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Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen

Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen

Titel: Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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eine Stunde dauern, bis auch der letzte Gurt saß und das letzte Seil vertäut war, bis sich die monströsen Viecher in Bewegung setzten.
    Zeit genug also, um sich bei Amalfi einzuschleimen.
    Misstrauische Blicke begleiteten ihn, während er sich dem Palast näherte. Er wuchs vor ihm an, immer mehr, bis Ruairidh den Schatten des Gebildes erreichte und ihn kühle Luft umfächelte. Er musste den Kopf weit in den Nacken legen, um die Spitzen des Bauwerks erkennen zu können. Sie befanden sich gut dreißig Meter über ihm. Glöckchen aus Gold bimmelten hell, der Ausschreier trieb die Bewohner des Wanderreichs zu mehr Eile an.
    Silberne Ziselierungen des Palastes waren allerorts. Sie blieben unter Patina verborgen. Keine der Flächen spiegelte, der Flugsand wurde nur nachlässig weggefegt.
    Eben betrat das stärkste Tier der Herde die Traghöhle. Sein Stampfen brachte die Erde zum Erzittern, da und dort zeigten sich Risse im Gestein. Mit einer Mischung aus Angst und Ehrfurcht sah Ruairidh zu, wie der Bulle mit Rückwärtsschritten ins Geschirr geführt wurde, Meter für Meter, in gebückter Haltung. Der Palast bewegte sich, dann saß das Tier fest. Bald würde es sich durchstrecken und das Gebäude anheben, ächzend und laut röhrend, aber auch voll Stolz.
    »Amalfi verlangt nach dir«, sagte einer der Wächter. Er trat auf Ruairidh zu und untersuchte ihn von oben bis unten.
    »Warum seid ihr noch immer derart misstrauisch?«, beschwerte sich der Elf. »Ich hätte schon Dutzende Gelegenheiten gehabt, eurem Herrscher etwas anzutun.«
    »Wir wissen, was wir Amalfi schuldig sind.«
    Ein Blick voll unterdrückter Wut traf ihn. Das Gesicht, zum Großteil unter seidenem Tuch verborgen, wies eine Vielzahl ritueller Narben auf – und ein magisches Leuchtbild, in die Stirn geätzt, das den Wächter als den Siebten in der Thronfolge kennzeichnete.
    Geduldig wartete Ruairidh, bis der Siebte seine Arbeit erledigt hatte und sich wortlos abwandte. Erst dann fiel die zentrale Strickleiter herab, er durfte den Palast betreten.
    Der Bulle stieß ein lautes Röhren aus. Man legte ihm das Ohrgeschirr an. Es berührte empfindliche Stellen, die bei der Lenkung des Tiers eine große Rolle spielten.
    Ruairidh tauchte ins Innere des Palastes ein. Schummriges Kerzenlicht empfing ihn, das so ganz anders war als der grelle Sonnenschein, den er eben erst genossen hatte. Musik erklang, er durchtauchte schwülstige Duftwolken.
    Der diensthabende Eunuch trat aus seiner Wachnische. »Amalfi möchte dich sehen«, sagte er mit hoher Stimme, »und zwar jetzt gleich.«
    Wie er es befürchtet hatte. Ruairidh schüttelte den Staub aus seinem Haar, ließ sich vom Eunuchen mit Duftwasser besprühen und die Haare bürsten und trat dann in den Thronsaal.
    Amalfi wartete auf ihn. Er konnte es fühlen. Hinter einer der von Laub umrankten Säulen.
    »Da bist du ja, Bote«, sagte der Herrscher des Wanderreichs. »Ich habe ein Paket, das ausgepackt gehört.«
    Amalfi kam herangestürmt, warf sich mit ihren zwei Zentnern Lebendgewicht in seine Arme und küsste ihn leidenschaftlich, als wollte sie ihn mit Haut und Haaren verschlingen.
     
    Er wälzte sich von der Frau und atmete tief durch. Sein Körper war schweißbedeckt, er roch nach Sex, er war müde. Doch Amalfi ließ kein Zeichen von Müdigkeit erkennen. »Na, mein kleiner Botenjunge? Wie lange wird es dauern, bis du die nächste Depesche an mein Volk ausliefern kannst?«
    »Eine Weile«, sagte Ruairidh zwischen zwei tiefen Atemzügen. »Gib mir Zeit.«
    »Eine Herrscherin hat leider wenig Zeit, sich um ihre Nachrichten zu kümmern. Sie muss stets das Volk im Auge behalten, ihm dienen, es beherrschen.« Kühl fügte sie hinzu: »Es wäre gut für deine Gesundheit, wenn du dich so rasch wie möglich erholen würdest.«
    »Ja, Amalfi.«
    Nun gut; er hatte Gloria angeschwindelt, als es um das Geschlecht des Herrschers des Wanderreichs gegangen war. Doch er konnte nichts dafür, dass Amalfi einen sonderbaren Tick pflegte, der stets einen unbedarften Botenjungen und seine gestrenge Aufseherin zum Inhalt hatte. Er konnte jederzeit beweisen, dass die Herrscherin ihn für ihre merkwürdigen Dienste einsetzte; sie hatte ihm sogar einen entsprechenden Vermerk, einen Stempel, in den nackten Hintern brennen lassen.
    Er hätte Gloria gerne über die Qualen informiert, die er hier im Palast zu leiden hatte, Tag für Tag, Nacht für Nacht. Aber die Biber-Elfe hätte ihn womöglich missverstanden. Also war er bei einer kleinen
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