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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Joy Fraser
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die Bäume. Sie mussten in seinem Baum übernachtet haben. Wieder ganz auf die Situation konzentriert, blickte er auf das Blätterdach unter ihm, und Schweiß rann in Strömen über sein verkrampftes Gesicht. Das Ast- und Blättergewirr würde seinen Fall abbremsen, so hoffte er. Der Boden war bestimmt etwas nachgiebig, und außerdem hatte er keine andere Wahl.
    „Springen oder hier oben verrotten?“, fragte er die giftgrüne Schlange, die sich in diesem Moment von oben abseilte und mit ihrer zischelnden Zunge direkt vor seinen Augen sanft hin- und herschaukelte.
    „Überredet!“
    Er stürzte schnell, zu schnell. Verzweifelt versuchte er, sich an vorbeikommenden Ästen festzuklammern, riss sich dabei die Handflächen auf, sein verletztes Bein hing schlaff an ihm herunter, unfähig, es einzuziehen oder irgendwie zu navigieren, prallte es immer wieder gegen Äste, so dass er laut aufschreien musste.
    Das sind mindestens zehn Meter, schoss es ihm durch den Kopf. Ich muss total verrückt sein! Der Aufprall muss bald kommen, ich muss mich herumrollen, nur nicht mit dem Kopf voran ...
    Mit einem Schlag, der ihm die Luft aus den Lungen presste, krachte er mit dem Rücken auf den doch nicht so weichen Boden.
    Er stöhnte. Erleichterung und Schmerz vernebelten ihm die Sinne. Geschafft. In letzter Sekunde hatte er den Kopf hoch genommen. Erschöpft schloss er die Augen und kämpfte mit der erneut aufsteigenden Übelkeit. Okay Junge, jetzt darfst du ruhig in Ohnmacht fallen, sagte er sich, und prompt senkte sich erlösende Dunkelheit über sein Bewusstsein.
     
    *
     
    „Anette!“, rief ich in die schwarze Halle des Tempels und war mehr als erleichtert, als ich eine Antwort bekam.
    „Ihr könnt reinkommen. Alles okay hier.“
    „Los, gehen wir“, sagte ich, jetzt selbst vom Forscherdrang gepackt.
    Ich betrachtete das Tor genauer. Was für ein Mechanismus hatte es geöffnet? Ich sah keine Scharniere oder Ähnliches. Zögerlich betraten wir das Innere und standen in einer Art Vorraum. Die Steinwände waren trocken. Ich strich die Schimmeltheorie. Reliefs zierten die Wände, ein Hauptgewinn für Archäologen. Es roch nach abgestandener Luft, Stein und Erde. Am anderen Ende des Raumes erkannte ich einen Durchgang. Das Licht von draußen reichte gerade, um ihn zu erahnen.
    „Hier hinten bin ich“, rief Anette.
    Ihre Stimme drang gedämpft zu uns. Langsam betraten wir den zweiten Raum. Hier war es stockdunkel, und wir zuckten zusammen, als Anette ihr Feuerzeug entzündete.
    Der Raum war mit noch schöneren Reliefs verziert, die anscheinend eine Geschichte darstellten.
    „Hier in der Mitte, seht euch das an.“
    Anette deutete auf einen etwa einen Meter hohen Steinquader, der in der Mitte stand. Sonst befand sich nichts in dem Raum. An der Rückwand war eine Tür zu sehen, aber sie war durch Geröll blockiert. Wir wandten unsere Aufmerksamkeit dem Steinquader zu, auf dem ein Gegenstand ruhte. Ich betätigte mein Feuerzeug, da Anette sich an ihrem bereits die Finger verbrannt hatte.
    „Das sieht aus wie ein Kristall“, staunte Barbara.
    Von der Größe eines Faberget-Eies saß ein glasklarer Kristall mit vielen geschliffenen Facetten in einer Ausbuchtung im Gestein.
    „Der ist wunderschön“, sagte Karin.
    „Und sicher wertvoll“, meinte Anette und streckte die Hand danach aus.
    „Halt!“, rief ich, von Entsetzen gepackt.
    Sie hielt inne, und alle drei starrten mich an.
    „Hast du noch nie einen Abenteuerfilm gesehen?“
    „Ach ja, du meinst Artefakte, die man stehlen will, führen immer zum Einsturz der ganzen Umgebung“, dozierte Karin mit erhobenem Zeigefinger.
    „Das weiß doch jedes Kind“, betonte Barbara mit einem Kopfnicken.
    Anette wollte etwas erwidern, wurde aber von einem merkwürdigen Summen abgelenkt, das aus dem Kristall zu kommen schien. Wir hatten nicht bemerkt, dass der Kristall zu leuchten angefangen hatte. Ich hatte längst unbewusst den Daumen von meinem Feuerzeug genommen. Der Kristall schimmerte erst rosa, dann bläulich, ging ins Türkise über und wurde leuchtend rot.
    „Was ist denn das?“ Barbara formulierte die Frage für alle.
    „Keine Ahnung, aber ist es nicht wunderschön?“ Karin berührte den Lichtkreis um den Kristall herum vorsichtig mit der Fingerspitze. „Es fühlt sich ganz warm an“, ermunterte sie uns. „Und es kribbelt.“
    Warm und kribbelnd, das kam mir bekannt vor. Langsam legten wir alle einen Finger auf den Kristall.
    Schlagartig wurde mir schwindelig,
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