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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Melanie Metzenthin
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stiegen über Heiligenhafen hoch in den Himmel auf. Noch immer drang das Krachen vereinzelter Explosionen über das Meer, aber vermutlich waren inzwischen so gut wie alle Pulverladungen losgegangen. Ob sie wie geplant viele Dänen mit ins Verderben gerissen hatten? Oder hatten sie sie nur um ihre Beute gebracht? Brida dachte an Kalle, an Willem und die Männer von der Stadtwache. Hatten sie sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht? Bestimmt. Kalle kannte die Gegend wie kein Zweiter, und die Männer von der Stadtwache wollten zu Pferd nach Cismar, sobald ihre Aufgabe erfüllt war. Die Dänen fänden nichts mehr vor, was ihren Beutezug gelohnt hätte.
    Die Elisabeth war schnell, doch die dänische Kogge holte auf. Sie war ihnen so nahe, dass Brida deutlich das königliche Wappen auf dem Hauptsegel erkannte. Jetzt legte sich das feindliche Schiff schräg in den Wind. Brida erstarrte. Sie kannte dieses Manöver. Die Kogge wollte sie nicht nur einholen. Sie machte ihre Geschütze klar!
    Auch Jannick hatte die Lage erfasst. »Zum Bug!«, befahl er. »Die Frauen und Kinder sollen unter Deck bleiben, aber nicht in der Nähe des Hecks, klar?«
    Die Menschen kamen Jannicks Aufforderung erstaunlich ruhig nach. Brida hätte erwartet, dass jemand schrie, dass Kinder weinten. Doch die einzigen Laute waren die kurzen Befehle der Seeleute, die über das Deck schallten.
    Johanna blieb immer in ihrer Nähe, und Brida brachte es nicht übers Herz, das Mädchen unter Deck zu schicken. Genauso wenig, wie sie sich gefügt hätte, ihren Vater und Simon zu verlassen. So standen sie am Bug, beobachteten die Seeleute, die ihrerseits die Geschütze feuerbereit machten. Aber konnten sie überhaupt schießen? Um den Feind zu treffen, hätten sie ihm ihre Breitseite zuwenden müssen. Ein tödliches Risiko, wenn man von einem schnelleren Schiff verfolgt wird. Brida blickte zu ihrem Vater hinüber. Selten hatte sie ihn so ernst gesehen. Das schelmische Leuchten seiner Augen, das ihn, als sie noch ein Kind gewesen war, immer begleitet und ihr jede Angst genommen hatte, war erloschen. Auch ihr Vater war sterblich. So wie sie alle. Brida wurde kalt.
    Augenblicke zogen sich zu Stunden, während sich das feindliche Schiff immer dichter an die Elisabeth heranschob. Barbara war an Deck gekommen, Jannick legte schützend einen Arm um sie.
    Pater Johannes murmelte ein Gebet. Brida wäre gern in seine Worte eingefallen, aber beim Anblick des feindlichen Schiffs versagte ihr die Stimme. Ob es den anderen ähnlich erging? Schrie deshalb niemand? Nicht einmal ein Säugling?
    Auf einmal ging alles rasend schnell. Ein gewaltiger Donner, als die Kanonen des Feinds losgingen. Waren es fünf oder sechs Geschütze? Zwei Kugeln trafen oberhalb der Wasseroberfläche. Das Heck splitterte, ein Teil der Reling wurde abgerissen. Das Schiff schwankte so sehr, dass Brida gestürzt wäre, hätte Simon sie nicht festgehalten. Und mit der Stille war es vorbei. Sie hörte Schreie und Weinen, Frauen stürzten an Deck.
    »Bleibt zurück!«, brüllte Jannick. »Da unten seid ihr sicherer!«
    Doch sie hörten nicht, drängten an ihm vorbei, hätten ihn fast zu Boden gerissen, wenn er den Weg nicht freigegeben hätte. Die Seeleute versuchten, die Elisabeth aus der Schusslinie zu manövrieren, doch das Ruder war ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Wie lange hätten sie wohl Zeit, bis die feindlichen Kanonen erneut geladen waren? An den Einsatz der eigenen Geschütze war nicht zu denken; dadurch wären sie zu einem noch leichteren Ziel geworden. Eine weitere Breitseite! Holzsplitter flogen über Deck, eine Frau schrie erbärmlich, denn einer der Splitter hatte ihren Oberschenkel wie ein Geschoss durchbohrt. Simon riss Brida in die Arme, schützte sie mit seinem Körper. Nie zuvor hatte sie sich ihm so nahe gefühlt. Seine Wärme linderte die Kälte, die ihr vor Angst über den Rücken kroch.
    »Wir müssen uns ergeben«, hörte sie Jannick sagen. »Noch zwei Breitseiten, und das Schiff ist verloren.«
    »Und wenn sie uns alle töten?«, rief Barbara ängstlich.
    »Das werden sie nicht tun«, entgegnete Jannick. »Wir sind hohes Lösegeld wert, und nur auf die Beute kommt es ihnen an.« Dann befahl er, die weiße Flagge zu hissen.
    Alle warteten darauf, dass die feindliche Kogge beidrehte. Doch nichts geschah.
    »Verdammt, die laden erneut!«, schrie Jannick. »Sofort ausweichen!«
    Das angeschossene Schiff bewegte sich nur schwerfällig. Brida klopfte das Herz bis zum Hals. War das
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