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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm
Autoren: Alex Barclay
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blinzelte. »Wir haben schon eine ganze Weile nicht miteinander gesprochen. Aber ich glaube, es geht ihr gut.«
    »Du weißt, dass du jederzeit nach Europa fliegen kannst. Ich würde mich hier um alles kümmern.«
    »Ich bin gerade erst in meinen Job zurückgekehrt. Ich bekomme bestimmt keinen Urlaub.«
    »Unter diesen Umständen …«
    »Weißt du was? Ich glaube nicht, dass sie schon bereit ist, mich zu sehen«, sagte Joe. »Ich bin für diese Katastrophe in unserem Leben verantwortlich. Und jetzt jage ich schon wieder Verrückte – nur den wichtigsten nicht. Glaubst du, das bringt sie zurück? Glaubst du, das gibt ihr ein Gefühl von Sicherheit?«
    »Sie wird es überwinden. Dein Job ist dein Leben, und du machst deine Arbeit gut.«
    Joe hob die Brauen.
    »Würde ich meinen Job gut machen, hätte Duke Rawlins es niemals geschafft, Irland zu verlassen. Er hat mehr Freiheit als wir, verdammt!«
    »Gibt es keine Hoffnung, ihn zu fassen?«
    »Es kommt darauf an, was du unter Hoffnung verstehst. Ich tue, was ich kann. Ich habe sämtliche Ermittlungsergebnisse vorliegen und hoffe, dass ich derjenige sein werde, der ihn irgendwann erwischt, aber …« Joe zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Er ist gerissen. Er hat es geschafft, zehn Jahre seines Lebens ungeschoren davonzukommen. Wer weiß, ob es ihm in Zukunft nicht auch gelingt, sich der gerechten Strafe zu entziehen.«
    »Die Behörden werden ihn finden, da bin ich ganz sicher.«
    Joe blickte ihn an. »Ich will nicht, dass die Behörden ihn finden.«
    Einen Moment herrschte Schweigen.
    Joe holte tief Luft. »Ich glaube, Anna möchte noch eine Weile bei ihren Eltern bleiben.«
    »Vielleicht«, meinte Giulio. »Eine Weile.«
    »Ich weiß nicht, wie ich ihr helfen soll. Mitten in der Nacht fängt sie an zu weinen. Ich kann ihr nicht sagen, dass es nur ein Albtraum und keine Wirklichkeit war und dass es niemals geschehen wird. Es hat alles keinen Sinn.« Er atmete langsam aus. »Und dann ihre Vorwürfe, und ich weiß, dass sie im Augenblick nichts daran ändern kann. Er hat gesagt, dass er sie und Shaun töten wird. Nicht mich. Das weiß sie. Er wollte, dass ich mein Leben lang leide, aber er wollte nicht, dass ich sterbe. Ich sollte das Drama ebenso überstehen wie er selbst und dann ein ebenso beschissenes Leben führen wie er.« Joe verstummte für einen Augenblick. »Und weißt du was? Ich habe ebenfalls Albträume.«
    »Das gibt sich mit der Zeit.«
    »Anna ist noch keine vierzig und hat schon Bekanntschaft mit dem Tod geschlossen. Sie hat schlimme Schmerzen. Sie hat Narben zurückbehalten, deren Anblick sie kaum ertragen kann. Sie ruft immer wieder an und will wissen, wo Shaun ist, mit wem er zusammen ist, was er tut. Ich sage ihr nicht, dass er trinkt und sich nächtelang herumtreibt. Du hast ihn ja gesehen. Du hast gesehen, wie schwer es ist, ihm Einhalt zu gebieten. Was soll ich tun? Soll ich hoffen, dass er irgendwann aufwacht und erkennt, dass sein Weg in den Abgrund führen kann?« Er rieb sich die Augen. »Ich weiß nicht, welche Rolle ich eigentlich spiele. Wenn Shaun mit Anna spricht, ist er ganz anders. Die beiden haben eine sehr enge Bindung. Ich bin bloß Zuschauer. Ich habe fast den Eindruck, sie hätten Angst vor mir.«
    Als Giulio eine Hand auf Joes Schulter legte, fiel sein Blick auf die Zeitschrift. Er nahm sie vom Tisch und blätterte sie durch.
    »Annas Arbeit ist sehr beeindruckend.«
    Joe nickte und nahm Giulio die Zeitschrift aus der Hand. »Hier, hör dir das mal an: ›Anna Lucchesi macht derzeit Urlaub. Sollten Sie weitere Informationen zu dieser Dokumentation wünschen, kontaktieren Sie bitte Chloe Da Silva.‹« Joe lachte bitter auf. »Urlaub! Mann, wäre das schön.«
    Er lehnte sich zurück und schaute durchs Fenster zu Shaun hinaus. Den Oberkörper nach vorn gebeugt und die Unterschenkel gekreuzt, saß er in seinem Parka auf einer Holzbank und drückte sich das Handy ans Ohr. Sein Atem bildete weiße Schwaden in der kalten Luft.
    Schließlich klappte Shaun das Handy zu und kam zum geschlossenen Fenster gerannt. Er lächelte und bedeutete Joe, zu öffnen.
    »Das war Mom«, sagte Shaun. »Sie fliegt heute in Paris ab. Sie kommt nach Hause, Dad.«

DANKSAGUNGEN
     
    Dank an meinen Agenten, Darley Anderson, für sein Vertrauen und seine Begeisterung. Der Darley Anderson Literary Agency danke ich für ihr Engagement.
    Dank auch an meine Verlegerin, Lynne Drew, für ihre Hilfe und Führung, an Amanda Ridout, an das brillante Team
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