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Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Titel: Schattenkrieger: Roman (German Edition)
Autoren: Luke Scull
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Davarus Cole würden Salazars Macht im Laufe der Zeit so weit untergraben, dass sich die braven Einwohner Dorminias erheben und den unsterblichen Herrscher bezwingen konnten. Jedenfalls, sofern Cole ihn nicht schon vorher tötete.
    Er musste lächeln, als er daran dachte. Eines Tages würde ihn der ganze Norden als Held verehren, wie es ihm zustand.
    Als ein lautes Kreischen ertönte, blickte Cole erschrocken nach oben. Ein Geistfalke zog am Himmel seine weiten Kreise. Der silberne Kopf vibrierte leicht, die Saphiraugen erkundeten die unter ihm liegende Stadt. Die Männer und Frauen, die das Pech hatten, sich in unmittelbarer Umgebung zu befinden, suchten eilig das Weite.
    Auch Cole zog sich hastig zurück. Dann fiel ihm das Mittel ein, das er kurz zuvor in seinen Gemächern eingenommen hatte, und er atmete auf. Das leichte Schlafmittel betäubte die Regionen des Gehirns, in denen die fliegenden magischen Mutanten verräterische Gedanken entdecken konnten. Am nächsten Morgen würde er Kopfschmerzen bekommen, aber das war ein geringer Preis, wenn es galt, der Schwarzen Lotterie zu entgehen. Die Rote Wache pickte willkürlich Menschen heraus, die aufrührerische Gedanken gehegt hatten; sie wurden verprügelt, eingesperrt und manchmal sogar ermordet.
    Vor ihm entstand eine Unruhe, die seine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße lenkte. Zwei Wächter näherten sich und scheuchten einen gebrechlichen alten Mann vor sich her. Einer der rot uniformierten Soldaten versetzte ihm von hinten einen gemeinen Stoß. Der Alte stolperte und fiel aufs Gesicht. Als der Mann wieder hochkam, bemerkte Cole, dass er einen hässlichen Kratzer davongetragen hatte, der von der Stirn bis zur Wange reichte. Der alte Mann wandte sich an die Quälgeister und wollte protestieren, doch ein Fausthieb des zweiten Wächters warf ihn zurück auf den Boden.
    Cole blieb mucksmäuschenstill. Derartige Vorfälle waren nichts Ungewöhnliches. Angeblich dienten die Roten Wächter Dorminia und den beherrschten Gebieten als stehendes Heer und Stadtwache. In Wirklichkeit handelte es sich eher um eine Bande von Gaunern und Schlägern, die auf Geheiß der Magistrate und des brutalen Herrschers im Obelisken das Volk in Angst und Schrecken versetzten.
    Es wäre klug gewesen, sich davonzuschleichen und keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen. Hatte Garrett nicht zur Vorsicht gemahnt? »Die Gemeinschaft ist wichtiger als der Einzelne«, hatte sein Ziehvater immer gepredigt. »Wir können nicht jedes Unrecht wiedergutmachen. Wenn wir voreilig handeln, geraten wir alle in Gefahr. Wähle deine Schlachten mit Bedacht und vergiss nicht, dass die Splitter im Schatten am tiefsten stechen.«
    Cole runzelte die Stirn. Damit konnte Garrett doch wohl nicht auch ihn, Cole, gemeint haben. Immerhin gingen seine Fähigkeiten und sein kluger Verstand weit über die Fähigkeiten seiner Altersgenossen hinaus, und außerdem hatte Garrett doch immer betont, er werde wie sein leiblicher Vater eines Tages ein großer Held sein. Ein Mann wie er blickte dem Unrecht entschlossen ins Auge, eine verzauberte Klinge in der Hand und beseelt von einem selbstgerechten Zorn, dem ein erbärmlicher kleiner Schuft gewiss nicht widerstehen konnte.
    Nachdem er sich entschlossen hatte, schlenderte Cole so selbstbewusst, wie es ihm nur möglich war, zu den Wächtern. Ihm entging nicht, dass die kleine Zuschauerschar in Windeseile geschrumpft war. Nun war er ganz und gar auf sich allein gestellt. Auf einmal wurde sein Hals sehr trocken.
    Der Soldat, der vor dem Alten kniete, hob den Kopf, als Cole sich näherte. Er warf seinem Kollegen einen fragenden Blick zu, nahm das Schwert vom Hals des Opfers und richtete sich auf. »Und was willst du?«, fragte er kalt.
    Der zweite Wächter trat näher an Cole heran und legte eine Hand auf die Schwertscheide. Boshaft sagte er: »Du solltest einen guten Grund haben, die offizielle Tätigkeit der Roten Wache zu stören, mein Junge. Sonst werfe ich deinen Arsch ins Loch.«
    »Das reicht!«, befahl Cole mit einem Tonfall, von dem er inbrünstig hoffte, dass er von großer Autorität zeugte. Er griff unter den Mantel und legte eine Hand auf den Griff von Magierfluch. Aus irgendeinem Grund zitterte die Hand. Das hätte nicht passieren dürfen.
    Doch er machte unverfroren weiter. »Da ihr zwei Hundesöhne zu dumm seid, um selbst darauf zu kommen, will ich euch sagen, dass ihr mit einem Augmentor redet. Dieser Mann wird im Obelisken gebraucht. Übergebt ihn mir.«
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