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Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Autoren: Jörg S. Gustmann
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mit demselben Schock, der auch Werner ereilt hatte.
    Martin wandte sich ihm zu, packte ihn an den wabbeligen Schultern – ein Kerl wie eine Litfaßsäule – und schüttelte das Entsetzen aus ihm heraus.
    »Dort stehen Köpfe«, stammelte der Mann. »Echte Köpfe ohne was drin, sie sind leer, nur Haut und Knochen.« Der Beamte stockte.
    »Und Finger. Ein Glas mit echten Fingern.«
    Martin zählte alles zusammen und fasste unter dem Strich die grausige Rechnung zusammen. Jerome hatte die Menschen, die er gespielt hatte, getötet, enthauptet, ihre Köpfe konserviert und mit Hilfe seiner Masken kopiert, ihre Finger abgetrennt und für Lesegeräte verwendet, wie auch immer. Daher waren die Masken so täuschend echt, so naturidentisch, wie alle fanden. Martin erinnerte sich: Bei ihm zu Hause, im Prätoriusweg in Eimsbüttel, lag eine Maske, gleichwohl aus Silikon, auf einem Untergrund gefertigt, der nicht aus Styropor oder Holz oder Glas oder Ton oder Granit bestand, sondern aus …
    Martin dachte den ekelerregenden Gedanken nicht zu Ende. Er hatte Fragen an den Mann, der sich aus der Verantwortung stehlen wollte, eine Menge Fragen.
    Er rannte durch die Weite der Etage und erreichte das offen stehende Fenster. Sich hinauslehnend, erspähte er Jerome, wie er ihn stets genannt hatte. Unter sich sah er diesen winzigen Sims, kaum breit genug für Schuhgröße 44. Glatte Wände am Haus, nichts zum Festhalten im Rücken. Ein falscher Tritt und es wäre aus. Keine gute Basis für einen Mann wie ihn, einen Mann mit Höhenangst. Martin stieg dennoch hinaus, hielt sich mit der Hand am Rahmen fest und ging Schritt für Schritt nach rechts auf dem Sims los. Er wollte Jerome aufhalten, warum auch immer. Um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen, vor allem aber, um zu verstehen, zu begreifen, wie alles zusammenhing.
    »Jerome, bleib stehen. Du musst das nicht tun.«
    Jerome lachte auf.
    »Red keinen Scheiß. Du weißt, dass das nicht stimmt.«
    »Doch, sicher. Es gibt für alles eine Lösung.«
    »Bringt man dir diesen Mist auf der Bullenschule bei? Du solltest dich mal reden hören.« Jerome äffte Martin nach. »Es gibt für alles eine Lösung. Ich brauche keine Lösung mehr. ICH BIN DIE LÖSUNG .«
    »Komm jetzt zurück, Jerome . Lass uns reden.«
    »Ich habe alles weggeschickt. Ich brauch über gar nichts mehr zu reden. Morgen wissen alle Bescheid.« Jerome drehte den Kopf in Martins Richtung. Der Wind zerzauste sein Haar und zurrte an seiner Kleidung.
    »Die Welt wird über mich reden, Martin. Man wird sich an mich erinnern.«
    »Ja, man wird über dich reden. Aber jetzt komm bitte von diesem Scheiß-Sims zurück.«
    »Es gibt keinen Grund mehr zu bleiben. Ihr habt sie gefunden und ich gehe nicht wieder ins Heim. Nie wieder geh ich dahin!« Jerome rutschte auf dem Absatz einen Schritt weiter. Nun stand er in schwindelnder Höhe über einem baumfreien Areal. »Egal, wohin ich auch ginge, Martin. Sie sind immer dabei. Sie verfolgen mich, schimpfen mit mir, erteilen Befehle und Kommandos. Ich mag sie nicht mehr, muss sie loswerden. Nein, ich haue jetzt ab. Es ist alles erledigt. Die Welt weiß Bescheid. Ich habe allen einen netten Brief geschickt. Schau morgen in die Zeitungen, dann wirst du sagen, Mensch, der Jerome, der hat ja ganze Arbeit geleistet.«
    »Okay, meinetwegen, aber erklär’s mir vorher. Wieso Klaus? Hattest du dasselbe mit mir vor? Du schuldest mir Erklärungen, bevor du dich verpisst.«
    »Scheiße, gar nichts schulde ich dir. Aber ich sage es dir trotzdem. Wir mögen dich.«
    » Wir ?«
    »Na, wir. Der Claude und der Pierre und der Jerome, sie alle sind deine Freunde.«
    »Und der Klaus? War das nicht auch dein Freund?«
    »Doch. Anfangs. Wir haben uns in einem Chat kennengelernt. Hab ihn geködert. Er hatte was auf dem Kasten, war geil nach Anerkennung, ich hab sie ihm versprochen. Er wusste nicht, dass wir Brüder sind, also Halbbrüder, du weißt schon. Verflucht. Er hat alles gehabt, was ich nie hatte.« Jerome blickte in den Himmel und verfolgte mit den Augen den Flug einer Möwe. Er hob eine Hand, winkte ihr zu, lächelte, als wollte er mit ihr fliegen. Er sprach weiter, monoton.
    »Der Klaus, das war ein braver Junge. Hat genau getan, was ich von ihm verlangt hab. Wir haben alles zusammen geplant, die Aktion im Hotel Saint Honoré, die Installation aller Kameras und Wanzen. Während ich im Hotel war, hat er die Daten auf einem Server gesammelt und gespeichert. Nachdem sie den Frank umgebracht haben,
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