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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm
Autoren: Alex Barclay
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nahm er seine Tasche und stieg aus.
    »Kommen Sie«, sagte Barry Shanley. Er war in einen schwarzen Kampfanzug und einen grünen Parka gehüllt. Darunter trug er ein graues T-Shirt mit dem Aufdruck eines schwarzen Apache-Helikopters. Er führte Duke einen dunklen Gang entlang, dann durch eine dicke Holztür und eine kurze Betontreppe hinauf.
    »Da müssen Sie durch.« Er schaute auf die Uhr. »Wir müssen noch eine Minute warten.«
    Er lehnte sich gegen die Wand. Das grelle Licht der Neonröhre über ihm spiegelte sich auf seinem rasierten Schädel.
    Zwei Stunden später klopfte ein junger Chirurg an die Tür des Wartezimmers. Joe sprang auf. Das Herz pochte laut in seiner Brust. Er gab Shaun ein Zeichen, zurückzubleiben, und trat mit dem Arzt auf den Gang.
    »Wie geht es ihr?«
    »Die Operation ist gut verlaufen.«
    »Gott sei Dank. Was hat dieser Kerl ihr angetan?«
    »Ein Pfeil hat sie in den Rücken getroffen und ist in die linke Niere eingedrungen. Schlimmer als die Verletzung der Niere selbst ist allerdings die Schädigung der Arterie. Zudem wurde ihr ein tiefer Schnitt in den Unterleib zugefügt, aber zum Glück blieb der Darm unverletzt.«
    »Wurde sie sexuell missbraucht?«
    »Nein.«
    »Werden Schäden zurückbleiben?«
    »Es werden Narben bleiben, und sie wird längere Zeit unter Schmerzen leiden«, erwiderte der Chirurg. »Sie wird jetzt auf die Intensivstation gebracht. Wir müssen abwarten, wie sie die nächsten Stunden übersteht. Sie dürfen kurz zu ihr, sobald die Schwestern sie versorgt haben.«
    »Danke«, sagte Joe.
    Der Chirurg nickte ihm zu und ging davon. Erschüttert stand Joe auf dem leeren Flur. Er atmete tief durch und drehte sich um, als Shaun auf den Gang trat.
    »Deine Mutter ist stark«, sagte er. »Körperlich ist sie zwar ein Fliegengewicht, aber sie ist hart im Nehmen. Sie wird es packen.«
    Shaun lächelte verhalten.
    Duke legte eine Hand auf Barry Shanleys Arm. »Bist du sicher, dass es klappt?«, sagte er.
    »Wir fahren immer so, weil mein alter Herr hier arbeitet«, erwiderte Barry. »Ein Privileg der Angestellten.«
    Duke starrte ihn an.
    »Alles okay?«, fragte Barry. »Dads Kumpel bringt uns an Bord. Sie sind mein Freund und begleiten mich. Wir fahren nach Fishguard. Nachdem Sie an Bord gegangen sind, steige ich wieder aus.«
    »Ob der Bursche nicht doch etwas sagen wird?«
    Barry lächelte. »Dieser Bursche sagt zu niemandem ein Wort.« Er blickte durch die kleine Mattglasscheibe in der Tür. »Es ist alles ganz einfach für Sie«, fügte er hinzu und warf einen Blick über die Schulter. »Sie sind wirklich ein harter Hund. Delta, verdammt! Echt krass. Nachdem Sie sich bei diesem Sturm aus einem Black Hawk abgeseilt haben, laufen Sie hier herum, als wäre nichts geschehen. Wahnsinn!«
    Duke zuckte mit den Schultern. »Man tut, was man tun muss.« Blödes Arschloch .
    Barry schaute noch einmal durch die Glasscheibe, ehe er die Tür öffnete.
    »Okay. Gehen Sie«, sagte er.
    Duke Rawlins ging an Bord.

EPILOG
     
    Joe saß auf dem weiß-goldenen Sofa und starrte auf das in Plastikfolie eingeschweißte Hochglanzmagazin auf dem Couchtisch. Es war an Pam Lucchesi adressiert. Joe schob den Daumen in ein Loch der Folie und riss sie auf. Es war eine Ausgabe der Vogue Living mit einem großen Bericht: Rustikale Revolution – Ein helles Licht an der Küste Irlands.
    Das Foto auf dem Cover war beeindruckend; es zeigte den schneeweißen Leuchtturm vor einem strahlend blauen Himmel. Joe blätterte die Zeitschrift durch. Schließlich entdeckte er ein Foto des schlichten Hauses, das in warmem Weiß gestrichen war. Die Zimmer waren aus Blickwinkeln aufgenommen, aus denen Joe sie nie zuvor betrachtet hatte.
    Die Küche war zu leer. Keine Chili-Sauce auf dem Küchenschrank. Keine Stiefel vor der Tür. Keine Anna. Bis er die Hand von der Zeitung nahm. Da erkannte er die verschwommenen Umrisse einer langbeinigen Gestalt auf dem Rasen vor der Schiebetür. Anna hatte sich geweigert, sich für die Dokumentation fotografieren zu lassen, und doch hatte der Fotograf sie dort im Schatten für immer eingefangen. Joe drückte sich die Finger auf die Augen, doch sie blieben trocken. Um sich Schmerz zu ersparen, kämpfte er gegen jede Gefühlsregung.
    Das letzte Foto der Serie zeigte den Leuchtturm, wie er bei ihrer Ankunft ausgesehen hatte – tragisch, schäbig, bedrohlich.
    Joe betrachtete dieses Foto noch immer, als Giulio eine Stunde später den Salon betrat.
    »Wie geht es ihr?«, fragte er.
    Joe
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