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Schenkel, Andrea M

Schenkel, Andrea M

Titel: Schenkel, Andrea M
Autoren: Bunker
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meinen Haaren.
    »Hans, stich das Schwein ab, stich es ab!«
    Ich sehe Hans, wie er aus der Falltür hervorschießt, ein langes silbrig glänzendes Messer in der Hand.
    Das Schwein heult auf. Der Druck zwischen meinen Schenkeln lässt nach. Warum hilft Hans mir nicht, das Schwein wegzustoßen? Ich drehe mich, versuche mich hervorzuwinden.
    Das Schwein fällt, dreht sich im Fallen um seine eigene Achse und platscht auf den Holzboden. Überall ist Blut. Es spritzt und pumpt aus dem geöffneten Leib. Gedärm quillt aus dem Bauch, fällt glucksend zu Boden, breitet sich dort aus. Mir wird schlecht. Alles weiß und verschwommen, alles schwebt.
    Ich öffne die Augen und sehe wieder auf diese Holzdecke. Ich habe mich schon dran gewöhnt. Auch an die Übelkeit. Die muss mit der Spritze zusammenhängen.
    Ich habe Angst, mich im Bett aufzurichten. Neben dem Bett müsste das tote Schwein liegen. Halb Mensch, halb Tier. Ich schaue mich um, alles ist wie immer. Ein Traum? Am Boden dunkel glänzende Stellen, hier wurde nass gewischt. Ist es also doch wahr, hat es hier gelegen und Hans hat es fortgeschafft?
    Schwachsinn, es gibt keine Wesen halb Mensch, halb Tier.
    Ich stehe auf, steige die Holztreppe hinunter. Ganz ohne Hilfe ist das schwierig. Ich kann mich mit meinen dicken Fäustlingen nirgends festhalten.
    Hans steigt gerade die Stufen vom Keller herauf.
    »Was war los, Hans?«
    Verdammte Scheiße, ich hab’s gewusst, die ganze Sache ist schiefgelaufen. Hätte ich mir denken können, so zu, wie die war, die wusste doch gar nicht mehr, was sie tat. Hab den Kerl die Treppe heruntergeschmissen. Er hat geblutet wie ein Schwein. Alles war voll. Was hätte ich auch anderes machen können? Sie war dabei, die Sache total zu vergeigen. Die war zu keiner vernünftigen Handlung mehr fähig. Ich hatte mich unten versteckt. Der Kerl war noch nicht die Treppen hoch, da konnte ich von oben schon ihr hysterisch schrilles Gelache hören. Ich bin hinter ihm die Treppe hochgeschlichen. Der arme Kerl stand ratlos vor ihr, wollte sie irgendwie beruhigen. Sie ist dann völlig ausgerastet, wie er sie festhalten wollte. Sie hat geschrien wie blöd. Nur noch gebrüllt. Und dann ging alles ganz schnell. Der Kerl hat sich umgedreht. Wie er mich gesehen hat, hat er kapiert, was hier läuft. Hat sofort verstanden, dass er in eine Falle getappt ist. Der hat nicht lange gewartet, ist gleich auf mich los. Hat mich gepackt. Er war mindestens einen Kopf größer als ich, ein richtiger Koloss. Was hätte ich machen sollen, ich hatte keine andere Wahl, habe ihm einfach das Messer reingerammt, ohne lange zu überlegen.
    Es war wie damals mit Vater.
    Wie Vater mich angeschrien hat, sich im Suff auf mich geworfen hat. Umbringen wollte der Alte mich. Der war so voll, wusste nicht mal mehr, dass ich sein eigener Sohn war. Dass er seinem eigen Fleisch und Blut an die Gurgel ging.
    Da habe ich zugestoßen, zweimal, dreimal. Ich weiß es nicht mehr. Mein Alter hat das Ganze überlebt. Mit einer Notoperation haben sie ihn in sein beschissenes Leben zurückgeholt. Und mich haben sie eingesperrt. Was aus dem Alten geworden ist, weiß ich nicht, ist mir auch egal. Scheißegal. Totgesoffen wird er sich haben. Was sonst.
    Aber dem Fettsack jetzt, dem hilft auch keine Notoperation. Dem kann keiner mehr helfen. Ich habe ihn in den Bunker runtergezerrt. Die Schlüssel und die Wertsachen aufs Bett geschmissen. Den Kerl selbst in einen Plastiksack gesteckt und anschließend alles sauber gemacht.
    Die da oben hat nichts mitgekriegt. Die war doch total weg.
    Ich steige die Treppe vom Bunker hoch, da kommt sie die Stufen herunter. Sieht völlig fertig aus, kreidebleich. Irgendwie schafft sie es, sich mit den eingebundenen Händen an der Treppe abzustützen. Schwankt bei jedem Schritt bedenklich. Starrt mich an, als ob ich der Tod selber wäre.
    »Was war los, Hans?«
    »Erzähl ich dir später!«
    Ich hab jetzt keine Lust, Erklärungen abzugeben, und auch keine Zeit. Kapiert die denn nicht, dass wir weg müssen? Wir sitzen so was von in der Scheiße.
    »Was war los, Hans?«
    Was will sie immer mit diesem Hans?
    »Ich heiße Dimitri, nicht Hans!«
    »Warum nicht Hans? Du bist doch Hans.«
    Warum sollte ich Hans sein? Sie sieht mich ungläubig an.
    »Aber du hast doch …«
    Was soll das? Was hab ich?
    »Du bist doch … Wo bist du aufgewachsen?«
    Geht es denn nicht in das Gehirn dieser blöden Kuh, dass jetzt keine Zeit für solche Spielchen ist? Bleib ruhig. Anschreien nützt bei
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