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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste
Autoren: Thomas Keneally
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Südamerika zu übersiedeln. Zwar besaß er keinen Pfennig, doch das Joint Distribution Committee, mit dem Schindler ja während des Krieges Kontakt gehalten hatte und das über ihn im Bilde war, half ihm. 1949 erhielt er eine Gratifikation von 15 000 Dollar und eine Empfehlung vom Vorsitzenden des Exekutivrates:
    »Das American Joint Distribution Committee hat die Tätigkeit von Mr. Schindler während des Krieges und der Besatzungszeit genauestens überprüft… wir bitten alle Personen und Organisationen, an die Mr. Schindler sich wenden sollte, angesichts seiner außerordentlichen Verdienste, ihm die größtmögliche Unterstützung zu gewähren…
    Unter dem Vorwand, ein Zwangsarbeiterlager zunächst in Polen und später im Sudetenland zu betreiben, gelang es Mr. Schindler, jüdische Männer und Frauen als Arbeitskräfte aufzunehmen und zu schützen, die andernfalls in Auschwitz und anderen Lagern den sicheren Tod gefunden hätten… Laut Aussagen von Überlebenden war Schindlers Lager in Brünnlitz das einzige in besetzten Gebieten, wo Juden weder getötet noch geschlagen, sondern als menschliche Wesen behandelt wurden.
    Nun, da auch er vor einem neuen Anfang steht, wollen wir ihm helfen, wie er zuvor unseren Brüdern geholfen hat.«
    Nach Argentinien nahm er ein halbes Dutzend Familien seiner Schindlerjuden mit und bezahlte für mehrere die Überfahrt. Dann ließ er sich mit seiner Frau in der Provinz Buenos Aires nieder und betrieb fast zehn Jahre lang seine Nutriazucht. Überlebende, die ihn in jenen Jahren nicht selbst gesehen haben, können sich ihn bei dieser Tätigkeit kaum vorstellen, denn eine so eintönige Arbeit paßte eigentlich nicht zu ihm. Manche meinen, daß die Emalia und auch Brünnlitz erfolgreich operieren konnten, sei in hohem Maße auf die Geschicklichkeit von Leuten wie Stern und Bankier zurückzuführen gewesen, und daran ist wohl etwas Wahres. In Argentinien fehlte ihm diese Hilfe, sieht man einmal davon ab, daß seine Frau nicht nur tüchtig war, sondern auch nüchtern und sachverständig. Es stellte sich in diesen Jahren aber heraus, daß die Pelze gezüchteter Tiere nicht die Qualität wild lebender, eingefangener Nutria erreichten, und nicht nur Schindler mußte seine Zucht schließen, sondern auch andere Züchter. Schindlers zogen 1957 nach San Vicente, einer Vorstadt von Buenos Aires, in ein Haus, das ihnen die B’nai B’rith zur Verfügung stellte, und Schindler versuchte sich eine Weile als Handelsvertreter, kehrte aber nach Ablauf eines Jahres zurück nach Deutschland. Seine Frau blieb in Südamerika.
    Schindler bewohnte nun in Frankfurt eine kleine Wohnung und bemühte sich um Kapital zum Erwerb einer Zementfabrik. Zu diesem Zwecke hoffte er auf Zahlungen aus dem Lastenausgleich für sein in den Ostgebieten verlorenes Eigentum, doch wurde nichts daraus.
    Manche seiner Freunde meinen, die deutschen Behörden hätten ihn absichtlich um seine Ansprüche gebracht, doch scheint es, als sei er eher an Formfehlern gescheitert, denn in dem Briefwechsel mit den Behörden findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß die Bürokratie ihm ein Bein gestellt hätte. Das Kapital für seine Zementfabrik bekam er dann teils vom Joint Distribution Committee, teils »liehen« ihm Schindlerjuden Geld, die es in Westdeutschland unterdessen zu Wohlstand gebracht hatten. Aber schon 1961 machte Schindler wiederum bankrott. Zum Teil lag dies wohl daran, daß er wegen der über den Winter ruhenden Bauarbeiten Absatzschwierigkeiten hatte, doch Freunde geben auch Schindlers Rastlosigkeit, seiner Abneigung gegen die tägliche Büroarbeit daran die Schuld.
    Nun wurde er von den in Israel lebenden Schindlerjuden, die von seinem Mißgeschick gehört hatten, nach Israel eingeladen. Eine Anzeige in der dortigen polnischsprachigen Presse forderte alle ehemaligen Brünnlitzer auf, sich zu melden, und Schindler wurde in Tel Aviv ungemein herzlich empfangen, insbesondere von den Kindern seiner Überlebenden. Er hatte erheblich zugenommen, das Gesicht war fülliger geworden, doch erkannten seine Gastgeber auf Gesellschaften und Empfängen mühelos in ihm den unverwüstlichen alten Schindler.
    Zwei Bankrotte hatten seinem Witz und Charme und vor allem seinem unstillbaren Durst nichts anhaben können.
    Sein Besuch fiel in die Zeit des Prozesses gegen Eichmann, und so nahm denn auch die israelische Presse Notiz von ihm. Am Vorabend des Prozeßbeginns verglich der Korrespondent der Londoner Daily Mail die Laufbahn dieser
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