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Schenkel, Andrea M

Schenkel, Andrea M

Titel: Schenkel, Andrea M
Autoren: Bunker
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nichts ist geordnet, es sieht verlassen aus. Links neben mir eine steil ansteigende Holztreppe. Mein Blick folgt den Stufen nach oben. Dort endet die Treppe in einer Falltür. Im hinteren Teil des Raumes ist es duster, Licht dringt durch das Obergeschoss. Ein heller Streifen hebt den Rand der Tür von der dunklen Decke ab.
    Von oben höre ich Schritte. Da ist jemand. Meine Augen versuchen der unsichtbaren Person zu folgen. Durch das Gewicht der Schritte rieselt an manchen Stellen Staub durch die Ritzen zwischen den Holzbalken. Die langsam fallenden Staubpartikel spiegeln sich im schmalen Lichtstreifen, der von draußen durch den Türspalt in den Raum fällt. Ich blicke gebannt nach oben. Starre auf die dunkle Decke, bis meine Augen schmerzen. Ein scharfes Brennen zwingt mich, die Augen zu schließen.
    Wer ist da oben? Ich muss fragen, ob der mir helfen kann. Ob er mich zu einer Telefonzelle bringen kann? Vielleicht hat der da oben sogar ein Telefon? Ich muss die Polizei anrufen. Und wenn er es ist? Nein, der sucht bestimmt die Straßen mit seinem Auto ab. Wer ist schon so blöd und läuft mitten in den Wald hinein, ohne zu wissen, wo er eigentlich ist. Und wenn es doch der Kerl ist? Jetzt ist noch Zeit zum Abhauen. Verdammter Mist, was soll ich tun?
    Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen. Die Treppe knarrt bereits bei der ersten Stufe. Ich bleibe stehen, halte den Atem an, schaue angespannt nach oben. Ich warte. Nichts passiert. Oben keine Schritte mehr. Mucksmäuschenstille. Hat der da oben mich gehört? Ist es deshalb so still?
    Quatsch! Sei kein Schisser! Die nächsten Stufen geben keinen Laut von sich. An der Unterseite der Falltür ist ein schmiedeeiserner Griff angebracht. Ich zögere kurz, dann packe ich den Griff und stemme die Tür nach oben. Sie ist furchtbar schwer, mit dem Kopf drücke ich nach, bis ich sie einen schmalen Spalt öffnen kann. Ich luge hindurch. Stuhl- und Tischbeine in der Mitte des Zimmers, links ein alter Bettrahmen mit verblichenen Blumenmalereien, rechts Kommode und Schrank mit runden Füßen. Niemand zu sehen.
    Aber durch den Spalt sehe ich nur einen Teil des Raumes. Ich drücke die Tür weiter auf. Halte meinen Kopf schräg, strecke mich und schiebe ihn so weit es geht nach oben, reibe am rauen Holz, bleibe mit den Haaren daran hängen. Ich sehe immer noch nicht genug, kann die Tür kaum halten. Ich gehe eine Stufe höher, stemme die Tür weiter nach oben, bis ich mit meinem Kopf halb durch den Spalt passe. Jetzt endlich kann ich mich ein bisschen umsehen. Ich merke, wie mir langsam die Luft ausgeht. Die Tür drückt gegen meinen Nacken. Das Scheißding ist so schwer.
    »Da bist du ja!«
    Ich verliere den Halt auf der Treppe. Stolpere. Rutsche aus. Lasse den Türgriff los, schlage mit dem Kopf gegen die Stufen, bleibe am Fuß der Treppe liegen. Um mich herum wird alles schwarz.
    Durch das weit offen stehende metallene Eingangstor kommt ein Sanitäter, rückwärts, vorsichtig einen Fuß hinter den anderen setzend. Im grellen Scheinwerferlicht leuchtet die Jacke hellrot, der Reflektorstreifen am Rücken strahlt weiß. Die Trage schiebt sich Stück für Stück ins Licht. Als Erstes erscheinen die Beine der auf der Trage liegenden Person. Der vorangehende Sanitäter wirft einen langen Schatten auf den unter der Decke liegenden Körper.
    Der zweite Sanitäter erscheint. Dirigiert mit wippenden Kopfbewegungen und Zurufen wie »Vorsicht« und »Etwas links« den ersten nach draußen, über die am Boden liegende Holztür und durch den Waldweg zum Rettungswagen. Die Trage wird in den Wagen geschoben, die Tür mit einem lauten, blechernen Knall zugeschlagen.
    Ich liege da, die Augen geschlossen. Höre Musik, leise, angenehm, besonders die Stimme des Sängers. Ich mag den rauen Klang der Stimme. Ein Oldie, das Lied habe ich bestimmt schon tausendmal gehört. Leise fange ich an, die Melodie mitzusummen. Die Zudecke hüllt mich ganz ein, ich fühle mich wohl. Ich räkle mich, schlüpfe weiter unter die Decke, ziehe sie bis zu den Augen hoch. Sie ist zu kurz, jetzt liegen die Füße frei. Es ist zwar nicht kalt, aber zugedeckt ist es angenehmer. Ich kreuze die Füße und reibe mit der Sohle auf dem Fußrücken, umgreife mit den Zehen des einen Fußes die des anderen. Langsam fahre ich mit der Hand über meinen Körper. Ich bin nackt!
    Mit einem Schlag ist das angenehme Gefühl der letzten Minuten verflogen. Ich weiß, ich habe mich nicht selbst ausgezogen! Ich reiße die Augen auf. Ein stechender
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