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Schicksal in seiner Hand

Titel: Schicksal in seiner Hand
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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einer solchen Vetternwirtschaft beugen! Haben Sie da noch Worte, meine Herren?«
    Sekundenlang herrschte betretenes Schweigen. Mit Feldherrnmiene musterte der Klinikchef – wegen seiner weißen ›Mähne‹ auch liebevoll-burschikos ›alter Löwe‹ genannt – die Schar seiner Getreuen.
    »Das ist eine Unverschämtheit!« echote schließlich ein untersetzter Mann im weißen Kittel. »Wo kämen wir da hin, Herr Professor, wenn …«
    »Das ist glatte Diktatur, Kollege Wagner!« unterbrach Professor Bergmann seinen Oberarzt unwirsch. »Aber die sollen sich verrechnet haben! Bei mir wird keine Extrawurst gebraten!«
    »Es gibt ein Mittel, ihn unschädlich zu machen«, ertönte Wagners devote Stimme von neuem. »Ein sehr probates Mittel, das in ähnlich gelagerten Fällen schon die besten Erfolge gezeitigt hat.« Der Oberarzt zögerte etwas, um die Wichtigkeit seiner Worte zu unterstreichen und die Spannung zu erhöhen. »Wenn dieses Protektionskind kommt, dieser Herr …«
    »Dr. Thomas Bruckner«, ergänzte der ›alte Löwe‹ gereizt.
    »Wenn also dieser ominöse Herr kommt, dann stecken wir ihn einfach in die Poliklinik. Da kann er sich den ganzen Tag mit kleinen Wehwehchen herumschlagen … Furunkel behandeln, Abszesschen aufmachen und Hühneraugen beseitigen. Da kommt er nie zu einer Operation. Er ist beschäftigt und –«, Dr. Wagner hob beschwörend den Finger, »kaltgestellt!« Beifallheischend blickte er seinen Chef an.
    »Hm, das wäre zumindest eine vorläufige Lösung«, pflichtete der Professor bei. »Wenn er sich tatsächlich bewähren sollte, kann man ihn später ja mal woanders hinstecken. Aber«, seine Stimme grollte wieder, »ich habe es noch nie erlebt, daß sich Protektionskinder bewährten. Das sind doch alles eitle Gecken, die nur Frauen und Abenteuer im Kopf haben.«
    »Überlassen Sie ihn ruhig mir, Herr Professor«, mischte sich Dr. Wagner wieder ein. »Ich werde ihm seine Allüren schon austreiben. Dieser Bruckner wird bestimmt bald das Hasenpanier ergreifen, das verspreche ich Ihnen.«
    »Schon gut!« Dem ›alten Löwen‹ schien das Gerede seines Oberarztes nicht ganz zu behagen. »Jedenfalls – unterstützen Sie mich bitte alle in diesem Kampf gegen die Willkür eines Verwaltungsapparates.«
    In diesem Augenblick klopfte es an die Tür – höflich, aber doch energisch.
    Auf dem Gesicht des Professors erschien eine Unmutsfalte. Er beachtete das Klopfen nicht. Unbeirrt fuhr er fort:
    »Ich habe von Herrn Bruckner aus Fachkreisen bisher noch nichts gehört. Auch hat er nichts veröffentlicht, jedenfalls nichts, was bemerkenswert gewesen wäre. Kurzum, meine Herren: behandeln Sie den neuen Kollegen kühl, aber höflich.«
    Er wurde wieder durch ein Klopfen unterbrochen. Diesmal war es laut und bestimmt, unüberhörbar. In kurzem Abstand wiederholte es sich.
    »Zum Donnerwetter!« schrie der ›alte Löwe‹ gereizt. Wütend stieß er seinen Krückstock auf. »Wer wagt es, mich jetzt zu stören? Es ist doch bekannt, daß ich das streng verboten habe. -Herein!«
    Im Türrahmen stand der dunkelhaarige junge Mann. Als er die feindseligen, abschätzenden Blicke gewahrte, blieb er sekundenlang unschlüssig auf der Schwelle stehen.
    »Was wollen Sie?« fuhr der Professor ihn an.
    »Ich bin Thomas Bruckner. Ich werde heute hier erwartet. Sie haben mir diesen Brief schreiben lassen …« Entschlossen trat er auf den alten Herrn zu, verbeugte sich knapp und hielt ihm ein Schriftstück hin.
    Es wurde totenstill.
    Fragend sah Dr. Bruckner seine zukünftigen Kollegen an. Sie wichen seinem Blick aus, bis – auf eine Frau. Im weißen Kittel, mit kurzgeschnittenem schwarzen Haar wirkte sie keineswegs besonders anziehend. Sie war eben – ein weiblicher Jünger des Äskulap. Doch plötzlich schlug sie die Lider nieder und errötete.
    Das steht ihr gut, dachte Thomas Bruckner überrascht. Dann gewahrte er den Brief in seiner ausgestreckten Hand, stutzte einen Augenblick und versenkte das offensichtlich unerwünschte ›Beweisstück‹ schnell in seine Rocktasche. Er kam sich jetzt wie ein dummer Schuljunge vor, beschämt und gedemütigt.
    Was hatten sie bloß alle gegen ihn?
    Professor Bergmann gönnte ihm nicht einmal einen Willkommensgruß. Er stolzierte mit der Würde eines befehlsgewohnten Herrschers auf und ab, als müsse er sich sammeln für einen Sturmangriff. Bei jedem Schritt stieß er seinen Krückstock hart auf den Boden, stützte sich auf ihn und schwang sein linkes Bein dann in
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