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Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Schimmer der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schimmer der Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Joy Fraser
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Anettes Gesicht begann zu verschwimmen. Ich hörte Stimmen durcheinander sprechen, ohne sie zu verstehen, sah Bilder vor meinem geistigen Auge, die ich nicht verstand, und Situationen, die ich nie erlebt hatte, drehten sich in meinem Kopf wie ein Wirbelsturm. Große, dunkle Mauern, fremde Menschen in seltsamer Kleidung, Pferde, das Gesicht von Jack, dem Piloten. Ich taumelte nach hinten und fiel. Ich fiel und fiel ins Bodenlose, und mein Schrei verhallte im Nichts.
     
    *
     
    Schmerzen, er fühlte nur Schmerzen. Die Ohnmacht war kurz, und jetzt kam die Realität wieder, mit ihrer ganzen Härte. Er versuchte sich aufzusetzen. Die zerrissenen Jeans über seinem gebrochenen Bein verbargen noch immer das Ausmaß der Verletzung. Die Zähne fest zusammenbeißend, packte er die Hose entschlossen und riss sie mit beiden Händen auseinander. Heftig atmend und mit allem rechnend, öffnete er die Augen und sah beherzt hin.
    Von Erleichterung übermannt, ließ er sich nach hinten fallen. Entgegen seinen Erwartungen ragte kein spitzer Knochen aus dem Fleisch, obwohl es sich so anfühlte. Das Bein war äußerlich nicht einmal verletzt, es hatte sich aber über das ganze Schienbein blaugrün verfärbt, und der Knochen war gebrochen, das stand außer Frage. Es bereitete ihm die größte Anstrengung seines Lebens aufzustehen. Bei dem Versuch aufzutreten trat ihm der Schweiß aus allen Poren, und er fluchte deftig, wovon er sich eine gewisse Erleichterung versprach.
    Schwer atmend verlagerte er sein Gewicht auf das linke Bein und hielt sich mit der Hand an Schlingpflanzen fest. Mit Hilfe seines Messers schnitt er ein paar dünne, lange Schnüre ab, wobei er aufpassen musste, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ein stabiler Ast diente ihm als Beinschiene, die er mit den Lianen umwickelte. Die Kraftanstrengung war so groß, dass er beim Zubinden der Enden beinahe wieder ohnmächtig geworden wäre. Der Ast an seinem Bein behinderte ihn noch mehr, doch ohne ihn schmerzte jede winzige Bewegung höllisch.
    Wo war nur das Flugzeug? Wo waren seine Passagiere? Sie werden in der Nähe sein, dachte er, ich muss sie finden.
    Vom Schrei eines Tieres erschreckt, wandte er den Kopf nach links und sah etwas Farbiges durch das Gestrüpp leuchten. Er stutzte, war das ein Mensch? Oh mein Gott, bitte lass es nicht eine der Frauen sein.
    Er bückte sich, so gut er es mit dem verletzten Bein vermochte, und stellte fest, dass es für einen Menschen zu klein war. Jack schluckte schwer, und versuchte seinen rasenden Puls unter Kontrolle zu bringen. Gott sei Dank, keine Leiche.
    Mit einiger Mühe beförderte er einen roten Rucksack ans Tageslicht. Es musste sich um ein Gepäckstück seiner Passagiere handeln.
    Hitze stieg ihm ins Gesicht. Lebten sie noch? Wo war bloß sein Flugzeug? Wenn er das Funkgerät erreichen könnte ... er verwarf den Gedanken nach einem kurzen Rundblick. Unmöglich, in diesem Dickicht das Flugzeugwrack zu finden. Es ärgerte ihn maßlos, dass er keine Zeit mehr gehabt hatte, seine Position durchzugeben.
    Schwerfällig setzte er sich auf den Boden und begann den Inhalt des Rucksackes zu untersuchen. Er fand eine Plastikflasche mit Mineralwasser. Mit einem Ausruf der Freude setzte er sie an und trank ein Drittel davon aus. Mit dem Handrücken wischte er sich den Mund ab und fühlte sich gleich besser. Frauen, dachte er. Denken immer an das Nötigste, das musste man ihnen lassen. Er freute sich außerdem über eine Packung Butterkekse und einen Apfel wie noch nie zuvor in seinem Leben. Kauend schüttete er den gesamten Inhalt des Rucksackes auf den Boden.
    Lauter Weiberkram. Eine Bürste, ein Päckchen Papiertaschentücher, Sonnenbrille, ein kleines Schminktäschchen, ein kleiner Spiegel, Kreislauftropfen, „Reiseführer Yukatan“, Aspirin, eine Brieftasche und ein Päckchen mit Kaugummis gegen Reiseübelkeit.
    Reiseübelkeit?
    Ein heißer Schauer durchlief ihn. Es war ihr Rucksack. Sie war ihm sofort aufgefallen, ungewöhnlich groß, langes goldenes Haar, das ihr in Locken ums Gesicht fiel. Sie hatte ihn aus großen, blauen Augen angesehen. Sie war die Sorte Frau, die aus einem Mann einen kompletten Idioten machen konnte, ohne dass er es merkte. Ihre Flugangst hatte ihre intensive Ausstrahlung nur noch verstärkt. Weiß wie eine Kalkwand hatte sie das Flugzeug betreten und sich dennoch enorm zusammengerissen. Und er hatte ihre schlimmsten Befürchtungen wahr werden lassen. Wahrscheinlich hielt sie ihn sowieso für einen Macho, und
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