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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd
Autoren: Tami Hoag
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geschlagen!«, rief sie. »Glauben Sie, ich wollte das tun?«
    Ihr eigenes Bild starrte sie aus dem Fernseher an, während sie sich zwischen den Beinen berührte und dann ihren Finger ableckte.
    »Ja«, sagte Landry. »Das glaube ich.«
    Eine männliche Stimme auf dem Band murmelte etwas im Hintergrund und lachte dann, zusammen mit Erin.
    Erin schob ihren Stuhl vom Tisch zurück, erhob sich und lief auf und ab. Ein gefangenes, in die Enge getriebenes, wütendes kleines Tier. »Ich musste mitmachen«, sagte sie. »Ich hatte Angst, dass sie mich sonst töten würden! Was ist nur los mit euch? Warum glaubt ihr mir nicht? Es war Chad. Das weiß ich jetzt. Er wollte mich bestrafen.«
    Etwas knallte von der anderen Seite gegen den Einwegspiegel. Erin und Onjo zuckten zusammen. Landry schaute zu Roca.
    Auf dem Bildschirm trat Chad Seabright hinter der Videokamera hervor und kam zu Erin aufs Bett. Sie knieten voreinander auf der fleckigen Matratze.
    »Wie willst du es, Baby?«, fragte er.
    Erin sah zu ihm hoch und lächelte anzüglich. »Du weißt, wie ich es mag. Ich mag es grob.«
    Beide begannen zu lachen. Zwei Kinder, die Spaß haben. Schauspieler bei der Probe.
    Landry schaute zum Einwegspiegel, nickte jemandem auf der anderen Seite zu, ging dann mit der Ausrede zur Tür, der Wache draußen etwas sagen zu müssen.
    »Du gemeines Biest!«, brüllte Chad Seabright ins Zimmer, als ein Polizist ihn in Handschellen vorbeiführte. Seabright versuchte sich loszureißen, in den Vernehmungsraum zu stürzen. »Ich habe dich geliebt! Ich habe dich geliebt!«
    Er wollte sie aus drei Meter Entfernung anspucken. Landry trat beiseite, zog angewidert die Brauen zusammen.
    »Manche Leute sind einfach nicht gut erzogen«, bemerkte er.
    Onjo plusterte sich auf. »Das ist unerhört! Meine Mandantin mit ihrem Angreifer zu terrorisieren –«
    »Geben Sie auf, Frau Anwältin«, sagte Roca müde. »Die Geschworenen brauchen nur einen Blick auf dieses Band zu werfen, und Ihre Mandantin kann sich von ihrer Zukunft als Filmstar verabschieden.«
    »Ich will eine Absprache!«, brüllte Chad. »Ich will eine Absprache!«
    Erin sprang von ihrem Stuhl. »Halt die Schnauze! Halt die Schnauze!«
    »Ich hab es für dich getan! Ich habe dich geliebt!«
    Erin funkelte ihn mit gehässiger Verachtung an. »Du verdammter, dämlicher Idiot.«
     
    Landry trat in der heißen Nachmittagssonne auf den Bürgersteig hinaus, um eine Zigarette zu rauchen. Er musste den Geschmack der Lügen anderer Leute loswerden, den Gestank dessen ausbrennen, was sie getan hatten.
    Chad Seabright hatte alles gestanden, hatte seine Unschuldsbehauptungen aufgegeben, um sich an Erin zu rächen. Er behauptete, Erin sei mit dem Plan zu ihm gekommen. Sie würden ihre Entführung vortäuschen und das Lösegeld von Bruce Seabright kassieren. Wenn er nicht auf die eine Weise bezahlen würde, dann auf die andere: mit seinem Ruf, seiner Ehe. Gleichzeitig würde Don Jade mit hineingezogen und Paris Montgomery bekäme, was sie wollte – Jades Geschäft und Trey Hughes’ Ställe.
    Ein einfacher Plan.
    Die drei hatten sich zusammengesetzt und sich das Drehbuch für die Videos ausgedacht, als würden sie einen Film für die Hochschule drehen. Laut Chad waren die Schläge Erins Idee gewesen. Sie hatte darauf bestanden, dass er sie tatsächlich mit der Reitgerte schlug, damit es realistischer wirkte.
    Es war Erins Idee. Es war Paris Montgomerys Idee. Es war nicht Chads Schuld.
    Nie hatte jemand an etwas Schuld.
    Chad war von Erin betrogen und ausgenutzt worden. Er war unschuldig. Erins Mutter hatte sie nicht richtig erzogen. Bruce Seabright liebte sie nicht. Paris Montgomery hatte sie einer Gehirnwäsche unterzogen.
    Paris Montgomery musste noch verhört werden, aber Landry würde ihr irgendwann zuhören müssen, während sie ihm was vorweinte und behauptete, ihr Vater habe sie mit drei Jahren gezwungen, seinen Pimmel zu lutschen, und wie sie in der High School benachteiligt worden war und wie all das sie verbogen hatte.
    Chad behauptete, nichts von Van Zandt oder dem Tod von Jill Morone zu wissen. Landry kam zu der Ansicht, dass auch daran niemand schuld sein würde.
    Landry wollte nur eines wissen: Wenn niemand je an etwas schuld war, wieso wurden dann Menschen ermordet, wurden andere zu Waisenkindern, wurden Leben zerstört. Paris Montgomery, Erin Seabright und Chad Seabright hatten Entscheidungen getroffen, die Menschenleben zerstört, Menschenleben gekostet hatten. Wie konnte es sein, dass
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