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Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)

Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)

Titel: Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)
Autoren: Anne Holt
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abgehackten Bewegungen hin und her.
    »Sie werfen mir Besitz von Kinderpornografie vor«, sagte er tonlos. »Und sexuellen Kontakt zu Kindern unter zehn.«
    Inger Johanne glaubte, sich verhört zu haben.
    »Was?«
    »Sie verbinden meine IP-Adresse mit einer Menge Dreck. Widerlichem, ekelhaftem Dreck. Chatforen, wo ich angeblich erzähle, dass ich ...«
    Er schlug die Hände vors Gesicht und schrie leise auf. Inger Johanne legte ihm vorsichtig die Hand auf den Rücken. Er beugte sich vor, bis sein Kopf auf seinen Knien lag, als wappne er sich für einen Flugzeugabsturz.
    »Und dann soll ich auch noch Sander umgebracht haben«, schluchzte er. »Das glauben sie ja schon lange. Und ich weiß, dass sie wegen Insiderhandels gegen mich ermitteln, als ob ich alles, was ich habe, aufs Spiel setzen würde, für jämmerliche ...«
    »Ganz ruhig. Durchatmen!«
    Inger Johanne beugte sich zu seinem Kopf hinab, den Arm noch immer locker um seinen schmalen Rücken gelegt.
    »Jon«, sagte sie, so energisch sie nur konnte. »Steh jetzt bitte auf. Erzähl mir das alles noch einmal. Die anderen kommen bald, und ich muss das wissen, bevor ...«
    »Die halten mich für verrückt«, schrie er und setzte sich so jählings auf, dass Inger Johannes Hand gegen die Wand geschleudert wurde. »Ich habe mir niemals Kinderpornos angesehen, ich habe meinen Sohn nicht umgebracht, und ich habe doch verdammt noch mal nicht meine ganze Firma für einen Insiderhandel aufs Spiel gesetzt!«
    Inger Johanne sank auf die Knie. Sie kehrte dem Sportwagen den Rücken zu, packte Jon am Revers, schüttelte ihn und zwang ihn, sie anzusehen.
    »Haben sie dich bei der Kirche wegen der Kinderpornos festgenommen?«
    Er nickte müde. Weißer Schaum lagerte sich in seinen Mundwinkeln ab, und der Rotz strömte.
    »Du hast gesagt, deine IP-Adresse sei schuld. Stimmt das?«
    Ein loses Nicken, als säße sein Kopf nicht richtig fest auf dem dünnen Hals.
    »Vielleicht der Laptop«, sagte er mit schwacher Stimme. »Der, der im Gang steht.«
    »Die IP-Adresse hat der Router«, sagte Inger Johanne. »Aber du hast also einen Laptop?«
    »Der ist zerstört. Alles ist zerstört.«
    »Auf dem Gang? In der Kommode auf dem Gang?«
    »Sekretär«, murmelte Jon. »Das ist ein Sekretär.«
    Inger Johannes Herz setzte einen Schlag aus. Ihre Ohren rauschten, und der inzwischen vertraute Schwindel zwang sie, Jons Kragen noch fester zu packen.
    Jetzt wusste sie es wieder. Jetzt wusste sie den Grund für ihre vage Unruhe wegen etwas, das ihr an dem Abend von Sanders Tod im Glads vei aufgefallen war. Erst jetzt, genau zwei Wochen später, fiel ihr ein kleines Detail ein, das sie damals vergessen und als unwichtig abgehakt hatte.
    Das war es nicht.
    Das war es bei Gott nicht.
    Jon sank jetzt in sich zusammen. Sie stieß die schlaffe Gestalt gegen die Wand und schüttelte sie.
    »Was ist das für ein Gerede über Insiderhandel?«, fragte sie mit scharfer Stimme. »Haben sie dir das auch mitgeteilt?«
    »Nein. Das ist etwas ... das weiß ich eben. Von einem Freund. Von einem, der mir wohlgesinnt ist, einem, der ...«
    Jetzt weinte er ganz offen.
    Inger Johanne ließ ihn langsam los. Sie atmete schwer, mit offenem Mund, und blieb mit dem Rücken an der Garagenwand stehen, während sie versuchte, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Hier gab es irgendwo eine zusammenhängende Geschichte, die noch niemand gesehen hatte, aber deren Konturen sie jetzt ahnte. Von draußen hörten sie Schritte. Inger Johanne kniff die Augen zusammen, wie bei einem plötzlichen Schmerz, zwang sich, schnell zu denken, logisch zu denken, alle Puzzlestücke, die sie schon kannte, mit denen zusammenzufügen, die Jon ihr jetzt gegeben hatte.
    »Inger Johanne!«
    Henrik rief nach ihr. Jemand versuchte, die Garagentür zu öffnen.
    »Jon«, sagte Inger Johanne, so ruhig sie konnte. »Du musst mit mir ins Haus kommen. Ich werde die Sache in Ordnung bringen, so gut ich kann, aber du musst mit mir ins Haus kommen. Jetzt.«
    »Das kann niemand in Ordnung bringen«, nuschelte er. »Die müssen mich doch für verrückt halten.«
    »Jetzt kommst du mit«, fauchte sie. »Jon! Reiß dich zusammen!«
    Das half. Unsicher kam er auf die Beine.
    »Wir kommen«, rief sie in Richtung Tür. »Jon ist hier, und alles ist in Ordnung!«
    Sie nahm seine schlaffe Hand und führte ihn wie ein Kind über Autoreifen und Skier, vorbei an Rodelbrettern und dem grünen Fahrrad eines Achtjährigen. Er folgte ihr apathisch, und er murmelte
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