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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste
Autoren: Thomas Keneally
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hervorlugten und von Nonnen aus dem Lager geführt wurden, und auf fast allen diesen Bildern war ihr Richard zu sehen. Laut schreiend stürzte sie aus dem Kino. Es stellte sich dann heraus, daß Richard von den Russen an eine jüdische Hilfsorganisation übergeben und zur Adoption freigegeben worden war, weil man annahm, alle seine Angehörigen seien ermordet worden. Die Adoptiveltern waren mit der Familie Horowitz bekannt, und seine Mutter holte ihn ab. Nun war er wieder bei ihr, doch die Galgen, die er in Plaszow und Auschwitz gesehen hatte, versetzten ihn beim Anblick von Schaukeln auf einem Kinderspielplatz in Angstzustände.
    Schindler meldete sich mit seinen Begleitern bei den amerikanischen Behörden in Linz; sie ließen den reparaturanfälligen Sanka stehen und wurden in einem Lastwagen nach Nürnberg gebracht, in eine Sammelstelle für ehemalige KL-Häftlinge. Wie sie schon erwartet hatten, war es mit der Befreiung keine ganz einfache Sache.
    Richard Rechen hatte in Konstanz eine Tante, und deren Adresse gaben sie an, als man sie fragte, ob sie irgendwohin wollten. Die acht jungen ehemaligen Brünnlitzer wollten Schindlers über die Schweizer Grenze bringen, weil sie fürchteten, die beiden könnten selbst in der amerikanischen Zone Opfer irgendeiner ungerechtfertigten Strafmaßnahme werden.
    Überdies wollten alle acht auswandern, und sie glaubten, das aus der Schweiz leichter zu können.
    Reubinski berichtet, daß die Amerikaner in Nürnberg durchaus freundlich gewesen seien, für den Weitertransport nach Konstanz aber nicht sorgen wollten. So legten sie denn die Strecke auf eigene Faust zurück, teils zu Fuß, teils mit der Bahn.
    Unweit von Ravensburg machten sie die Bekanntschaft des Kommandanten eines amerikanischen Gefangenenlagers und blieben ein paar Tage als dessen Gäste bei ihm, bekamen gut und reichlich zu essen und erzählten von ihren Erlebnissen in Plaszow und Groß-Rosen, Auschwitz und Brünnlitz und auch von Göth.
    Sie hofften, er werde sie nach Konstanz bringen, und tatsächlich ließ er sie mit einem Bus dorthin befördern, gab ihnen auch Nahrungsmittel mit auf den Weg.
    In Kreuzungen angekommen, besorgten sie sich eine Drahtschere. Die Grenze verlief in Form eines Drahthindernisses mitten durch den Ort und wurde auf deutscher Seite von französischer Militärpolizei bewacht. Bei dem Versuch, den Draht zu zerschneiden und ungesehen in die Schweiz überzutreten, wurden sie von einer Frau beobachtet, welche die Grenzwachen alarmierte. Sie standen nun zwar in der Schweiz, wurden dort aber sogleich festgenommen und auf die deutsche Seite zurückgebracht. Die Franzosen filzten sie, nahmen ihnen Geld und Diamanten weg und sperrten sie getrennt ins deutsche Gefängnis.
    Reubinski war klar, daß man sie verdächtigte, desertierte KL-Wachmannschaften zu sein, denn sie trugen immer noch die gestreiften Kittel. Dank der guten Ernährung durch die Amerikaner wirkten sie aber keineswegs mehr wie ausgehungerte Häftlinge. Man vernahm sie einzeln, wollte wissen, wie sie gereist waren, woher ihre Wertsachen stammten.
    Selbstverständlich konnte jeder eine plausible Geschichte erzählen, doch wußte keiner, was die anderen gesagt hatten. Es scheint, daß sie erwarteten, die Franzosen würden, anders als die Amerikaner, Schindler in jedem Fall anklagen. Da sie deshalb mit ihren Aussagen zugunsten von Schindler, wie sie meinten, zurückhaltend waren, blieben sie eine Woche in Haft.
    Schindler und seine Frau waren unterdessen in religiösen Dingen genügend informiert, um einschlägige Fragen zu beantworten, doch Schindlers ganzes Auftreten und seine körperliche Verfassung machten es unglaubhaft, daß er noch bis vor kurzem ein Gefangener der SS gewesen sein sollte, und unglückseligerweise war das ihm übergebene Empfehlungsschreiben in hebräischer Sprache bei den Akten der Amerikaner in Linz.
    Reubinski galt als Anführer der Gruppe und wurde am häufigsten vernommen.
    Am siebenten Tage seiner Inhaftierung stellte man ihn einem Zivilisten gegenüber, der polnisch sprach und darüber urteilen sollte, ob Reubinski, wie er behauptete, wirklich aus Krakau stammen könne. Reubinski sperrte sich jetzt nicht länger, sondern erzählte offen die ganze Geschichte.
    Die anderen wurden einer nach dem anderen hereingerufen, erfuhren, daß Reubinski gestanden habe, und wurden aufgefordert, nun ihrerseits auszupacken. Das endete mit einer allgemeinen Umarmung und Tränen der Rührung seitens des französischen
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