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Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schlaf süß im tiefen Grabe: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Stefan Holtkötter
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sonderbare Vertrautheit zwischen ihnen. Aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein.
    »Warum kommst du nicht nach Berlin zurück?«, fragte er.
    »Es gefällt mir hier«, sagte sie knapp. »Deshalb.«
    »Nach allem, was in den letzten Wochen passiert ist? Was genau gefällt dir bitte daran?«
    Sie schwieg. Da war wirklich nicht viel Schönes gewesen. Er hatte ja recht. Im Grunde wäre es das Vernünftigste, wieder zu gehen.
    »Ich verstehe immer noch nicht: Was willst du hier eigentlich, Sanna? Warum musste es Marienbüren sein?«
    »Ich wollte einfach aus Berlin weg. Ich hab’s da nicht mehr ausgehalten. Die Stadt, der Lärm, das alles eben. Und hier ist Tante Renate. Außerdem bin ich hier geboren. Deshalb eben Marienbüren. Das ist doch naheliegend.«
    Ihr Vater schien darüber nachzudenken. Spaziergänger kamen ihnen entgegen. Sonnenflecken tanzten auf dem Gehweg unter den Bäumen. Plötzlich zeigte sich der Sommer von seiner besten Seite.
    »Es ist wegen Jannis, nicht wahr?«, meinte er.
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte sie. Doch sie hörte selbst, wie lahm das klang.
    »Wir haben wohl versagt. Wir alle, als Familie. Deine Mutter und ich, wir hätten damals mehr für dich da sein müssen. Aber so sind wir eben, die Marquarts. Jeder von uns macht die Dinge lieber mit sich allein aus. Und dabei vergessen wir, dass es manchmal besser ist, sich gegenseitig zu stützen.«
    Sanna sagte nichts. Der Wehrturm der Burg rückte ins Blickfeld. Stolz ragte er in den Himmel. Eine Flagge ging steil im Wind. Wie viel Sicherheit diese alte Festung ausstrahlte.
    »Vielleicht kamen wir dir herzlos vor, nach allem, was in Kroatien passiert ist«, sagte er. »Wir hätten uns um dich kümmern müssen. Deine Mutter und ich … jeder war so sehr mit seiner Trauer beschäftigt, dass wir gar nicht gemerkt haben, wie verletzt du warst. Ich mache mir große Vorwürfe deswegen.«
    »Ach, Papa …«
    »Nein, sag jetzt nichts. Ich will dir ja nur sagen, wie sehr ich mich freuen würde, wenn du nach Berlin zurückkommen würdest. Meinetwegen als Feldenkrais-Lehrerin. Nur eben in unserer Nähe. Damit wir über die Vergangenheit sprechen können.«
    »Du hast deine Beziehungen spielen lassen, um mir eine Stelle in Potsdam zu besorgen«, sagte sie. Es hatte nach einem Vorwurf klingen sollen, aber ihre Stimme war dünn und wackelig.
    »Ich wollte dich damit nicht überrennen. Es ist nur ein Angebot. Du kannst es dir ja mal ansehen, ganz unverfänglich. Und dann kannst du immer noch entscheiden.«
    Plötzlich hielt sie es gar nicht mehr für so abwegig. Sie fragte sich, was so falsch daran wäre, wenn ihr Vater ihr eine Stelle besorgte. Dafür war eine Familie doch da.
    »Ich denk mal darüber nach, Papa«, sagte sie. »Ich will das aber nicht heute entscheiden.«
    »Du musst heute gar nichts entscheiden. Aber ich freue mich, wenn du es überhaupt in Erwägung ziehst.«
    Er blickte sie von der Seite an. »Vincent ist auf dem Weg hierher. Er ist mit dem Auto gefahren und steckt im Stau. Ich hab ihm gesagt, er soll den Zug nehmen, so wie ich. Aber er wollte nicht.«
    »Er ist eben in sein Auto verliebt«, sagte sie. »Selber schuld.«
    Er lächelte. »Er ist ein guter Junge. Es freut mich, dass ihr euch gefunden habt.«
    Sanna sagte nichts dazu. Ihr Vater sah auf die Uhr.
    »Ich muss langsam zurück zum Bahnhof. Zu blöd, dass ich nicht mehr Zeit habe.«
    »Ach was. Das ist schon in Ordnung. Du hättest gar nicht extra herkommen müssen.«
    »Doch, das musste ich. Ich wollte unbedingt sehen, dass es dir gut geht. Dafür hat es sich schon gelohnt. Du denkst über Potsdam nach, Sanna?«
    »Ja, das tue ich. Versprochen.«
    Sie kehrten zum Krankenhaus zurück. Ihr Vater nahm dort ein Taxi, das ihn zum Bahnhof brachte. Sanna betrat das Gebäude. Die Beklemmung kehrte zurück. Sie fragte sich, ob Jakob immer noch auf dem Operationstisch lag.
    Auf dem Weg zum Aufenthaltsraum kam ihr ein bekanntes Gesicht entgegen. Frau Schulte, die Kollegin von Jens Böttger, eilte durch den Korridor.
    »Frau Marquart! Das sind Sie ja. Ich habe Sie schon gesucht.«
    »Ist was passiert? Wie geht es Jakob?«
    Ihr Lächeln sagte bereits alles, was Sanna wissen musste. »Er hat die Operation gut überstanden.« »Sie haben ihn in ein künstliches Koma versetzt, um sein Gehirn zu schützen. Doch das Ärgste ist vorbei.«
    »Dann heißt das, er wird überleben?«, fragte Sanna.
    »Das kann man zwar noch nicht mit Sicherheit sagen.« Ihr Lächeln wurde zu einem
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