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Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Titel: Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
Autoren: Kerstin Ruhkieck
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Doch zuletzt, jetzt erst vor einigen Tagen, war es J onas tatsächlich gelungen, durch seine krankhafte Besessenheit auch seine eigene Welt kaputt zu machen. Dazu bedurfte es nicht viel. Ein Kampf um eine Waffe, ein unkontrollierter Schuss, und die Welt hörte auf sich zu drehen …
     
     
    Heute
    Mittwoch, 13. August
     
    Langsam öffnete Vanessa ihre Augen. Draußen war es dunkel, ebenso wie in ihrem Zimmer. Sofort trat ihr der verhasste Geruch von Sterillium und Krankheit in die Nase. Wenige Augenblicke später kehrte auch der Schmerz zurück, doch daran hatte sie sich bereits gewöhnt. Bedauerlicherweise handelte es sich dabei um einen Kopfschmerz der üblen Sorte, der ihr keinerlei emotionale Befriedigung gab, sondern einfach nur wehtat. Aber die Ärzte sagten, das sei normal bei einer Gehirnerschütterung und würde wieder verschwinden. Was das Nachlassen der Schmerzen ihrer drei gebrochenen Rippen anging, hatten die Ärzte ja auch recht gehabt – zumindest solange Vanessa sich nicht bewegte. Oder atmete.
    Warum war sie noch im Krankenhaus? Und dann erinne rte sie sich. Beobachtung der Kopfverletzung, Ausschluss von Schädelbasisbruch, Anzeichen eines leichten Schocks. Vanessa war es egal. Ob hier oder in ihrer Wohnung, sie war doch alleine. Langsam drehte sie den Kopf zur Seite und blickte aus dem Fenster. Ein spitzer Schmerz zuckte erneut durch ihre Gehirnbahnen. Draußen war nicht viel zu erkennen. Nur das Hochhaus von gegenüber starrte sie aus tausend toten Augen an.
    Sie war gefallen. Die Treppe hinunter. Maria hatte sie gest oßen. Der Schuss, manchmal weckte er sie auch jetzt noch aus ihrem Schlaf. Aber es war ja auch noch nicht lange her, nur ein paar Tage. Schon bald würde sie es überwunden haben, ganz sicher.
    Die Polizei hatte mehrfach versucht, sie zu vernehmen, doch Vanessa konnte sich an nichts erinnern. Wahrschei nlich, weil sie ohnehin nichts gesehen hatte.
    Aber sie konnte sich denken, was geschehen war.
    Die Polizei war es auch, die ihr mitteilte, dass Maria tot war. Ein einziger Schuss, direkt ins Gesicht. Immer wieder musste sie an ihre Grübchen denken. Vanessa wusste einfach, dass es Jonas gewesen war. Nicht mit Absicht, sondern aus Unvorsichtigkeit. Aber sein Geständnis sprach Bände. Es war sein Finger, seine Unachtsamkeit, seine Schuld, dass er nun doch die Frau verloren hatte, die er zu lieben imstande gewesen war. Seltsamerweise verspürte Vanessa kein Mitleid – weder für Jonas, noch für Maria. Sie hatten es durch eine Verkettung von Umständen und Bösartigkeiten selbst soweit kommen lassen. Marias Tod hatte zwar nicht zu ihrem und Thox’ Plan gehört, doch manchmal bekamen sogar die bösen Menschen das, was sie verdienten. Natürlich war diese Rechtfertigung der Geschehnisse für Vanessa schön einfach und bequem, doch was kümmerte es sie? Maria hatte nur das bekommen, was sie selbst eigentlich für Vanessa eingeplant hatte.
    Dabei wollten Thox und sie doch nur die Wahrheit aus Jonas herauspressen. Vanessa hatte gegenüber Thox zugeg eben, dass es ihr auch um Rache ging. Doch die dringende innere Notwendigkeit von Thox, endlich zu erfahren, was damals wirklich mit Stine geschehen war, hatte ihn und Vanessa in ihrem Plan zusammengeschweißt. Mit unterschiedlichen Motiven, aber dem gleichen Ziel: Jonas sollte zumindest ansatzweise das gleiche durchmachen, die gleiche Hölle durchleben, die sie, Thox und Vanessa, seinetwegen durchlebt hatten. Angst, Sorge, Hilflosigkeit, Fassungslosigkeit, Verlust. Wenn auch mit einem anderen Ergebnis als erwartet hatten sie zusammen Jonas durch all diese Emotionen gequält. Mit dem kleinen Zusatz, dass er nun auch einmal so etwas wie Schuld empfand.
    Allerdings war auf diese Weise auch eine Wahrheit ans Licht gekommen, von der Thox niemals ernsthaft geahnt hatte, dass sie existierte; es tat Vanessa ein w enig leid für ihn, dass sich nachträglich das makellose Bild seiner geliebten Anna in eine Lüge verwandelt hatte. Annas Weste war so wenig weiß gewesen wie die von Maria – nur mit dem Unterschied, dass Anna den Tod nicht verdient hatte.
    Vanessa drehte sich um und versuchte, wieder in den Schlaf zu finden, doch ihre kreisenden Gedanken ließen es auch diesmal nicht zu.
    Tamara war an diesem Tag bei ihr gewesen. Sie war die Einzige, die sie und Thox in ihren Plan eingeweiht hatten. Es war nötig gewesen, um Jonas‘ Sorge um Thox und die Angst vor Vanessa auf den Gipfel zu treiben, und obwohl Tamara sich dagegen gesträubt hatte,
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