Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen

Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen

Titel: Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
draußen immer noch nichts entdecken, was gefährlich aussah, und gerade das weckte sein Misstrauen. Sollte er seinen Verfolgern wirklich entkommen sein? Die ganze Stadt war doch hinter ihm her, und im letzten Licht des vorigen Abends hatte er weit unterhalb am Berg schwarze Punkte gesehen – Männer, die ihm seine Schwester Shahila auf den Hals gehetzt hatte. Er war sich beinahe sicher, dass es die Bergkrieger waren, die Shahila nach Atgath mitgebracht hatte – seine Halbschwester, die den Herzog ermordet und Sahif zum Sündenbock für dieses Verbrechen auserkoren hatte. Er wurde zornig, wenn er an sie dachte, und das war gut, denn der Zorn war besser als die Leere, die er sonst in sich spürte. Vielleicht hätte er sie doch töten sollen, wie es die Mahre verlangt hatten – er hatte große Lust dazu verspürt, aber zu lange gezögert. Früher hätte er ihr bestimmt kalten Herzens die Kehle durchgeschnitten, aber dieser Mann war er nicht mehr. Er hatte sein Gedächtnis verloren, und was er nach und nach über sein altes Ich erfahren hatte, war erschreckend und verstörend. Vieles war möglicherweise gar nicht wahr, denn das meiste hatte ihm seine Halbschwester erzählt, und die hatte ihn belogen, betrogen und benutzt, wie er leidvoll hatte erfahren müssen. Ja, inzwischen bereute er es, dass er sie nicht umgebracht hatte, aber als er seinem Zorn und dem Blutdurst endlich freien Lauf hatte lassen wollen, hatte sie sich hinter der Magie versteckt, die eigentlich den toten Herzog hätte schützen sollen. Sahif verfluchte Shahila, und er verfluchte sein Schicksal, aber beides half ihm nicht weiter.
    Er war müde, hungrig, fror, und er wusste nicht, was er tun sollte. Nur, dass er nicht bleiben konnte, wo er war, das wusste er. Wenn er wenigstens eine Waffe gehabt hätte! Aber er hatte in dem Stollen nichts Besseres gefunden als den morschen Stiel einer Hacke, der einen mehr als armseligen Knüppel abgab. Und da draußen, vor dem Eingang dieses Bergwerks, wartete eine Welt voller Feinde auf ihn. Einmal, als er schon drauf und dran gewesen war hinauszugehen, hatte der Klang von leichtem Steinschlag ihn abgehalten. Stundenlang hatte er danach auf die Schneedecke gestarrt, die den Boden vor der Höhle deckte. Sie schmolz dahin, und das war das Einzige, was er an Bewegung erkennen konnte. Hieß das nun, dass er seine Jäger abgeschüttelt hatte? Er bezweifelte es, aber er wusste nicht, warum. Vielleicht hätte es ihm der Schatten sagen können, der er gewesen war, bevor er sein Gedächtnis verloren hatte. Aber der alte Sahif schwieg, und das war vielleicht ein gutes Zeichen, denn bislang hatte er sich nur in höchster Not bemerkbar gemacht, hatte gezeigt, dass er noch da war, irgendwo, verborgen in der Leere, die Sahif in sich fühlte und die er loswerden wollte.
    Kurz entschlossen erhob er sich und trat hinaus in den Herbsttag, der so überraschend mild über die Berge gekommen war. Sahif kannte sich nicht aus mit Schnee, aber wie er so weiß und unberührt vor ihm lag, kam er ihm einfach nicht richtig vor. Er spähte nach allen Seiten, dann ging er ein paar Schritte hinaus. Da war ein Geruch im Wind, der ihm fehl am Platze schien. Er hielt inne und sog die Luft ein. Es roch schwach nach nassem Leder. Es war schon fast zu spät, als er begriff, was das bedeutete. Er duckte sich, und der Wurfspieß zischte nur fingerbreit über seinen Kopf hinweg, und als er mit einem hässlichen Knirschen auf den Fels hinter Sahif prallte, wurde der Schnee zu seinen Füßen lebendig, bekam Hände, Arme, Köpfe und Klingen, wurde zu Männern, die ihn umbringen wollten. Hinter ihm stieß jemand einen durchdringenden Schrei aus. Sahif drehte sich nicht um, auch wenn sein Instinkt es verlangte. Er sah weder nach dem Speerwerfer noch nach dem Mann, der hinter ihm geschrien hatte, denn die drei Krieger, die fast zu seinen Füßen aus dem Schnee aufgetaucht waren, griffen ihn an. Der erste schleuderte eines seiner Kriegsbeile, und Sahif sah, wie es sich in der Luft drehte und direkt auf seine Stirn zusauste. Der nächste stach brüllend mit einem kurzen Speer nach seiner Brust, während der dritte von der Seite angriff und mit seinem Breitschwert ausholte. Sahif reagierte, nein, etwas in ihm reagierte, sagte ihm, was zu tun war, und er tat es, noch bevor er darüber nachdenken konnte. Er sprang mit einer Drehung vor der Speerspitze zurück und spürte den Stiel der Wurfaxt, die seine Schläfe streifte. Er fiel dem Schwertträger in den Arm und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher