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Schenkel, Andrea M

Schenkel, Andrea M

Titel: Schenkel, Andrea M
Autoren: Bunker
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jahrelang ausgebeutet und schikaniert. Ich hole mir nur meinen Lohn, den, den er mir vorenthalten hat. Und jage ihm dazu noch ein bisschen Angst ein, lasse ihn am Boden knien und winseln. »Bitte, bitte tut mir nichts.« Der Gedanke gefällt mir. Ich sehe schon die hektischen roten Flecken, die er immer bekommt, wenn er sich aufregt. Gibt es eine bessere Gelegenheit als jetzt, um es ihm heimzuzahlen?
    Hans soll die Drecksarbeit machen und ich krieg das Geld. Hans macht bestimmt mit. Macht alles, um an die Kohle zu kommen. Der will sich nicht mehr an mir rächen, das hätte er schon längst gemacht, da bin ich mir sicher. Er versorgt mich, ist ganz bemüht. Er war schon immer leicht zu lenken, warum sollte ich ihn diesmal nicht in den Griff kriegen? Was hindert mich daran? Mit ihm im Schlepptau bin ich unschlagbar. Er ist mein Werkzeug, meine Waffe.
    »Überleg’s dir, Kindchen, wenn du es willst, ruf mich an.« Das waren die Worte meines Chefs zum Abschied im Auto gewesen. Ich habe es mir überlegt, Rüdiger-Schätzchen, ich ruf dich an!
    Hans kommt die Treppen hoch. In den Händen hält er ein Tablett mit zwei Kaffeebechern, einen Tetrapak Milch und Käsebrote. Der Kaffee riecht gut. Es ist genau das, was ich jetzt brauche. Ich richte mich im Bett auf.
    »Kaffee?«
    Sie steht vom Bett auf, setzt sich zu mir an den Tisch. Ich schiebe einen der Kaffeebecher zu ihr hinüber, stelle das Käsebrot daneben. Ich habe das Brot in kleine Stücke geschnitten, ganz so, wie es meine Mutter immer für mich gemacht hat, als ich noch klein war. Brot in kleine Streifen schneiden, jeder Streifen war ein Zug, bereit, in den Bahnhof ›Mund‹ einzufahren.
    »Soll ich dich füttern?« Sie nickt, lächelt mich an.
    Ich nehme einen Brotstreifen nach dem anderen und schiebe ihn ihr in den Mund. Sie kaut, und noch mit vollem Mund fängt sie an: »Und wenn wir uns das Geld aus dem Tresor gemeinsam holen?«
    Zuerst verstehe ich sie nicht, habe keine Ahnung, was sie damit meint. Das Geld? Sie hat den Schlüssel doch nicht, ich habe ihre Klamotten durchsucht.
    Sie lächelt mich weiter an.
    Sie neigt den Kopf etwas zur Seite, sieht mich an. Ich sitze da, sage kein Wort. Nach einer Weile fragt sie nach. »Warum hast du mich nicht zurückgebracht?«
    »Weiß ich nicht. Ich wollte, dass du hier bleibst.« Ich sehe sie an, sehe in ihre Augen.
    Wir sitzen stumm da und ich füttere sie mit Brotzügen und lasse sie am heißen Kaffee nippen.
    »Also, was meinst du, wir holen uns jetzt den Schlüssel. Danach das Geld aus dem Tresor.«
    Warum eigentlich nicht? Die Sache lief von Anfang an aus dem Ruder, aber wenn sie mir helfen kann, an das Geld zu kommen … Und danach sehen wir weiter. Ich warte noch einen Augenblick, lasse sie noch etwas zappeln, dann: »Wie willst du an die Schlüssel kommen?« Mal hören, was sie sich ausgedacht hat.
    »Mein Chef hat den Schlüssel immer bei sich in der Innentasche seines Sakkos.«
    »Und wie kommen wir an das Sakko?«
    »Der ist scharf auf mich, das weiß ich. Ich ruf ihn an, dass er hierher kommen soll. Ich lenke ihn ab, du schlägst ihn nieder und klaust den Schlüssel. Wir machen das heute noch, dann haben wir die ganze Nacht Zeit, den Safe zu plündern und abzuhauen!«
    Ich sitze da, höre mir ihren Plan an. Die Sache ist etwas vage, aber ich habe auch keine bessere Idee, also warum nicht? Ich habe nichts zu verlieren, ich reibe mir mit der Hand über das Kinn, denke nach. »Und das soll funktionieren?«
    »Probieren wir es doch einfach aus, dann sehen wir, ob es funktioniert.«
    Ich überlege kurz, schlage dann mit der flachen Hand auf den Tisch.
    »Gut, probieren wir es aus, mein Schatz!«
    Sie sieht mich mit einer Mischung aus Unglauben und Erstaunen an. Man kann ihr richtig ansehen, wie sie fieberhaft nachdenkt. Tja, meine Liebe, damit hast du wohl nicht gerechnet, dass ich mich so leicht zu deinem Plan überreden lasse.
    Mein Schatz …?
    »Hast du dreißig Pfennige? Wir fahren zur nächsten Telefonzelle.«
    Ich bin nicht dein Schatz. Du Knilch hast meinen Bruder auf dem Gewissen. Du wirst mir helfen, an das Geld zu kommen und mir meinen Chef vom Hals schaffen. Zahltag!
    »Fahren wir!«
    Er geht voraus, ich folge ihm. Freiwillig! Meine Hände halte ich gestreckt vor mir, um mich nicht in den Dornen zu verhaken.
    In der Telefonzelle ist es eng, er gibt mir einen Kuss auf die Schulter. Zumindest glaube ich, dass er mich auf die Schulter geküsst hat. Seine Lippen haben sie jedenfalls berührt. Lass
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