Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schenk mir nur eine Nacht

Schenk mir nur eine Nacht

Titel: Schenk mir nur eine Nacht
Autoren: Emma Darcy
Vom Netzwerk:
versuchte sie, sich gegen das Gefühl der Verletzlichkeit, das plötzlich in ihr aufstieg, zu wappnen. Bei diesem Treffen ging es nur um Luis' Stolz. Wahrscheinlich wollte er ihr beweisen, dass nicht er etwas verloren hatte, sondern sie.
    Irgendwie musste sie damit fertig werden und Reue zeigen.
    Ich darf nicht vergessen, dass wir den Bus dringend brauchen, mahnte sie sich. Es musste ihr gelingen, ihn zu bekommen.
    Luis würde sogleich auffallen, wie zweckmäßig sie gekleidet war. Das dunkelrote T-Shirt mit dem Firmenlogo, die khakifarbene Hose und die Sportschuhe passten zu dem Anlass des Treffens. Mit ihrem Outfit wollte sie betonen, dass es ein rein geschäftliches Meeting war, sonst nichts.
    Dann ging die Tür auf, und Luis stand vor Shontelle. Das volle, gewellte schwarze Haar, das er wie immer aus der Stirn gekämmt hatte, umrahmte seine schönen, wie gemeißelt wirkenden Gesichtszüge und verlieh ihm etwas Wildes, Ungezügeltes. Seine Augen, die von dichten dunklen Wimpern betont wurden, strahlten Kraft und Willensstärke aus.
    Shontelle rührte sich nicht von der Stelle. Sie war sprachlos, atemlos und von seinem Anblick gefesselt. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, und ihr kribbelte die Haut. Sie presste die Hände so fest zusammen, dass es schmerzte. Sogar ihre Zehen schienen sich in den sportlichen Schuhen zu krümmen, und das Herz klopfte ihr zum Zerspringen.
    Ich begehre ihn immer noch, gestand sie sich verzweifelt ein.
    "Willkommen zurück in meinem Erdteil."
    Der Klang seiner Stimme brachte Shontelle unvermittelt in die Wirklichkeit zurück. Sie hatte diese tiefe, volltönende Stimme immer schon geliebt. Aber damals hatte sie warm und zärtlich geklungen. Luis lächelte nicht, sondern verzog ironisch die Lippen, mit denen er sie damals so leidenschaftlich geküsst hatte, während er Shontelle so aufmerksam und intensiv musterte, dass sie nichts Gutes ahnte.
    Schließlich trat er zur Seite und forderte sie mit einer nachlässigen Handbewegung auf hereinzukommen.
    Sekundenlang verschwamm die elegante Hotelsuite vor Shontelles Augen, und sie fühlte sich statt dessen in den Amazonasdschungel versetzt. Die ganze unberechenbare Wildnis mit den Blut saugenden Insekten, den großen schwarzen Taranteln, die sich in den Bäumen verbargen und auf Beute lauerten, schien sie zu umgeben.
    "Hast du Angst?" fragte Luis spöttisch und blickte sie verächtlich an.
    "Nein. Müsste ich das?" erwiderte sie ärgerlich und ging betont selbstbewusst an ihm vorbei.
    Als er die Tür zumachte, hörte sich das metallene Geräusch seltsam bedrohlich und Unheil verkündend an.
    "Verschmähte südamerikanische Liebhaber sind bekannt dafür, dass sie unberechenbar sind", erklärte er, immer noch spöttisch.
    "Seitdem ist viel Zeit vergangen, Luis", antwortete sie und bemühte sich, die versteckte Drohung zu ignorieren. Mutig durchquerte sie das Wohnzimmer und blieb vor dem großen Fenster stehen.
    Der herrliche Ausblick auf das nächtliche La Paz interessierte sie jedoch nicht. Sie musste unbedingt Distanz wahren zu dem Mann, der sie absichtlich an ihre gemeinsame Beziehung und deren Ende erinnerte, um sie damit zu quälen.
    "Du siehst so dynamisch aus wie immer", sagte sie und zauberte ein freundliches Lächeln auf die Lippen. "Das Leben hat es offenbar gut mit dir gemeint."
    "Es hätte besser sein können." Belustigt beobachtete er, wie sie sich krampfhaft bemühte, ihm nicht zu nahe zu kommen.
    "Wahrscheinlich bist du jetzt verheiratet", fügte sie hinzu, um ihn an seine moralische Verpflichtung und die Verantwortung seiner Frau gegenüber zu erinnern.
    Sein weißes Hemd war halb geöffnet, und Shontelle fand den Anblick seiner muskulösen Brust mit den schwarzen Härchen auf der gebräunten Haut irgendwie provozierend. Da er die Ärmel hochgekrempelt hatte, waren auch seine Unterarme nackt und erinnerten Shontelle daran, wie ungemein männlich er war.
    Sie hasste die Vorstellung, dass seine Frau ihn genauso intim kannte wie sie.
    "Nein, ich bin nicht verheiratet."
    Seine harten Worte trafen sie wie Nadelstiche. Habe ich damals etwas falsch verstanden? überlegte Shontelle, während ihr tausend Gedanken durch den Kopf schwirrten. Rasch kehrte sie ihm den Rücken zu, damit er nicht merkte, wie irritiert sie war, und tat so, als bewunderte sie die Aussicht.
    Das konnte nicht sein, er musste verheiratet sein. Er war doch vor zwei Jahren mit der Erbin des Gallardo-Vermögens verlobt gewesen, was er ihr, Shontelle,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher