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Schattenturm

Schattenturm

Titel: Schattenturm
Autoren: Alex Barclay
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ein …«
    »Pssst.«
    Es war still. Vor dem Verhörraum schlug Marcy Winbaum eine Schublade zu. Das Telefon klingelte.
    Die Klimaanlage surrte.
    »Glauben Sie, Sie sind ein guter Mann, Parnum? Ja?«
    Schweigen.
    »Ja?«, rief Duke. »Glauben Sie das?«
    »Ja.«
    »Ich weiß. Das macht alles noch viel angenehmer.« Duke schob sein Becken nach vorn und presste eine Hand auf den Hosenschlitz. »Auf diese Weise ist es für mich ausgeglichen. Ich mache so weiter und genieße das reine Vergnügen, das es mir verschafft. Und zusätzlich erfreue ich mich an dem Gedanken, dass Sie jede Nacht an mich denken werden, wenn Sie im Bett liegen. Und diesmal werden Sie keinen Ständer kriegen. Stattdessen wird Ihr kalter Angstschweiß in Ihr Laken sickern.«
    Parnum war wie erstarrt. Duke stützte die Ellbogen auf den Tisch und beugte sich zu ihm vor, drückte die Lippen auf Parnums aschfahles Gesicht und leckte ihm mit der Zunge über die Wange. Parnum schauerte.
    »Mein Arsch mag einst Ihnen gehört haben, Parnum. Aber jetzt gehört Ihr Arsch mir .« Er trat gegen den Stuhl und verließ den Raum.
    »Hier habe ich nichts verloren«, sagte er zu Parnums Stellvertreterin, ehe er in die kalte Nacht hinaustrat.

31.
     
    Detective O’Connor riss die Tür zum Verhörraum auf und stürmte über den Korridor, griff zum Telefon und wählte die Nummer der Wache in Mountcannon. Das Gespräch wurde sofort zur Zentrale in Waterford umgeleitet. Der Detective lief zu seinem Wagen. Mit heulender Sirene fuhr er zum Dorf.
    Joe beugte sich über die Schublade in der Küche und wühlte hektisch zwischen den Tablettenschachteln und Pillenflaschen. Der Schmerz in seinem Schädel war kaum zu ertragen. Joe goss sich ein Glas Wasser ein und trank einen kleinen Schluck, doch als die kalte Flüssigkeit seine Zähne berührte, spürte er ein schreckliches Ziehen; dann wurde ihm schwindelig. Wie bei einem Lichtbildvortrag geisterten in rascher Folge Bilder durch seinen Kopf. Er sah verwesende Leichen und schwarzes Blut. Verzweifelt bemühte er sich, Anna nicht unter den Leichen zu erblicken, verletzt oder tot oder … Er wollte sich nicht ausmalen, was Duke Rawlins ihr noch antun könnte. In seinem Innern senkte sich eine Schranke, die ihn davor bewahrte, den Verstand zu verlieren. Joe zwang sich, an schöne Bilder von Anna zu denken … wie sie durch die Kirche schritt, wie sie mit dem kleinen Shaun spielte, wie sie ihr neues Heim strich und mit zerzaustem Haar auf dem Korridor schuftete, während er die Nacht im Gästezimmer verbrachte … Joe wischte sich die Tränen von den Wangen und konzentrierte sich auf den Mann, dem er gegenübertreten musste. Duke Rawlins war wegen einer Messerstecherei mit tödlichem Ausgang in den Knast gewandert, ohne für seine abscheulichen Morde bestraft zu werden. Es war ihm gelungen, von einem Polizeichef ein Alibi zu bekommen, das ihn zehn Jahre lang vor einer Verurteilung bewahrt hatte. Joe wusste, dass er vermutlich niemals den Grund dafür herausfinden würde. Jetzt aber zählte allein, dass er in die Welt eines Psychopathen eingetaucht war. Was Joe an einem sonnigen Tag in einem Park in New York getan hatte, hatte diesen Killer auf die Spur seiner Familie gebracht und in das Dorf geführt, das sie liebten.
    Joe hatte plötzlich das Gefühl, die Schmerzen verdient zu haben, die ihn quälten.
    Ihn tröstete allein der Gedanke, dass er bereits zum letzten Schlag ausgeholt hatte, mit dem er Duke Rawlins’ Plan zu zerstören hoffte. Er hatte diesem Plan die Grundlage entzogen, indem er Rawlins mitgeteilt hatte, dass seine Frau und sein bester Freund ihn betrogen hatten. Doch als Joe begriff, dass er damit eine Situation geschaffen hatte, in der Rawlins nichts mehr zu verlieren hatte, schwappte eine Woge der Panik über ihn hinweg.
    Das Telefon klingelte.
    »In Ihrem Garten wartet jemand auf Sie«, sagte Rawlins. »Das heißt … warten ist vielleicht der falsche Ausdruck. Dieser Jemand ist eine Leiche.«
    Joes Magen verkrampfte sich. Er umklammerte die Taschenlampe und rannte hinaus in die Dunkelheit. Auf dem feuchten Gras rutschte er aus, fing sich mit einer Hand ab und rannte weiter, bis er die Gestalt erblickte, die bäuchlings neben dem Gestrüpp lag. Joe ließ den Strahl der Taschenlampe langsam über das Gras wandern. Ihm stockte der Atem: Siobhàn Fallon hatte zu fliehen versucht, als zwei Pfeile in ihren Rücken gedrungen waren. Sie lag in einer Blutlache, die sich als riesiger schwarzer Fleck vom grünen Gras
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