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Schenkel, Andrea M

Schenkel, Andrea M

Titel: Schenkel, Andrea M
Autoren: Bunker
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dumpfer, dunkler? Ziegel! Die obere Hälfte der Wand besteht aus Ziegeln. Die Rettung, das ist die Rettung! Beton, da ist kein Durchkommen, aber Ziegel, das packe ich! Schnell! Bloß keine Zeit verlieren! Ich gehe in die Hocke, taste den Boden nach brauchbarem Werkzeug ab, möglichst scharf und spitz soll es sein. Messer, Schere, Gabel.
    Ich stehe auf, hacke so fest ich kann auf die Wand ein. Schließe meine Hand zur Faust und halte mein Werkzeug so fest. Die Schere bietet den besten Halt. Ich hacke und hacke, bis ich höre, wie der Putz zunächst in Bröseln, dann in größeren Stücken abbröckelt. Immer wieder befühle ich das freigelegte Stück. Ich fange an zu schwitzen, das Wasser rinnt mir in Strömen über den Körper. Ich gebe nicht auf, schabe, kratze, mit der Schere, dem Besteck, bis Fugen zu ertasten sind. Es sind Ziegel, ich habe gewonnen!
    Ich hacke, schabe, stoße, bis mein ganzer Arm vor Schmerz pocht. Die Finger sind wund, tun höllisch weh. Aber einer der Ziegel bewegt sich bereits, wackelt ganz leicht. Ich brauche einen Hebel! Verdammt, ich brauche einen Hebel! Das lange Wetzeisen! Ich könnte es als Hebel einsetzen! Tastend suche ich den Boden danach ab. Da ist es! Mit all meiner Kraft setze ich das Eisen an, der Ziegel lockert sich immer mehr, auch die umgebenden Steine werden locker. Immer wieder befühle ich die bearbeitete Stelle. Eine der Fugen ist feucht, vermutlich durch meinen Schweiß, ich habe mich, um einen besseren Halt zu bekommen, an die Wand gelehnt. Ich schwitze, schwitze wie ein Schwein.
    Arbeite weiter, du musst weiterarbeiten! Warum ist der Boden plötzlich nass? Ich taste die Wand ab. Sie ist auch nass. Der Stein in der Mitte wackelt, er lässt sich mit rüttelnden Bewegungen so weit lockern, bis ich ihn ein Stückchen herausziehen kann. Ich kann hören, wie die Steine aneinanderreiben. Sie rutschen nach, verhaken sich. Ich versuche den Stein zu lösen. Meine Finger finden keinen Halt, rutschen immer wieder ab. Ich habe fast keine Kraft mehr! Mit der letzten Kraft, die ich noch habe, ziehe ich am Stein, der löst sich mit einem Ruck. Ich stolpere mit dem Stein in meinen Händen rückwärts in den Raum, falle und rolle auf den Rücken. Scheiße! Ich liege in der Pfütze. Alles ist nass, der ganze Boden. Mit den Fingern fahre ich in der Nässe hin und her. Kaltes Wasser, Hose und Hemd sind durchweicht, alles klebt an meiner Haut, unangenehme feuchte Kälte im Rücken.
    Es plätschert! Ich springe auf, zwei Schritte zur Wand! Mit den Händen berühre ich die Wand, spüre das eindringende Wasser! Es fließt, es strömt herein!
    Scheiße, Scheiße! Der Bach! Jetzt muss alles schnell gehen, sonst läuft der Bunker voll! Wie damals läuft der Scheißbunker voll, und ich ertrinke jämmerlich.
    Ich rüttle an den Steinen, reiße einen Ziegel nach dem anderen aus der Wand. Wasser und Schlamm strömen mir entgegen. Immer mehr Wasser und Schlamm. Das Wasser steigt schnell, ich spüre, es steht bereits knöchelhoch. Mit meinen Händen fasse ich in das Loch, das durch die herausgerissenen Ziegel entstanden ist. Hinter der Mauer ist ein Hohlraum. Ich fasse hinein, taste nach oben, so weit ich komme, ist nichts.
    Ich stemme mich hoch, zwänge mich durch das Loch in der Mauer, meine Arme tasten im Schlamm nach dem Grund. Nichts Festes, nur kalter Matsch. Ich ziehe mich mit ganzer Kraft nach oben, hebe das Bein über die Mauer, immer noch kein Grund. Scheiß drauf, ich muss es probieren! Mit der Schulter voran stürze ich mich ins schlammige Nichts. Mund fest verschließen, die Luft anhalten! Press die Augen zu! Mein Kopf wird von der glitschigen Masse eingesaugt. Ich sinke tiefer. Langsam. Ich rudere mit Armen und Beinen gegen den Schlamm an. Der Morast wird immer zäher, je tiefer ich komme. Langsam rolle ich, ohne es zu wollen, auf den Rücken. Meine Bewegungen werden träger. Ich bewege mich wie in Zeitlupe. Nein, nicht ich selbst bewege mich, der Schlamm wälzt mich, bewegt mich. Ich bin gefangen wie eine auf dem Rücken liegende Schildkröte, in wenigen Augenblicken bin ich bewusstlos, in einigen Minuten tot. Alles ganz einfach. Meine Gedanken sind seltsam klar. Langsam, aber klar.
    Tot! Ich habe es verdient. Ich habe getötet. Ich sehe den misshandelten, bleichen Körper, voller Stichwunden, neben dem Bett liegen. Mein Blick entfernt sich, die Leiche wird kleiner, ich sehe den ganzen Raum, hell erleuchtet durch die brennenden Petroleumlampen. Auf einem Stuhl kauert eine Person, ich kann
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