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Schimmer (German Edition)

Schimmer (German Edition)

Titel: Schimmer (German Edition)
Autoren: Ingrid Law
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Fehler.«  
    Mommas Gesicht wurde angespannt, dann verzerrt, als sie versuchte nicht zu weinen. »O Mibs«, sagte sie und zog mich wieder an sich. »Ich kann furchtbar vollkommene Fehler machen.«
    Rocket ließ den Kopf hängen und starrte zu Boden, seine Fingerknöchel traten weiß hervor und er biss die Zähne zusammen; die Lampen im Wartezimmer flackerten einmal kurz, brannten jedoch nicht durch.  
    »Jetzt könnt ihr euch verabschieden«, sagte Momma, ließ mich los und trocknete sich die Augen. »Dann gehen wir hoch zu Poppa.«  
    »Ich will jetzt sofort gehen«, sagte Fish drängend, hob Gypsy hoch und fasste Momma am Arm.  
    Doch Momma ließ sich nicht mitziehen. Gedankenverloren strich sie Fish durch das wirre Haar und sagte: »In den nächsten zwei Minuten wird sich nichts verändern, Fish. Du kannst dich von deinen Freunden verabschieden.«  
    Da hörte ich ein heftiges Schluchzen. Miss Rosemary stand da und versuchte die Tränen zurückzuhalten. Sie tupfte sich die Augen mit einem Taschentuch und drückte abwechselnd Will und Bobbi an sich, während Pastor Meeks die Augen geschlossen und die Hände gefaltet hatte; er sah aus, als spräche er ein stilles, inniges Dankgebet.  
    Bill war mit uns ins Wartezimmer gekommen, er hatte sich während des bewegten Familientreffens etwas abseits gehalten – und aufmerksam zugeschaut, wie Miss Rosemary Will mit seinem blauen Auge betüddelte wie eine Glucke. Doch als Pastor Meeks mit seinem Gebet fertig war und die Augen aufschlug, streckte er eine Hand aus, schüttelte kräftig Bills Hand, schlug ihm herzlich auf den Rücken und zog ihn in die Gruppe.  
    Sobald sich eine Gelegenheit bot, löste Bobbi sich von ihrer Mutter und rückte lächelnd näher zu Rocket hinüber, und sie sah, wie sein aufgeladenes T-Shirt an seinem Körper klebte. Rocket bemerkte Bobbis Lächeln sofort und brachte trotz allem ein halbes Lächeln in ihre Richtung zustande. Ich dachte daran, wie Bobbi im Pool über meinen Bruder geredet hatte, und schaute hin, um zu sehen, was sie jetzt wohl machte.  
    »Hi, Rocket«, sagte Bobbi, strich sich den Pony aus den Augen und verlagerte das Gewicht auf eine Hüfte.  
    »Hi, Bobbi«, sagte Rocket mit einem Nicken, und ein einzelner blauer Funken sprühte von seinen Fingerspitzen.  
    Die anderen bemerkten den Funken nicht, aber Bobbi sah ihn sehr wohl. Sie lächelte noch breiter und zog die Augenbrauen hoch, nahm den Kaugummi aus dem Mund und pappte ihn an die Rückenlehne des erstbesten Stuhls, ohne meinen ältesten Bruder aus den Augen zu lassen, als wäre sie drauf und dran ihn auf der Stelle zu küssen, solange die Gelegenheit günstig war.  
    Doch ehe Bobbi noch etwas sagen oder tun konnte, hatte Miss Rosemary sie am Arm gepackt und von uns weggezogen. Miss Rosemarys Tränen versiegten wie ein Wasserhahn, der zugedreht wird, und sie schimpfte: »Du hast so schon Ärger genug, Roberta. Bring dich nicht noch mehr in Schwierigkeiten.« Dann sah sie uns Beaumonts an, als wären wir Engel des Teufels, dazu ausgesandt, ihre Kinder vom rechten Weg abzubringen.  
    Der glänzende goldene Minivan wartete vorm Krankenhaus, und jetzt wollte Miss Rosemary nur noch die alte Ordnung in ihrem Leben wiederherstellen und sich mit Bobbi und Will im Schlepptau wieder auf den Weg nach Hebron machen.  
    Lester und Lill standen breit lächelnd in der offenen Bustür und schauten sich das Familientreffen durch die Glastür des Krankenhauses an. Lester stand hinter Lill auf der Treppe, die Hände auf ihren Schultern, und ich brauchte die beiden nur anzusehen, um zu wissen, dass es ihnen gutgehen würde. Aber ich hoffte sehr, so sehr, dass ich sie eines Tages wiedersehen würde. Es wäre mir nicht richtig vorgekommen, wenn nicht.  
    Ich hatte es bis nach Salina geschafft, endlich war ich da. Trotzdem hatte ich ein Gefühl in der Brust, als bräche mein Herz entzwei, als würde es sich in eine große Melone verwandeln, die sich jeden Moment in kleine wässrige Klumpen auflösen konnte. Ich fühlte mich zerrissen und es kam mir verkehrt vor, mich so plötzlich von all meinen neuen Freunden zu trennen. Ich konnte Bobbi und Will nur nachwinken, als Miss Rosemary sie aus dem Krankenhaus zerrte.  
    Kurz bevor die Schiebetür zuging, erhaschte Will noch schnell meinen Blick. Mir fiel ein, dass ich ihn nächsten Sonntag in der Kirche wiedersehen würde, das hoffte ich jedenfalls – ich hoffte, dass man nicht aus der Kirche fliegen konnte, weil man
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