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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia
Autoren: Stephen King
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zurückriss, wobei er seine Mütze verlor, kniete Nat sich vor sie hin und streichelte sie. »Hast du dich verirrt, Mädchen? Bist du allein rausgekommen? Das macht nichts, ich bring dich nach Hause.« Sie umarmte Rosie, ihre kleinen Ärmchen gingen durch die Arme von Atropos, ihr kleines, hübsches Gesicht war nur einen Fingerbreit von seinem hässlichen, grinsenden entfernt. Dann stand sie auf. »Komm mit, Rosie. Komm mit, Süße.«
    Als Nat losging, blieb Rosalie ihr unmittelbar auf den Fersen, drehte sich noch einmal zu dem grinsenden kleinen Mann um und winselte nervös. Auf der anderen Seite der Harris Avenue kam Helen aus dem Red Apple, und damit war die letzte Bedingung der Vision, die Atropos Ralph gezeigt hatte, erfüllt. Helen hielt einen Laib Brot in der Hand. Die Red-Sox-Mütze hatte sie auf dem Kopf.
    Ralph zog Lois in seine Arme und küsste sie innig. »Ich liebe dich von ganzem Herzen«, sagte er. »Vergiss das nicht, Lois.«
    »Das weiß ich«, sagte sie ruhig. »Und ich liebe dich. Darum kann ich nicht zulassen, dass du es tust.«

    Sie schlang Arme wie Eisenbänder um seinen Hals, und er spürte ihre Brüste an seinem Körper, als sie so tief Luft holte, wie sie nur konnte.
    »Geh weg, du elender kleiner Dreckskerl!«, schrie sie. »Ich kann dich nicht sehen, aber ich weiß, dass du da bist! Geh weg! Geh weg und lass uns in Ruhe!«
    Natalie blieb wie angewurzelt stehen und sah Lois mit großen, überraschten Augen an. Rosalie blieb neben ihr stehen und spitzte die Ohren.
    »Geh nicht auf die Straße, Nat!«, rief Lois ihr zu. »Geh nicht …«
    Dann hielten ihre Hände, die sie in Ralphs Nacken verschränkt hatte, plötzlich gar nichts mehr, ihre Arme, die einen unnachgiebigen Klammergriff bildeten, waren leer.
    Er hatte sich in Luft aufgelöst.

21
    Atropos sah in die Richtung, aus der der Warnschrei gekommen war, und erblickte Ralph und Lois auf der anderen Seite der Harris Avenue. Wichtiger als das war, dass Ralph ihn sehen konnte. Er riss die Augen auf und fletschte die Lippen zu einem hasserfüllten Fauchen. Eine Hand flog zu seinem kahlen Schädel, der von alten Narben bedeckt war, die er mit seinem eigenen Skalpell zugefügt bekommen hatte - die instinktiv schützende Geste kam fünf Jahre zu spät.
    [Hol dich der Teufel, Kurzer! Das kleine Biest gehört mir!]
    Ralph sah Nat, die Lois unsicher und überrascht anblickte. Er hörte, wie Lois ihr zurief, sie sollte nicht auf die
Straße gehen. Dann hörte er Lachesis, der ganz in der Nähe sprach.
    [Kommen Sie herauf, Ralph! Soweit Sie können! Schnell!]
    Er spürte den Krampf mitten in seinem Kopf, spürte das kurze Schwindelgefühl im Magen, und plötzlich wurde die ganze Welt hell und füllte sich mit Farben. Er spürte halb und sah halb, wie Lois’ Arme und verschränkten Hände an der Stelle in sich zusammenfielen, wo sich sein Körper noch vor einem Augenblick befunden hatte, und dann wich er vor ihr zurück - nein, wurde von ihr weggezogen . Er spürte den Sog einer gewaltigen Strömung und begriff benebelt: Wenn es so etwas wie den Höheren Plan gab, dann war er jetzt mit ihm verbunden und würde bald mit ihm stromabwärts gerissen werden.
    Natalie und Rosalie standen nun direkt vor dem Haus, das sich Ralph einmal mit Bill McGovern geteilt hatte, bevor er es verkauft hatte und in Lois’ Haus gezogen war. Nat sah zweifelnd zu Lois, dann winkte sie zögernd. »Alles in Ordnung, Lois - schau, sie ist hier bei mir.« Sie tätschelte Rosalies Kopf. »Ich bring sie sicher rüber, keine Bange.« Als sie auf die Straße trat, rief sie ihrer Mutter zu: »Ich kann meine Baseballmütze nicht finden! Ich glaube, jemand hat sie gestehlt!«
    Rosalie stand immer noch auf dem Bürgersteig. Nat drehte sich ungeduldig zu ihr um. »Komm schon , Mädchen!«
    Das grüne Auto fuhr auf das Kind zu, aber sehr langsam. Zuerst nahm sie es nicht als Gefahr wahr. Ralph erkannte den Fahrer sofort, und er zweifelte nicht an seinen Sinnen oder glaubte an eine Halluzination. In diesem Augenblick schien es völlig richtig zu sein, dass die allmählich
näher kommende Limousine von seinem ehemaligen Zeitungsjungen gefahren wurde.
    »Natalie!«, schrie Lois. »Natalie, nein!«
    Atropos schoss nach vorn und versetzte Rosalie Nr. 2 einen heftigen Schlag aufs Hinterteil.
    [Verschwinde, Köter! Geh schon! Bevor ich’s mir anders überlege!]
    Atropos schenkte Ralph einen letzten höhnischen Blick, als Rosie kläffend auf die Straße lief … und vor den Ford, den der
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