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Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
Autoren: Torsten Fink
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legte und über Hände und Arme den Weg zu seinem Hals fand. Ein erstickter Laut drang aus seiner Kehle, dann sank auch er tot zu Boden.
    Faran Ured schüttelte den Kopf und beendete die Beschwörung. Der Frost verschwand ebenso schnell, wie er ihn gerufen hatte, Laub fiel wieder in farbenfrohen Schauern von den Ästen, und die Drossel sang ihr Lied. Warum ist das Gute immer schwieriger zu bewerkstelligen als das Böse?, fragte er sich. Das Wasser im Teller war grau, und schwärzliche, ölige Flecken trieben darauf. Mit einer unwilligen Bewegung schüttete er es aus. Auch der Teller hatte sich schwarz verfärbt. Er wusch ihn sorgfältig an der Quelle, aber er blieb stumpf und dunkel. Seufzend stellte er ihn zum Trocknen in die Sonne und kümmerte sich um die beiden Toten. Er legte sie hinter einer Buche ins Laub, fügte dem einen mit dem Schwert eine tiefe Wunde in der Brust zu und schoss dann dem anderen einen Armbrustbolzen in den Unterleib. Auf den ersten Blick sah es jetzt so aus, als seien sie sich gegenseitig an die Kehle gegangen. Ured betrachtete sie kritisch und gestand sich ein, dass es nicht genügte. Er schlitzte einem den Bauch auf, so dass die Gedärme hervorquollen, dem anderen schlug er die Armbrust hart ins Gesicht. Jetzt sah es echter aus. Den Rest würde die Verwesung erledigen. Die Quelle lag abseits des Weges, Ured hielt es für gut möglich, dass Wochen vergingen, bevor die beiden gefunden wurden.
    Er sammelte seine Habseligkeiten ein, suchte vor allem das Fläschchen, das der Wegelagerer so achtlos fortgeworfen hatte, und brummte unzufrieden, als er es halb leer vorfand. Er suchte den Verschluss und wischte die Flasche vorsichtig mit etwas Laub ab, bevor er sie in die Hand nahm und sorgsam verschloss. » Das hätte dir einen schöneren Tod beschert«, murmelte er mit Blick auf den unglücklichen Räuber, der im Laub lag und ihn aus weit aufgerissenen Augen anstarrte. Ein blutrotes Blatt war ihm auf die Wange gefallen und sah aus wie eine klaffende Wunde. Ured steckte sein Messer in den Gürtel. Er war wütend auf sich selbst: Er hatte nicht aufgepasst, und wenn er sich nicht vorsah, konnten selbst solche armseligen Gestalten wie diese beiden Wegelagerer ihm gefährlich werden. Hätte der eine einfach gleich geschossen, bevor der andere Ured angesprochen hatte, würden die beiden jetzt dort unten sitzen und sich sein Silber teilen. Nun, vielleicht stimmte das aus gewissen Gründen nicht ganz, aber die Begegnung hätte noch weit unangenehmer ausgehen können, als es ohnehin der Fall gewesen war. War er so sehr aus der Übung, dass er die einfachsten Vorsichtsmaßnahmen vergaß? Er wusch den Teller noch einmal, wenn auch ohne Erfolg, trocknete ihn sorgsam ab, wickelte ihn in ein Tuch und steckte ihn in seinen Beutel. Teller und Wasser würden ihm vorerst nichts mehr zeigen, nicht nach diesem Zauber. Tod und Magie, das vertrug sich eben schlecht. Er fluchte noch einmal über seine Unachtsamkeit und fragte sich, ob es vielleicht gereicht hätte, die beiden einfach nur zu erschrecken. Aber dann sagte er sich seufzend, dass sie dann sicher irgendjemandem von dieser Begegnung erzählt hätten, und das hatte er verhindern müssen. Er blickte nachdenklich auf die beiden Leichen und schüttelte den Kopf.
    Einst hatte er geschworen, dieses Tal nie wieder zu betreten, aber man hatte ihm keine Wahl gelassen, und nun war er eben hier und konnte nur hoffen, dass es nicht so unglücklich weiterging, wie es begonnen hatte. Er warf sich den Riemen des Lederbeutels über die Schulter und seufzte. Das Wasser hatte ihm wenig genug gezeigt: einen Körper in einem Gebirgsbach, eine pferdelose Kutsche an einem Weiher, ein Schiff auf hoher See. Das alles hing irgendwie zusammen, sonst hätte der Teller es ihm nicht gezeigt, aber noch konnte er das Rätsel nicht lösen. Der klapprige Karren an der Furt, unterhalb jener Stadt, die er dreihundert Jahre lang gemieden, aber sofort wiedererkannt hatte, das war die deutlichste Spur, und er gedachte, ihr nachzugehen. Als er aufbrach, hatte er kurz das Gefühl, als ob er beobachtet würde. Aber er konnte niemanden sehen, also hatte er sich wohl getäuscht.
    Heiram Grams schlug die Augen auf und erblickte dicht über seinem Gesicht ein paar gelbliche Blätter, die schlaff am Ast einer Birke hingen. Er schloss die Augen sofort wieder, denn sein Kopf dröhnte, und die Helligkeit des neuen Morgens war schmerzhaft. Er richtete sich stöhnend auf, verfluchte den Zweig, der seine
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