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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm
Autoren: Claudia Kern
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ich wieder. Aber ...«, Peddyr machte einen Schritt nach vorn, Luca einen zurück, »... wenn ich dich jemals am Fluss sehe, dann ...«
    »Lass mich doch auch mal was sagen«, unterbrach ihn Luca, bevor er die Drohung aussprechen konnte. »Natürlich starre ich dich an. Da, wo ich herkomme, gibt es We... Leute wie dich nicht.«
    Er sah die Verbitterung auf Peddyrs Gesicht.
    »Ich meine, überhaupt keine Leute, die irgendwie anders sind. Es gibt Menschen und Tiere, das war’s. Keine Zentauren, Greife, Löwenkrieger, verstehst du?«
    Der Vogeljunge zog die Augenbrauen zusammen. »Du willst mich verarschen, oder?«
    »Nein.« Luca schüttelte den Kopf. »Für mich seht ihr alle gleich merkwürdig aus.«
    »Sogar die Giraffenfrauen?«
    »Vor allem die Giraffenfrauen.«
    Peddyr musterte ihn einen Moment lang, dann entspannten sich seine Klauen, und er grinste. »Komm!« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er mit weit ausholenden, watschelnden Schritten los.
    Luca zögerte. »Wohin?«
    »Zum Fluss. Ich will dir meine Freunde vorstellen.«

    Sie waren zu dritt. Ciar, dessen Haut so schwarz wie Schiefer und so hart wie Baumrinde war; Duibhin, ein Junge mit dem Kopf einer Echse und dem Körper eines Bären; und Marcas, der mehr an einen Kraken als einen Menschen erinnerte und fast den ganzen Tag im Wasser verbrachte. Auf Luca wirkten sie nicht seltsamer als einige der anderen Bewohner von Cuan Bé, doch anscheinend waren sie es, denn sie nannten sich selbst Missgeburten .
    Anfangs reagierten sie mit Misstrauen auf den Fremden, den Peddyr zu ihnen gebracht hatte, aber nachdem Luca seine Geschichte noch einmal erzählt hatte, wurden sie freundlicher und ließen ihn an ihren Spielen teilhaben. Und nach einer Weile fiel Luca kaum noch auf, wie fremd sie aussahen.
    Der Flussabschnitt, an dem sie sich getroffen hatten, war breit, das Wasser floss langsam über algenbedeckte Steine hinweg und sammelte sich in kleinen Tümpeln zwischen den Felsen. Hohe Bäume rahmten das Flussbett ein; ihre Blätter bildeten einen grünen Wall, der die Stelle abgeschiedener wirken ließ, als sie tatsächlich war. Duibhin und Ciar hatten Angeln dabei, einfache, grob geschnitzte Stöcke, an die sie Schnur und Haken gebunden hatten. Als Köder benutzten sie kleine Krebse, die Marcas mit seinen Tentakeln aus dem Uferschlamm grub.
    »Wir wollen Goldflossen fangen«, erklärte Peddyr, während Ciar bereits die Leine auswarf. »Marcas’ Bruder hat gesagt, wenn man die Schuppen ableckt, fühlt man sich lustig im Kopf.«
    »Aha ...«, sagte Luca zweifelnd.
    »Du machst doch mit, oder?«, fragte Duibhin. Es klang wie eine Herausforderung.
    »Klar.«
    Zu Lucas Erleichterung fingen sie nichts, weder eine Goldflosse noch einen der anderen Fische, die sie im glitzernden Wasser sahen. Irgendwann wurde ihnen langweilig, und sie gingen schwimmen, jagten Marcas, der ihnen hoffnungslos überlegen war, und tauchten nach kleinen roten Steinen, die wie Rubine aussahen, aber wertlos waren. Zumindest sagte Peddyr das, aber Luca steckte trotzdem einen in die Tasche seiner Hose.
    »Warum finden die anderen euch seltsam?«, fragte er, als sie auf einem Felsen lagen und sich selbst und ihre Kleidung in der warmen Sonne trockneten.
    »Weil wir anders sind.« Peddyr schüttelte Wasser aus seinen Haaren und Federn. »In meiner Familie sind alle Vogelmenschen, aber andersrum. Sie haben Flügel und Schnäbel, aber Füße, nicht diese Dinger.« Er ballte seine Klauen.
    »Können sie fliegen?«
    »Ein bisschen.«
    Ciar setzte sich auf. Seine Haut knirschte bei jeder Bewegung. »Mein Vater sagt, dass ich verflucht bin.«
    »Meiner auch«, sagte Duibhin und gähnte. »Und meine Mutter nennt mich eine Prüfung der Götter.«
    Luca warf einen Blick auf Marcas, der mit ausgebreiteten Tentakeln vor ihnen im Fluss trieb. Die anderen hatten gesagt, er könne nicht sprechen, verstünde aber jedes Wort. »Was ist mit ihm?«
    »Seine Eltern wollten ihn nach der Geburt umbringen, aber sein Bruder hat ihn gerettet, hierher gebracht und aufgezogen«, sagte Peddyr. »So einen Bruder wie Seastnan hätte ich auch gern.«
    Luca seufzte. »Ich hab’ nur eine Schwester.«
    »Ich hab’ drei.« Peddyr schüttelte den Kopf, als könne er sein Unglück nicht ganz fassen. »Ich nenne sie die Hühner, weil sie ständig schnattern und umherflattern.«
    Sie lachten, wechselten dann aber das Thema. Keiner schien mehr über seine Familie erzählen zu wollen. Mit einem Stich des schlechten Gewissens erkannte
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