genau das sollte ich tun!« Er machte sich auf den Rückweg, und als es das nächste Mal donnerte, zuckte er zusammen und hielt sich das Buch über den Kopf. Ralph konnte die hellroten Buchstaben des Titels sehen: Buckdancer’s Choice. »Das solltest du auch tun, Ralph. Du solltest dich nicht in langfristige Angelegenheiten einmischen. Dabei kann man sich immer verletzen.«
    »Was willst du …«
    Aber bevor Ralph zu Ende sprechen konnte, drehte ihm Dorrance den Rücken zu und schlurfte in Richtung des Picknickplatzes davon, während sein weißer Haarkranz - spinnfadendünn wie das Haar auf dem Kopf eines neugeborenen
Babys - von der Brise des aufziehenden Sturms zerzaust wurde.
    Ein Problem gelöst, aber Ralphs Erleichterung war nur von kurzer Dauer. Ed hatte sich vorübergehend von Dorrance ablenken lassen, aber jetzt sah er den Schwergewichtigen wieder an, als wollte er ihn mit seinem Blick erdolchen. »Fotzenlecker!«, spie er aus. »Du hast deine Mutter gefickt und ihre Fotze geleckt!«
    Der Schwergewichtige runzelte die enorme Stirn. »Was?«
    Ed sah wieder zu Ralph, den er jetzt zu erkennen schien. »Frag ihn, was unter der Plane ist!«, schrie er. »Oder noch besser, lass es dir von dem mörderischen Schwanzlutscher zeigen!«
    Ralph sah den schwergewichtigen Mann an. »Was haben Sie da drunter?«
    »Was interessiert Sie das?«, fragte der Schwergewichtige. Wahrscheinlich versuchte er,
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