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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm
Autoren: Alex Barclay
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Gerichtsprotokolle, die alle in getrennten Mappen abgeheftet waren.
    Duke warf einen flüchtigen Blick auf die Akte und schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Nein.«
    Schweigend standen sie sich gegenüber. Duke taumelte leicht, als er in die Ferne starrte. Joe hielt den Atem an und beobachtete Rawlins. Die Angst, in dieser bedrückenden Stille könnte im nächsten Moment irgendetwas explodieren, zerrte an seinen Nerven.
    »Sie können jetzt gehen«, sagte Joe. »Man wird Sie verhaften. Sie werden den Rest Ihres Lebens im Knast verbringen und für Ihre Morde büßen.«
    »Welche Morde?«, fragte Duke und zuckte mit den Schultern. Dann fuhr er mit eisiger Stimme fort: »Ich will meine Zeit hier nicht verschwenden, Detective. Ich gebe Ihnen eine Chance. Aber es muss schnell gehen.« Er schnippte mit den Fingern. »Sehr schnell.«
    Shaun stand auf der nur wenige Zentimeter breiten Kante außerhalb der Aussichtsplattform. Duke hatte einen Arm um die Brust des Jungen geschlungen und hielt ihn fest an sich gedrückt.
    »Halt durch, Shaun«, brüllte Joe, um sich trotz der surrenden Linsen und des tosenden Windes, der von draußen in den Laternenraum fauchte, verständlich zu machen. Er verspürte stechende Schmerzen im Kiefer und presste instinktiv eine Hand auf die rechte Wange.
    »Haben Sie sich verletzt?«, fragte Duke mit hämischem Grinsen und trat einen Schritt auf Joe zu. Shaun taumelte beängstigend auf der schmalen Kante.
    Joe rang nach Atem und drehte den Kopf langsam nach links und rechts.
    »So vielleicht?« Als Dukes Faust auf Joes Finger krachte, hatte dieser das Gefühl, sein Schädel würde zerspringen. Sein Magen verkrampfte sich, und er krümmte sich vor Schmerzen. Tränen traten ihm in die Augen.
    »Machen Sie den Mund zu«, sagte Duke. Er zog ein Handy aus der Tasche und wählte mit dem Daumen seiner freien Hand eine Nummer. Joe sah, dass es der Notruf war.
    »Ich glaube, Ihre Frau könnte einen Rettungswagen gebrauchen«, sagte Duke.
    Joe drehte sich zu Anna um. Mit aschfahlem Gesicht und geschlossenen Augen lag sie in einer Lache ihres eigenen Blutes.
    »Sie haben die Wahl«, sagte Duke. »Ich lasse das Telefon fallen oder Ihren Sohn. Entscheiden Sie sich.«
    Joe stand wie angewurzelt da. Nervös huschte sein Blick umher, in der Hoffnung, etwas zu finden, das ihm helfen könnte, eine Entscheidung zu treffen oder den Mann zu töten, der vor ihm stand. Sein Blick fiel auf die Akte.
    »Bitte«, sagte er. Aus seinem Mundwinkel rann Blut.
    Duke trat vor, doch anstatt sich hinunterzubeugen, klappte er die Akte mit der Schuhspitze auf. Dann trat er dagegen, und der Wind wirbelte die Blätter in die Luft.
    »Nein«, sagte Duke und trat erneut gegen die Akte. »Ich frage Sie ein letztes Mal. Ich lasse das Telefon fallen oder Ihren Sohn. Wie lautet Ihre Entscheidung?«
    Joes Blick glitt wieder zu seiner Frau. Für den Bruchteil einer Sekunde öffnete sie die Augen und drehte mit letzter Kraft den Kopf langsam von einer Seite zur anderen. Joe ging auf sie zu.
    »Bleiben Sie weg von ihr, verdammt«, befahl Duke, als er auf Senden drückte. »Einen Rettungswagen, Ma’am.« Er sah Joe in die Augen. »Okay. Die Zeit ist abgelaufen, Detective. Was soll ich runterwerfen, das Handy oder Ihren Sprössling?« Er streckte den Arm aus und hielt das Handy über die Brüstung.
    »Das Handy«, sagte Joe.
    »Ich verstehe nichts!«, brüllte Duke. »Was haben Sie gesagt?«
    »Nein, Dad! Nein!«, rief Shaun und drückte sich gegen das Geländer.
    »Wie lautet Ihre Entscheidung, Detective?«
    »Das Handy!«, brüllte Joe. »Werfen Sie das verdammte Handy runter!«
    »Notrufzentrale, was kann ich für Sie tun?«, fragte eine leise, ferne Stimme, als Duke sich über die Brüstung lehnte und das Handy fallen ließ. Es zerschmetterte auf dem Rasen.
    Shaun schrie auf, als Duke die Umklammerung lockerte, so dass er in die Tiefe zu stürzen drohte, doch in letzter Sekunde presste er den Arm wieder auf Shauns Brust.
    »Übrigens, die Telefonkabel in Ihrem Haus habe ich ebenfalls durchgeschnitten«, sagte Duke, ehe er sich an Shaun wandte: »Krall dich an der Brüstung fest. Dann kannst du rüberklettern und deinem Dad Hallo sagen. Er hat gerade deine Mutter getötet.«
    Shaun kletterte über die Brüstung. Als er sich umdrehen wollte, um den Laternenraum zu betreten, versetzte Duke ihm einen kräftigen Tritt in den Rücken. Shaun prallte mit voller Wucht gegen seinen Vater, der um sein Gleichgewicht kämpfte. Joe stürzte zur
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