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Schlachthof 5

Schlachthof 5

Titel: Schlachthof 5
Autoren: Kurt Vonnegut
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gegenwärtigen Blüte entwickelte — und warum es die Aufmerksamkeit auf bleibende Denkmäler der Kunst lenkt, die seine Galerie zum Ziel derjenigen machen, die bleibende Eindrücke suchen.
     
    Einige Seiten weiter las ich etwas Geschichtliches:
    Im Jahre 1760 wurde Dresden von den Preußen belagert. Am fünfzehnten Juli begann die Beschießung der Stadt. Die Bildergalerie geriet in Brand. Viele Bilder waren nach Königstein gebracht worden, aber einige wurden ernstlich von Granatsplittern beschädigt — besonders Francias »Taufe Christi « . Außerdem stand der schlanke Turm der Kreuzkirche, von dem aus die Bewegungen des Feindes Tag und Nacht beobachtet worden waren, in Flammen. Er stürzte später ein. In starkem Gegensatz zu dem traurigen Schicksal der Kreuzkirche stand die Frauenkirche, von deren Rundungen des steinernen Kirchenschiffs die Granaten der Preußen wie Regen abprallten. Friedrich mußte schließlich die Belagerung aufgeben, als er den Fall von Glatz erfuhr, des kritischen Punktes seiner neuen Eroberungen. » Wir müssen fort nach Schlesien, damit wir nicht alles verlieren. «
    Die Verwüstung der Stadt war grenzenlos. Als Goethe Dresden als Student besuchte, fand er noch immer traurige Ruinen: »Von der Kuppel der Frauenkirche sah ich diese leidigen Trümmer zwischen die schöne städtische Ordnung hineingesät; da rühmte mir der Küster die Kunst des Baumeisters, welcher Kirche und Kuppel auf einen so unerwünschten Fall schon eingerichtet und bombenfest erbaut hatte. Der gute Sakristan deutete mir alsdann auf Ruinen nach allen Seiten und sagte bedenklich lakonisch: Das hat der Feind gethan! «
     
    Die zwei kleinen Mädchen und ich überquerten am nächsten Morgen den Delaware an der Stelle, wo George Washington ihn überquert hatte. Wir gingen zu der New-Yorker Weltausstellung und sahen, wie die Vergangenheit in den Augen der Ford-Automobil -Gesellschaft und von Walt Disney ausgesehen hatte und wie die Zukunft laut General Motors sein würde.
    Und ich fragte mich hinsichtlich der Gegenwart:
    Wie weit reichte sie wohl, wie tief war sie, wieviel davon war an mir, um es zu bewahren.
    Danach lehrte ich zwei Jahre in der berühmten Schriftstellerwerkstatt an der Universität von Iowa schöpferische Schriftstellerei. Ich geriet in eine wahrhaft wundervolle Patsche, kam aus ihr wieder heraus.
    Ich lehrte nachmittags. Vormittags schrieb ich. Ich wollte nicht gestört werden. Ich arbeitete an meinem berühmten Buch über Dresden.
    Und irgendwo damals schloß ein netter Mann namens Seymour Lawrence einen Vertrag über drei Bücher mit mir ab, und ich sagte: »Okay, das erste von den dreien wird mein berühmtes Buch über Dresden sein. «
    Die Freunde von Seymour Lawrence nennen ihn »Sam « . Und ich sage nun zu Sam: »Sam — hier ist das Buch. «
    Es ist so kurz, wirr und schrill, Sam, weil über ein Blutbad sich nichts Gescheites sagen läßt. Von jedermann wird angenommen, daß er tot ist, nie wieder etwas sagt oder etwas will. Man erwartet, daß nach einem Blutbad alles sehr still ist — und das ist es auch, abgesehen von den Vögeln.
    Und was sagen die Vögel? Alles, was über ein Blutbad zu sagen ist, Dinge wie »Ki-witt, Ki-witt « ? Ich habe meinen Söhnen gesagt, daß sie unter keinen Umständen an Massakern teilnehmen sollen und daß sie die Nachricht von einem Blutbad des Feindes nicht mit Befriedigung oder Freude erfüllen soll.
    Ich habe ihnen auch gesagt, daß sie nicht für Firmen arbeiten sollten, die Massenvernichtungsmittel herstellen, und daß sie der Verachtung für Leute Ausdruck geben, die der Ansicht sind, daß wir eine solche Maschinerie brauchen.

    Wie gesagt: Ich ging unlängst mit meinem Freund O'Hare noch einmal nach Dresden. Wir fanden millionenfachen Grund zum Lachen in Hamburg und Westberlin und Ostberlin, in Wien und Salzburg und Helsinki und auch in Leningrad. Das war sehr gut für mich, denn ich sah eine Menge authentischer Hintergründe für erfundene Geschichten, die ich später schreiben will. Eine davon wird Russisches Barock und eine andere Küssen verboten heißen, und wieder eine andere Dollarbar und noch eine andere Wenn der Zufall es will und so weiter.  Und so weiter.
     
    Es gab eine Lufthansa-Maschine, die von Philadelphia nach Boston und Frankfurt flog. O'Hare sollte in Philadelphia und ich in Boston an Bord gehen, und dann würden wir losfliegen. Aber Boston fiel aus, daher flog die Maschine von Philadelphia direkt nach Frankfurt. Und ich wurde eine
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